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Ein verregneter Mittwoch im April

Erinnerungen an Fortunas Aufstieg im Jahr 2004

Foto: Horstmüller

von Tobias Kemberg

Die Rückkehr in die sportliche Bedeutsamkeit jährt sich in diesen Tagen zum 20. Mal. D.SPORTS wirft anlässlich des Jahrestags zum Aufstieg in die Regionalliga die Zeitmaschine an und blickt zurück.

Endlich kam die Bestätigung durch Stadionsprecher Dieter Bierbaum über die Lautsprecheranlage: „Liebe Fortuna-Freunde. Jetzt ist das Spiel in Mönchengladbach beendet. Der Aufsteiger in die Regionalliga Nord heißt: Fortuna Düsseldorf.“ Und spätestens in dieser Sekunde gab es bei 7.100 Anhängern im Paul-Janes-Stadion am Flinger Broich kein Halten mehr. Die Fortuna war endlich zurück auf der deutschen Fußball-Landkarte – nach zwei Jahren „Über-die-Dörfer-Tour“ durch die Oberliga. Zurück in der dritthöchsten Spielklasse. Immerhin.

„Rückblickend ist das zweifellos einer der wichtigsten Aufstiege der Klubgeschichte der Neuzeit gewesen“, sagt Axel Bellinghausen in Erinnerung an den 28. April 2004. Der 40-Jährige, an jenem Tag als Spieler mittendrin und heute in der Marketing-Abteilung des Fußball-Zweitligisten tätig, erinnert sich noch gut an jenen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte des Klubs. „Alles kommt mir noch so total nah vor. Andererseits denke ich mir dann aber auch: Wo sind die 20 Jahre geblieben?“

Keine Stars, aber „Helden zum Anfassen“

Es war ein verregneter Mittwochabend in der damaligen Heimspielstätte der Rot-Weißen. Gegen die Zweitvertretung von Bayer Leverkusen hatte die von Massimo Morales trainierte Fortuna die Möglichkeit, im für sie so lange nach unten ausgerichteten Liga-Fahrstuhl endlich mal wieder ein Stockwerk nach oben zu fahren. Doch fußballerische Glanzmomente stellten sich während der niveauarmen 90 Minuten nicht ein. Als das Spiel mit einem 0:0 abgepfiffen wurde, warteten alle auf die Information vom Spiel des Konkurrenten Borussia Mönchengladbach II gegen Union Solingen. Und weil diese Begegnung mit einem 0:2 endete, konnte die Aufstiegsparty losgehen.

„Ich konnte in dem Spiel gegen Leverkusen II leider nicht mitwirken. Aber der ganze Abend war einfach mega. Wie wir hinterher auf der Ratinger Straße gefeiert haben, das war schon sensationell. Wenn ich das Ganze heute noch einmal ganz genauso erleben dürfte, dann würde ich es mehr genießen – und ganz sicher nicht so viel saufen“, sagt der damalige Stürmer Frank Mayer.

Typen wie Axel Bellinghausen, Frank Mayer, Gerrit Bürk, Robert Niestroj oder Aboubacar Sankharé sind zu jener Oberliga-Zeit „Helden zum Anfassen“. Ob nun nach dem Spiel am Zaun ein längerer Plausch gehalten wurde oder ein gesperrter Kicker im Block A inmitten der Ultras die Kollegen anfeuerte – 2003/04 war „alles viel näher und ehrlicher“, wie Mayer es beschreibt. „Natürlich wurde sich auch mal gezofft. Aber es war einfach eine andere Zeit. Wenn ich mir vorstelle, wir hätten damals so was wie Instagram gehabt, bei uns wäre der Eine oder Andere sicherlich suspendiert worden“, erklärt der Publikumsliebling mit einem Lachen.

Foto: imago/Eduard Bopp

Die Bierbude an der Eckfahne

Durch die Fans, die zu Tausenden nach Freialdenhoven oder Bocholt fuhren, wurde jede Begegnung auf gegnerischem Platz zu einem Heimspiel für die Fortuna. Für die anderen Klubs bedeutete das Aufeinandertreffen mit den Düsseldorfern einerseits volle Kassen, andererseits waren nicht wenige Vereinspräsidenten und Hausmeister froh, wenn der Fortuna-Tross am späten Nachmittag wieder gen Heimat fuhr und das Stadion nicht auf links gedreht wurde.

„Mir fallen viele sensationelle Dinge ein, wenn ich an diese Saison zurückdenke“, sagt Bellinghausen. „Die Bierbude an der Eckfahne bei Schwarz-Weiß Essen ist so eine Erinnerung. Plötzlich willst du einen Eckball ausführen und ein Fan reicht dir ein Kaltgetränk. Das war schon sagenhaft. Oder der Autokorso nach Bergisch Gladbach ist mir noch präsent. Und natürlich das Halbfinale im Niederrheinpokal in Uerdingen an Karneval. Wie verrückt war das bitte alles? Und wie toll war es, dass ich das alles mitnehmen und dabei sein durfte?“

Für Bellinghausen, damals gerade 20 Jahre alt, ist der Aufstieg 2004 so etwas wie der Startschuss für eine erfolgreiche Karriere, in der er später in der Bundesliga spielen sollte. „Einer unserer Trümpfe war unser Zusammenhalt“, sagt er über das Erfolgsrezept von damals. „Damit meine ich aber nicht nur das Team, sondern insbesondere auch das Verhältnis zwischen Fans und Mannschaft. Von dem Fundament, das zu dieser Zeit gelegt wurde, zehrt die Fortuna heute noch.“

„Normal ist doch auch scheisse“

Am Ende der Saison verlor der Aufsteiger den Faden – und stieg nur als Tabellenzweiter auf. Die SSVg Velbert 02 hatte keinen Lizenzantrag für die Regionalliga gestellt, fing die auf der Zielgeraden mitunter lustlos auftretende Fortuna aber noch ab. Auch das Niederrheinpokalfinale gegen die zweite Garde von Rot-Weiss Essen ging verloren.

Trotzdem war das am Ende nur ein für die Fortuna typischer Makel. Der Abend des 28. April 2004 war ein Wendepunkt in der Historie des Vereins und der Auftakt für einen sportlichen Aufschwung, der 2012 im Bundesliga-Aufstieg gipfelte. „Für die Entwicklung der folgenden Jahre war dieser Aufstieg damals enorm wichtig. Und dass wir am Ende nur Zweiter hinter Velbert geworden sind, passte irgendwie auch zu uns und zu Fortuna. Aber warum normal aufsteigen? Normal ist doch auch scheisse“, sagt Mayer und lacht. Und Bellinghausen ergänzt: „Das war eine geile Zeit. Sportlich gesehen sollten wir das aber nicht wiederholen.“

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