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Oberdorf: Ich habe Bock zu zocken

25-Jähriger hat nun in Fortunas Team eine andere Rolle

Foto: Christof Wolff

von Norbert Krings

Tim Oberdorf war die Überraschung der vergangenen Saison. Aus der U23 angefordert, war der Defensivspieler von Fortuna Düsseldorf mehr oder weniger als Auffüllspieler für das ohnehin kleine Aufgebot von Christian Preußer mit in Trainingslager gereist. Inzwischen, genau ein Jahr später, ist der 25-Jährige aus dem Profi-Kader des Zweitligisten nicht mehr wegzudenken – weil er zu den konstantesten Spielern der Fortuna in der vergangenen Saison gezählt hat. Wir haben in Oberösterreich die Gelegenheit erhalten, ein Interview mit Tim Oberdorf zu führen, der unter den Fans auch noch zu den beliebtesten Fortunen zählt.

Herr Oberdorf, es hat sich zu uns herumgesprochen, dass Sie die Zeit im Trainingslager nicht ganz so schlecht finden wie manch anderer Spieler von Fortuna Düsseldorf?
Tim Oberdorf: Ich bin zwar gerade eine wenig müde und freue ich mich, dass wir für unsere bisherigen Leistungen hier mit einem halben freien Tag belohnt wurden. Aber ich finde in einem Trainingslager grundsätzlich gut, dass man den ganzen Tag hier ist und viel mehr Austausch hat. Selbst wenn wir mit den Fahrrädern zum Trainingsplatz fahren, ergeben sich immer wieder neue Gespräche. Das ist schon ganz cool.

Sie zählen jetzt ganz anders zur Mannschaft als im letzten Jahr im Sommer-Trainingslager. Spüren Sie das deutlich?
Oberdorf: Wertschätzung spürt man in dieser Mannschaft sowieso, das war auch vor einem Jahr nicht anders. Auch damals haben meine Mitspieler mich wissen lassen, dass ich ein wichtiger Teil des Ganzen bin. Aber es ist schon nochmal eine andere Situation, länger zu diesem Team zu gehören. Damals als Spieler der Zwoten war ich im Urlaub und wurde gebeten, komm doch mal vorbei und fahre mit den Profis mit.

Hat sich auch Ihr Leben als Profi verändert?
Oberdorf: Nein, es hat sich nicht viel verändert, es läuft so wie vorher. Abzuheben ist nicht angebracht, die 24 Jahre zuvor hatte ich auch immer Bodenhaftung. Nur weil ich jetzt Profi bin, muss ich da nicht etwas ändern. Man ist mehr im Fokus, das stimmt. Aber es ist alles relativ ähnlich.

Tim Oberdorf darf sich nach seinem Auftritt im zweiten Testspiel der Fortuna in der Eistonne „abkühlen“. Foto: Wolff

Ihre jüngere Schwester ist im Fußball als Profi auch unterwegs und erfolgreich. Gibt es da irgendwelche Frotzeleien zwischen ihnen beiden?
Oberdorf: Nee, eigentlich nicht. Wir ziehen uns natürlich auf, aber meist mit Sachen, die nicht unmittelbar mit dem Fußball zu tun haben. Das ist wohl bei allen Geschwistern der Fall.

Zum Ende der Saison hatten sie das Problem, dass auf Ihrer Position plötzlich zwei Spieler in Andre Hoffmann und Jordy de Wijs standen, die es sehr gut gemacht haben. War das angesichts Ihrer bis dahin überzeugenden Leistungen nicht ärgerlich für Sie?
Oberdorf: Ich möchte mich zwar damit nicht so einfach abfinden. Aber es gilt ja auch für alle anderen, die im Kader sind. Wir haben hier 27 Spieler, elf dürfen am Ende nur spielen. Das Verständnis für eine solche Situation ist die Grundlage, dass wir hier einen vernünftigen Konkurrenzkampf haben. Jeder haut alles rein, um zu spielen.

Der Respekt vor Ihrer Leistung ist beim Trainer ganz offensichtlich zu spüren, da er Sie jetzt auch auf der Sechs oder zuletzt gegen die Slowaken als rechter Verteidiger einsetzt. Spüren Sie das?
Oberdorf: In der Trainingslagerzeit gibt es relativ viel Input, was die Taktik der verschiedenen Positionen angeht. Das klappt bei mir ganz gut. Wenn man für mehrere Positionen in Frage kommt, sind die Chancen höher, zum Einsatz zu kommen.

Käme die Position des rechten Außenverteidigers nach dem Ausfall von Matthias Zimmermann auch für Sie in Frage?
Oberdorf: Ja. Ich habe Bock zu zocken – wo das dann sein wird, ist mir relativ gleich. Ich habe in meinem alten Verein in Sprockhövel – das war natürlich ein anderes Niveau – die meiste Zeit in der Jugend rechter Verteidiger gespielt. Bin dann auch mal zwischendurch auf die Sechs gewechselt. Erst die beiden letzten Jahre, bevor ich nach Düsseldorf gewechselt bin, habe ich die Rolle als Innenverteidiger übernommen. Man muss sich schon Gedanken machen, wenn man die Position wechselt und die vielen neuen Abläufe im Spiel müssen auch überall verinnerlicht werden. Das wird aber vom Trainerteam gut vor- und nachbereitet.

Ist Ihr Tempo im Spiel eine Ihrer größten Stärken? Das könnten sie ja dann als Außenbahnspieler zur Geltung bringen.
Oberdorf: Ich rede relativ ungern über meine Stärken. Ich bin überzeugt, dass es vom Tempo her reicht, über außen auch nach vorne zu spielen, obwohl es sicherlich noch schnellere Spieler gibt. Aber insgesamt sind auf jeder Position unterschiedliche Stärken gefragt. Ich traue mir die Außenverteidiger-Rolle auf jeden Fall zu.

Tim Oberdorf
kann auch im Mittelfeld spielen. Foto: Wolff

Wie sieht denn das Ziel der Mannschaft aus und was ist für Fortuna möglich?
Oberdorf: Natürlich muss man die endgültigen Personalentscheidungen abwarten. Wir sind noch sehr früh in der Saison. Die gute Phase zum Schluss der Saison hat Ansprüche entstehen lassen. Das muss man auch nicht klein reden. Diese Phase war recht ordentlich. Dass wir daran anknüpfen wollen, ist doch logisch. Aber ich halte es nicht für sinnvoll, wenn wir uns jetzt als Spieler hinstellen und Ziele raushauen. Dafür haben wir im Verein andere Leute.

Wie hat es der Trainer letztlich geschafft, aus Euch diese Leistungen herauszuholen?
Oberdorf: Wenn ich das ganz genau wüsste, hatte ich da sicherlich schon einmal etwas zu gesagt. Der Impuls war wichtig, den wir bekommen haben. Nach den ersten Erfolgen sind wir dann in so einen Flow hineingekommen, auch wenn das nicht von allein funktioniert. Man hat mehr Selbstvertrauen bekommen und ein anderes Selbstverständnis.

Gab es im Mannschaftskreis vor Daniel Thiounes Amtsübernahme echte Abstiegsangst?
Oberdorf: Wir haben uns mit der Situation auseinandergesetzt. Alles andere wäre fatal gewesen, weil es uns ansonsten wie auch anderen Klubs zuvor schlimm ergangen wäre. Wir waren nicht total verkrampft oder ängstlich. Wir waren uns eher der eigenen Stärke bewusst, so dass klar war, dass wir mit unserer Leistung entscheiden, ob es nach oben oder unten geht. Wir wussten, dass wir stark genug waren, da herauszukommen.

Wie wichtig war die stärkere Unterstützung am Ende durch die Fans?
Oberdorf: Das ist ja das, was ich immer gesagt habe, warum ich Fußball spiele. Am besten so viel und so laute Unterstützung wie möglich, weil das den Reiz ausmacht. Man merkt nach einer guten Aktion wie einer coolen Grätsche, dass von außen etwas hineinkommt und man sich daran auch, wenn es nicht läuft, hochziehen kann. Die gemeinsam erzeugte Stimmung von Mannschaft und Fans bringt dieses Feuer und die Emotionen.

Emotionen gibt es auch in der Mannschaft, so wie Jordy de Wijs bei seiner Rückkehr begrüßt wurde. Ist das auch dieser besondere Teamgeist?
Oberdorf: Wenn sich jeder ins Team einbringt, wir uns gegenseitig pushen, werden wir als Team Erfolg haben. Und das macht natürlich dann auch viel mehr Spaß. Ich bin absolut begeistert, wie das in unserem Team funktioniert. Wir haben uns alle gefreut, dass Jordy wieder da ist und er natürlich auch. In dieser Mannschaft kann jeder mit jedem quatschen. Es ist ein Super-Zusammenhalt.

Was machen Sie, wenn Sie einmal kurzfristig keinen Fußball im Kopf haben?
Oberdorf: Dann schiebe ich meine Bachelorarbeit (Anm. der Red.: Lehramt Deutsch und Sport) vor mir her. Ich muss das mal ernster angehen, sonst wird es ja peinlich, wenn ich immer wieder darüber rede. Ich bin viel draußen, treibe viel Sport. Padel Tennis mache ich zum Beispiel derzeit sehr gerne.

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