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Fortunas Finanzdilemma

Dem Verein geht das Geld aus - Schafft Fortuna die Wende?

Foto: K. Beele

VON BURKHARD HINTZSCHE

ANALYSE: Den Blick aufs Vereinskonto dürfen Fortunas Verantwortliche aktuell wohl lieber vermeiden wollen. Zuletzt verbuchten die Rot-Weißen ein dickes Minus. Fraglich ist, ob dem Traditionsverein eine schnelle Wende gelingen kann. Wir werfen einen Blick auf die wirtschaftliche Lage des eingetragenen Vereins und schauen auf die Problembereiche. 


Die wirtschaftliche Lage der Fortuna ist alles andere als gut. Das haben auch die Mitglieder auf der Mitgliederversammlung kürzlich präsentiert bekommen. Die nackten Zahlen sprechen für sich. Die Fortuna präsentierte ein Minus von rund drei Millionen Euro. Das Eigenkapital des Clubs ist auf nur noch etwa 850.000 Euro gesunken. Vor wenigen Jahren hatte der Verein noch mehr als sieben Millionen Euro auf der hohen Kante. Seitdem ein Einbruch: Obwohl der Verein die MERKUR SPIEL-ARENA jahrelang gegen eine Zahlung nutzen durfte, deren Höhe nicht einmal die Mietnebenkosten für den Betreiber deckte. 

Schlagzeilen machten im Anschluss an die Mitgliederversammlung vor allem die Äußerungen des Aufsichtsratsvorsitzenden Björn Borgerding. Der störte sich am neuen Mietvertrag für die Fortuna in der MERKUR SPIEL-ARENA. „Der neue Mietvertrag hat nicht für mehr Gestaltungsspielraum gesorgt, sondern nur für höhere Kosten, die unseren Spielraum einschränken. Ein Schulterschluss, von dem die Lokalpolitiker gerne sprechen, sieht für mich ganz anders aus“, erklärte Borgerding. 

Dass die neue Miete in den präsentierten Zahlen für 22/23 gar keine Rolle spielte, weil der Mietvertrag erst zur Saison 2023/24 greift, ging da fast komplett unter. Auch Borgerding erwähnte das in seinem Vortrag nicht. Widerrede ließ nicht lange auf sich warten, zumal auch die neue jährliche Zahlung der Fortuna für die Nutzung der MERKUR SPIEL-ARENA im untersten beihilferechtlich zulässigen Bereich liegt. Stefan Wiedon, als sportpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, meldete sich in der „Bild“ zu Wort. Und Wiedon keilte ordentlich zurück: „Wir sehen uns genötigt, auf diese Aussagen zu reagieren, weil wir die Art und Weise als kontraproduktiv und beziehungsschädigend erachten.“

Konkret bemängelte der CDU-Mann Folgendes: „Da wurde in einer Bierzeltstimmung von Teilen der Verantwortlichen in Aufsichtsrat und Vorstand ein Gegner gesucht, der angegriffen wurde. Gerade bei solchen Veranstaltungen zeigt man gerne mit dem Finger auf andere, um von sich abzulenken.“ Wiedon also sieht die Fortuna-Führungsriege verantwortlich für die ungünstige, finanzielle Entwicklung. Die Vorwürfe in Richtung Stadtführung kann er nicht verstehen.

„Fortuna will eigentlich etwas von der Stadt, ob es da hilft, derart um sich herumzuschlagen, wage ich zu bezweifeln. Wo wäre denn Fortuna, wenn eben diese Stadt nicht seit Jahrzehnten dem Verein immer wieder unter die Arme gegriffen hätte? Ich finde es absolut nicht angemessen, einem so vor die Füße zu spucken“, sagte Wiedon der „Rheinischen Post“.

Auch das Düsseldorfer Rathaus äußerte sich in diesem Zusammenhang und ließ eine eigene Pressemitteilung verschicken. „Wir wünschen uns aber auch, dass die Fortuna ihre eigenen Optimierungspotenziale vollumfänglich prüft und nutzt“, hieß es darin. Der Unmut im Rathaus ist vor dem Hintergrund erklärbar, dass der Oberbürgermeister sich für Fortuna sehr stark engagiert, zuletzt insbesondere bei der Sponsorensuche im Zusammenhang mit dem Projekt „Fortuna für alle“.

Fortunas Vorstandsvorsitzender Alexander Jobst war zuletzt darum bemüht, die Wogen zu glätten: „Einige Aussagen könnten einen falschen Eindruck mit Blick auf das Verhältnis zwischen Stadt und Fortuna vermittelt haben“, erklärte Jobst in der Bild. „Seit meinem Start erlebe ich unser Miteinander mit der Stadtspitze als eines, das von gegenseitiger Wertschätzung und Unterstützung geprägt ist. Dass man in der Sache auch mal streitet, ändert aber nichts daran, dass der Schulterschluss zwischen Stadt und Verein für uns von großer Bedeutung ist. Denn Fortuna ohne Düsseldorf funktioniert nicht.“

Trotzdem stellt sich gerade vor diesem Hintergrund die Frage, wie die jüngste, finanzielle Schieflage des Traditionsclubs zustande gekommen ist. Denn sollte sich der Trend fortsetzen, dürfte das Eigenkapital der Fortuna schon im laufenden Geschäftsjahr aufgebraucht sein. Und die Sorge muss man haben. Schließich rutschte die Fortuna in den letzten Jahren schon mit den vergleichsweise sehr geringen Zahlungen für die Nutzung der MERKUR SPIEL-ARENA wirtschaftlich ab.

Fortunas Finanzvorstand Arnd Hovemann musste schon jetzt für die Lizensierung scharf rechnen, nachdem auch die TV-Erlöse für die laufende Saison durch den Wegfall einer Auslandsvermarktung und nach längerer Zweitligazugehörigkeit geringer ausfallen werden (bisher 19 Millionen Euro). Die Aussage: „Wir haben die Lizenz ohne Auflagen erhalten“, war also nicht so selbstverständlich. Die Schwierigkeiten, die sich dazu jetzt in dieser laufenden Saison ergeben, sind noch nicht 100-prozentig absehbar. 

Fortunas Mitglieder sprachen sich auf der Versammlung gegen den Einstieg eines Investors bei der DFL aus. Das sei einerseits völlig legitim, argumentiert Stefan Wiedon von der CDU. Seiner Ansicht nach könne das aber nicht einhergehen mit der Meinung, der Steuerzahler müsse jetzt die Lücken schließen. „Zur Daseinsvorsorge einer Stadt gehören ordentliche Schulen, aber nicht, einen Profiverein zu versorgen“, sagte Wiedon.

Festzuhalten ist, dass Fortuna Düsseldorf zuletzt deutlich höhere Ausgaben hatte. Die Personal- und Verwaltungsausgaben stiegen um die Hälfte. Auch die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten lagen höher, ein Fingerzeig, dass die Fortuna ggf. vermehrt Fremdfinanzierungen in Anspruch nehmen muss. Vor allem beim Personal ist die Entwicklung eindeutig. Das betrifft zum einen Ausgaben für die Profimannschaft, in deren Reihen zahlreiche Verträge verlängert worden sind. Als auch beispielsweise die Gehälter für die Vorstandsebene. So soll Klaus Allofs als Sportvorstand allein jährlich (laut „Bild“-Bericht) rund 750.000 Euro verdienen. 

Mehr Kosten verursachten auch die Spieltage, bei denen Fortuna etwa für die Sicherheitsdienste tiefer in die Tasche greifen musste. Auch interne Projekte erforderten mehr Geld, so etwa der Relaunch des Online-Shops, die Erhöhung des Mindestlohns oder die Kosten für „Fortuna für alle“.  Der öffentlichkeitswirksam angekündigte Neubau eines Funktionsgebäudes ruht, offenbar aus wirtschaftlichen Gründen.

Eigentlich müssten dem gegenüber genügend Mittel zur Verfügung stehen, mokieren sich die Mitglieder und Fans nach den Transfers von Supertalent Elione Fernandes Neto für 3 Millionen und Christoph Klarer für knapp 2 Millionen Euro. Doch dieses Geld diente, um Lücken zu füllen, wobei die Zahlen relativiert werden müssen, da sich der Erlös aus dem Neto-Transfer erst vollständig ergeben wird, wenn das einstige Fortuna-Talent in Salzburg viele Spiel absolviert, international tätig ist und Titel holen sollte. Trotzdem wird deutlich: Die Fortuna ist schon jetzt finanziell auf Transfererlöse angewiesen und kann die Einnahmen nicht einfach für neue Spielereinkäufe einplanen.

Die Ankündigung Ao Tanaka in der Sommer-Transferphase zu verkaufen, konnte Sportvorstand Klaus Allofs nicht umsetzen. So fehlte in der Kasse ein ordentlicher Betrag für die Verpflichtung eines schlagkräftigen Stürmers. Der Aufsichtsrat hatte wohl Probleme damit, dass für Simon Zoller eine Summe für Verpflichtung und Gehalt ausgegeben werden sollte, die sich nicht auf Anhieb gegenfinanzieren ließ, weil Tanaka nicht an den Mann gebracht werden konnte und sich keine andere Lösung andeutete. Es war also nicht unbedingt nur eine Kommunikationspanne zwischen sportlicher Leitung und einem Aufsichtsrat, der die finanziellen Herausforderungen im Blick hatte. Als der Aufsichtsrat dann schließlich grünes Licht gab, war es offensichtlich zu spät für den Transfer. 

Ursächlich sind auch verschiedene Schwierigkeiten auf der Einnahmenseite. Sog gab es einen Rückgang bei den Werbeeinnahmen (11 Prozent). Diese lagen in der Saison 2022/23 bei nur noch rund 7,5 Millionen Euro, wobei schon die Ausgangsbasis aus dem vorhergehenden Geschäftsjahr nicht zufriedenstellend war. Im Übrigen ist es dem Verein in wesentlichen Teilen auch nicht gelungen, ihm mit den Mietverträgen für die Arena seitens D.LIVE zur Nutzung übertragene Rechte in Millionenhöhe erfolgreich zu vermarkten. Diese Rechte lagen zuvor bei D.LIVE, damit letztlich beim Steuerzahler und können aktuell von der Fortuna wirtschaftlich verwertet werden..

Immer wieder bedauert der Verein, dass er nicht selbst das Catering im Stadion übernehmen darf und sich so auf diesem Weg keine Einnahmen generieren lassen. Und Fortuna machte auf der Mitgliederversammlung noch einmal deutlich, man habe sich mehr davon erhofft, dass in Düsseldorf im Rahmen der Vorbereitungen für die EURO 2024 einige Schwachstellen im Stadion und im Umfeld beseitigt werden sollten. 

Allerdings gibt es bereits erste Ergebnisse der Gespräche zwischen Vertretern von Fortuna und Stadionbetreiber D.LIVE. So überließ D.LIVE in Teilen bereits die Verantwortlichkeit für das VIP-Catering, womit die Fortuna große Hoffnungen verbunden haben soll. Wirtschaftlich hat sich das jedoch offenbar bislang nicht als Befreiungsschlag erwiesen. Beim ersten Spiel von „Fortuna für alle“ gegen Kaiserslautern war die Fortuna auch schon an Einnahmen aus Cateringerlösen beteiligt. Für Fans, die durch den freien Eintritt zusätzlich ins Stadion kamen, erhielt der Club prozentual einen Anteil an den Einnahmen bei Bratwurst und Bier. Außerdem werden Verhandlungen mit Lieferanten künftig gemeinsam geführt. 

Doch nicht alle Angebote von Stadtseite wurden von den Rot-Weißen genutzt. Einen mietfreien Stand auf dem Weihnachtsmarkt sagte der Club nach langer gemeinsamer Planung ab. D.LIVE gab an, die Absage neun Tage vor Beginn des Weihnachtsmarkts erhalten zu haben. Die Fortuna hatte Personalmangel als Grund für die Absage angegeben. D.LIVE bemängelte nun auf Kosten sitzen zu bleiben und verwies auf die Kooperation mit der NFL auf dem Weihnachtsmarkt, die im Gegensatz komplett komplikationsfrei verlaufe.

Auch die Möglichkeit, einen Biergarten beim ersten Gratis-Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern an der MERKUR SPIEL-ARENA einzurichten, sagte die Fortuna nach gemeinsamer Planung mit D.LIVE ab. Außerdem wurde der Fortuna die Vermarktung der Namensrechte an der Südtribüne angeboten. Die „Bild“ berichtet, die Fortuna habe aber aus moralischen Gründen abgelehnt. Die Vereinsführung wollte wohl verhindern, dass die Fortuna-Fans in ihrer Südkurve einen Sponsoren-Namen vorfinden.

Positiv prognostiziert wird die Entwicklung der Sponsoringerlöse für die neue Saison. Sie sollen um 42 Prozent steigen, hieß es im Bericht von Alexander Jobst auf der Mitgliederversammlung. Im Zusammenhang mit diesem Zuwachs stellen sich jedoch mehrere Fragen, unter anderem: Wie hoch werden die letztlich gegenzurechnenden Verluste durch die Vergabe von Gratis-Tickets bei drei Heimspielen sein? Welcher Anteil dieser prognostizierten Einnahmen wird tatsächlich „cashmäßig“ auf das Vereinskonto der Fortuna wandern, insbesondere falls in diesem Betrag Sach- und Dienstleistungen bzw. auch sog. Barter-Geschäfte inkludiert sein sollten.

Jobst führte aus, es habe 2,7 Millionen Euro Merchandising-Erlöse gegeben, womit die Fortuna sich in diesem Bereich innerhalb eines Jahres um 30 Prozent steigern konnte. Ein echter Erfolg. Für die Saison 2023/24 habe sich Fortuna  weiter gesteigerte Erlöse in einer Gesamthöhe von 3,5 Millionen Euro zum Ziel gesetzt. „Aktuell sind wir da auf einem sehr guten Weg“, sagte Jobst.

Der Verein hofft vor allem darauf, dass „Fortuna für alle“ zum einem echten, nachhaltigen Erfolgsprojekt wird. Eine Alternative sehe er nicht, hatte der Vorstandsvorsitzende mitgeteilt. Ein Plan B wäre nur die Rückkehr zum alten Weg ohne eine Innovation. So charmant, aufsehenerregend und vielleicht auch originell die Idee erscheint, sie ist ein Unternehmen mit Risiken, wenn nicht weitere Unterstützer und Partner gefunden werden. 

Nicht unbedingt glücklich war der Rückzug der Stadt-Sparkasse, die jahrelang Partner war und mit der TargoBank einen Konkurrenten im Bankgeschäft als Trikotsponsor im städtischen Stadion erlebte. Dem Vernehmen nach komplett auf Eis liegen soll inzwischen  die Beziehung der Fortuna zum Düsseldorfer Dax-Konzern Henkel. Ein weiteres Engagement von Henkel erscheine aktuell ausgeschlossen, so hört man. Henkel habe im Zuge der Entwicklungen das Interesse verloren. Irritationen soll es angeblich wohl auch in Richtung Fortuna-Vorstand geben. 

Ungünstig könnten sich für die Fortuna auch die Insolvenzen der Gerchgroup und C&K Logistik ausgewirkt haben. Beide waren als Partner der Fortuna an Bord gewesen, letzteres Unternehmen als Ärmelsponsor bei den Rot-Weißen präsent. Welche Auswirkungen die Insolvenzen genau für die Fortuna hatten, ist nicht bekannt.

Dazu ging mit der Provinzial einer der Partner von Fortuna für alle frühzeitig von Bord, der beim vielbeachteten Startschuss stolz verkündet worden war. Laut „Rheinische Post“ fehlt der Fortuna damit über fünf Jahre ein Betrag in Höhe von rund fünf Millionen Euro. Ein echter Tiefschlag für beide Parteien, nach dem wenige Wochen zuvor die Zusammenarbeit mit großem medialen Aufschlag verkündet worden war.

Der Erfolg des Projektes „Fortuna für alle“ ist zwingend von der Gewinnung weiterer Sponsoren abhängig. Trotz des großen (sportlichen) Erfolges beim Spiel und 4:3-Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern gibt es bisher keine weitere Vollzugsmeldung für einen Kernsponsor. Die Glaubwürdigkeit des Projektes ist auch davon abhängig, ob in der kommenden Saison die Zahl der Spiele mit freiem Eintritt gesteigert und die finanziellen Konsequenzen des Projekt kontrolliert werden können. Aber auch unabhängig von „Fortuna für alle“ ist der Verein auf die Unterstützung durch Partner angewiesen. Solche zu finden dürfte für die Fortuna die größte Herausforderung in der nahen Zukunft werden. Der Vorstand der Fortuna hat also ein ganzes Spektrum von Aufgaben vor sich, wie erfolgreich er diese bewältigen wird, bleibt mit Spannung abzuwarten. Eines jedenfalls steht fest: umso erfolgreicher, umso besser und zwar sowohl für die Fortuna als auch für die Stadt.

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