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„Ich will gleich voll durchstarten“

DEG-Torjäger O'Donnell im Interview

Foto: Birgit Häfner

von Bernd Schwickerath

Es war der Schockmoment für die Düsseldorfer EG in der Eishockey-Saison 2022/23: Brendan O’Donnell wurde von der Kufe eines Gegenspielers die Achillessehne durchtrennt. Die Saison war für den Torjäger bereits im November beendet. Nach monatelanger Reha ist er nun wieder fit und trainiert mit dem Team an der Brehmstraße. Ein Gespräch über seine lange Pause, den mentalen Aspekt der Verletzung und was er sich für die Saison in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) vorgenommen hat.

Herr O’Donnell, Willkommen zurück in Düsseldorf.

Brendan O’Donnell: Danke, es hat zu lange gedauert, viel zu lange.

Und dann konnten Sie an den ersten Tagen nicht mal mit aufs Eis, weil Ihre Eishockeytasche auf dem Flug abhanden kam…

O’Donnell: Ja, jede andere Tasche war da, nur meine Eishockeytasche nicht (lacht).

Hätten Sie sich keine Schlittschuhe leihen können?

O’Donnell: Nein, jedes Paar Schlittschuhe ist anders, jedes ist speziell, und ich mag meine Schlittschuhe sehr.

Aber Sie sind bei 100 Prozent?

O’Donnell: Würde ich sagen. Jetzt mit dem Mannschaftstraining zu beginnen, ist mein nächster Schritt, ich hatte ja noch nicht mit Zweikämpfen trainiert. Aber jeder der letzten Schritte war besser, als ich vorher gehofft hatte, also ist es mein Plan, jetzt gleich voll zu starten.

Wie sahen Ihre vergangenen Monate aus?

O’Donnell: Nichts als Reha. Ich habe versucht, meine Kraft zurückzubekommen. Passiert ist es am 4. November, danach wurde ich operiert, ich musste acht Wochen lang einen Therapieschuh tragen. Dann hatte ich ein weiteres MRT, eine weitere Operation, dann wieder acht Wochen Pause. Danach habe ich versucht, meine Beweglichkeit und meine Kraft im Bein zu steigern. Und ich denke, ich habe einen guten Job gemacht. Jede Woche ging es etwas besser.

Klingt trotzdem ziemlich langweilig…

O’Donnell: (lacht) Ja, ich weiß gar nicht mehr, wie viele Monate ich das jetzt gemacht habe, aber es war immer wieder dasselbe, jeden Tag dasselbe. Und du siehst ja nicht jeden Tag eine Verbesserung. Es wirkt so, als sei tagein tagaus alles gleich. Aber wenn du dann auf einen größeren Zeitraum blickst, weißt du schon, dass du Fortschritte gemacht hast.

Brendan O’Donnell wird in Nürnberg vom Eis gebracht. Foto: Birgit Häfner

Also ein bisschen wie Haare wachsen lassen?

O’Donnell: Ja, exakt. Es waren viele kleine Erfolge. Aber wie gesagt, wenn ich jetzt auf das große Ganze schaue, sehe ich Verbesserungen.

War das Ihre erste große Verletzung?

O’Donnell: Ja und nein. Ich hatte mal eine Schulter-OP, als ich noch im College war. Da war ich etwa vier Monate raus. Aber so eine große Sache, dass mir jemand mit dem Schlittschuh die Achillessehne durchtrennt, das hatte ich zum ersten Mal.

Verletzungen sind im Eishockey nicht ungewöhnlich, aber hatten Sie jemals von einem vergleichbaren Fall gehört?

O’Donnell: Ich kenne ein paar Leute, denen das auch passiert ist. Auch Erik Karlsson (der Verteidiger des Jahres in der NHL) hat das vor Jahren erlebt. Und wenn es dir passiert, bekommst du viele Nachrichten von Leuten, die dir erzählen, dass das ihnen selbst oder anderen, die sie kennen, schon passiert ist. Es ist trotzdem nicht alltäglich, aber es kommt wohl doch häufiger vor, als ich anfangs dachte.

Körperlich wieder fit zu werden, ist das eine. Aber müssen sie auch mental wieder fit werden?

O’Donnell: Ja, die mentale Seite ist wahrscheinlich der größte Teil der Reha. Wenn du körperlich wieder bereit bist, bist du bereit. Aber in der Lage zu sein, nicht mehr darüber nachzudenken, ist die größte Sache. In einen Zweikampf zu gehen, und nicht daran zu denken. In der Ecke zu sein und eine Kufe zu sehen, und nicht daran zu denken. Und das kann man nicht trainieren. Aktuell bin ich mental in sehr guter Verfassung, aber der nächste Schritt mit vollem Körperkontakt kommt erst noch.

Sie waren erst noch lange Zeit in Deutschland, ehe Sie im Februar dann zurück nach Nordamerika gereist sind. Haben Sie die DEG-Spiele alle noch verfolgt?

O’Donnell: Ja, ich habe ein Magenta-Abo und habe alles geguckt. Das war eine schöne Abwechslung.

Und beim letzten Spiel in Ingolstadt, als Ihre Mannschaft eine Drei-Tore-Führung verspielt hat, sind sie vor dem Fernseher durchgedreht?

O’Donnell: (lacht) Ja. Aber insgesamt hat es schon Spaß gemacht. Wobei es natürlich niemals Spaß macht, wenn du selbst mitspielen möchtest, aber es nicht kannst. Aber wenn ich überlege, wo wir zwischendurch standen, als es in die falsche Richtung ging, und wie die Jungs sich da herausgekämpft haben und wie viele Spiele sie dann noch gewonnen haben, das hat Spaß gemacht. Es war auch großartig, die Stimmung in der Halle zu sehen. Es gab ja auch Zeiten in der Saison, da waren 4000 Leute da und haben gebuht. Aber als es dann wieder lief und fast jeden Abend 10.000 Fans da waren, war die Atmosphäre in der Halle großartig.

Fühlt man sich eigentlich die ganze Zeit über als Teil des Teams oder ist man irgendwann zu weit weg? Man ist nicht mehr auf dem Eis, nicht mehr im Bus zu Auswärtsspielen, nicht mehr in der Kabine.

O’Donnell: Ja und nein. Wenn du mit den Jungs sprichst, ist es irgendwann eher ein „ihr macht das großartig“ statt „wir machen das großartig“. Du bist natürlich noch Teil des Teams, aber wenn du nichts mehr zum Erfolg beitragen kannst, ist es nicht dasselbe. Ich habe mich irgendwann eher wie ein Fan gefühlt, der die Spiele sieht.

Zum Schluss der Blick nach vorne: Sie waren bis zu Ihrer Verletzung der beste Torjäger der DEG. Können Sie da wieder hinkommen?

O’Donnell: Ja, ohne Frage. Man hat Team-Ziele und persönliche Ziele, und persönlich möchte ich zum Erfolg beitragen, das ist meine Rolle in der Mannschaft. Also brauche ich keine Ausreden, warum ich nichts beisteuere. Ich könnte jetzt einfach sagen: Vielleicht wird es nach so einer Verletzung ein etwas schwächeres Jahr. Aber das werde ich nicht tun, ich will gleich voll durchstarten.

Was halten Sie vom neuen Kader?

O’Donnell: Ich freue mich sehr drauf. Ich denke, wir haben sehr gute Spieler dazubekommen, mir gefällt der Kader. Aber lass uns erst mal ein paar Spiele machen. Man gewinnt Meisterschaften nicht vor dem letzten Spiel. Es geht nicht darum, was man sagt, sondern was man macht.

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