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Fink: Die Leute hier sind mir ans Herz gewachsen

Ein Blick in die Seele einer Fortuna-Legende

Die letzte Humba - Foto: imago

von Norbert Krings

Wer Oliver Fink bei dessen Karriere eng begleitet hat, kann seinen Wehmut nicht unterdrücken. Der Augenblick ist gekommen: Finko, Olli oder Finki, der Hirschauer halt, bestreitet sein letztes Ligaspiel am Samstag für die Fortuna, genauer gesagt für die U23 des Fußball-Zweitligisten. Sportlich ist über ihn alles gesagt, er hat in diversen Interviews über sein schönstes Tor gesprochen, von seinem besten Spiel berichtet und seine Liebe zum Fußball erklärt. Mein Glück war es, diesen großartigen Menschen in der ganzen Zeit etwas näher kennenlernen zu dürfen und nutzte jetzt die Gelegenheit, mit dem 39-Jährigen über Dinge zu sprechen, die nicht nur mit dem Fußball zu tun haben und ihn vielleicht noch ein wenig besser charakterisieren.

Im Haus von Larissa, Ferdinand – zwei Jahre alt – und Oliver sind noch die letzten Handwerker aktiv, die das Haus so schön machen, wie sich die Finks das vorgestellt haben, als sie den Altbau erworben haben. Im Wohnzimmer läuft Musik, und die läuft nicht, um das zweite Kind schon mal einzustimmen, das Ende Juni zu Welt kommt. Das wird übrigens auch ein Junge, und der werdenden Mutter geht es offensichtlich gut. Sie freut sich jedenfalls, dass es bald soweit ist. Trotzdem darf ihr Mann nächste Woche für ein paar Tage zum Fliegenfischen nach Irland. „Dafür bin ich ihr sehr dankbar, dass sie mich mit ein paar Kumpels dort Spaß haben lässt.“

Zurück zur Musik, die in Finkos Leben sehr wichtig ist. Fast unvorstellbar, aber mit Punk fing es bei ihm als frisch gebackener Gymnasiast an. „Bei uns läuft im Hintergrund immer etwas. Ich mag die Musik der Toten Hosen und der Ärzte sehr gerne“, sagt Oliver Fink. „Bei meinem ersten Album der Hosen musste ich meine Mutter überreden, dass ich das kaufen durfte, weil da nackte Leute auf dem Cover waren. Sie hat sich überzeugen lassen, dass es mit nur um die Musik ging, weil die cool ist.“ So entstand die Verbindung mit der Band, die für ihn ganz persönlich magische Momente bereithielt. „Wir hatten in Nürnberg gespielt und verloren. Tags drauf war ein Konzert und auch noch eins in Regensburg. Da hat mich Campino persönlich während des Auftritts angesprochen und der Mannschaft über mich schöne Grüße bestellt. Das Lied hatte den passenden Titel: Steh auf, wenn du am Boden bist.“

„Ich bin mit dem Thema Bodenhaftung und Erdung aufgewachsen“

So richtige Vorbilder in seinem Leben gab es eigentlich nicht. „Ich wurde durch die Familie und den Freundeskreis geprägt. Und später habe ich mir den Kant’schen Imperativ zur Goldenen Regel gemacht. Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg auch keinem anderen zu. Ich habe immer versucht, die Leute respektvoll zu behandeln, weil ich das auch von anderen erwarte.“

Starallüren habe man ihm nie vorgeworfen. Mann und Frau mag ihn. „Ich bin ja auch kein Arschloch. Ich bin so aufgewachsen, dass das Thema Bodenhaftung, Erdung und das Wissen, wo man herkommt, so präsent war, dass ich nicht abheben konnte.“ Er sei aber auch nie in Sphären unterwegs gewesen, wo das hätte passieren können. Aber er kann junge Menschen verstehen, denen alles hinterhergetragen wird, und sie sich mit viel Kohle alles leisten können, dass sie denken, ich kann alles machen, was ich will. „Denen kann man keinen Vorwurf machen. Ich habe zum Glück nie in Mannschaften mit solchen Problemen gespielt.“

Oliver Fink mit seinem langjährigen Weggenossen Lumpi Lambertz. Foto: imago

Man sucht sich die Freunde und Menschen aus, mit denen man zusammen ist. „Mir war es nie wichtig, große Autos zufahren oder die neusten Klamotten zu tragen“, sagt Fink. „Ich bin so aufgewachsen in dem Bewusstsein, dass meine Mama lange für etwas arbeiten musste, was ich schon mit einem Teil einer Siegprämie hätte erwerben können.“ Es ist das Glück, dass der 39-Jährige sich nie hintergangen oder schlecht behandelt gefühlt hat. Freunde wie Rösi – Sascha Rösler -, Lumpi Lambertz und Adam Bodzek sind Beispiele für Menschen, mit denen sich Olli Fink gerne umgibt. Aber auch die alten Freunde aus der Heimat sind ihm noch sehr wichtig.

Das gilt auch für die Familie, die es allerdings aushalten muss, dass Olli und Larissa im Rheinland leben und eine neue Heimat gefunden haben, wo sie sich sehr wohlfühlen. „Es war das Angebot aus München, wo ich beim FC Bayern II hätte spielen können, was uns den Süden noch einmal schmackhaft gemacht hat“, beschreibt er die Zeit, in der ein Wechsel möglich war. Doch als seine Frau von einer Wohnungsbesichtigung zurück war und er von den Verhandlungen, waren sich beide einig, in Düsseldorf bleiben zu wollen. „Das war so ein Scheideweg, aber das Bauchgefühl von uns beiden hat entschieden.“

Dass sich die Familie Fink hier so wohlfühlt, liegt nicht an der wunderschönen Landschaft am Niederrhein. „Es sind die Menschen, die das hier zu unserer Heimat gemacht haben“, sagt er. „Die Leute in meiner jetzigen Umgebung sind mir so ans Herzen gewachsen, während die Freunde in der alten Heimat das Ganze so seit 13 Jahren kennen und akzeptieren.“ So sei es auch die nächste 13 Jahre okay, wenn die Freunde aus Bayern dann mal den längeren Weg auf sich nehmen müssen. „Mittelfristig ist das hier unsere Heimat.“ Früher wollte er zurück zu seinen Wurzeln, jetzt würde ihm im ländlichen Hirschau wohl etwas fehlen. „Das würde jetzt nicht mehr funktionieren, auch wenn mir die Familie fehlt, die ich gerne auch für meine Söhne in der Umgebung hätte. Diese Rolle übernehmen jetzt die Freunde.“

„Schade, dass sich Auslandserfahrung nicht ergeben hat“

Eigentlich vermisst Fink immer noch die Auslandserfahrung. „Ich war 20 Jahre im Profi-Fußball unterwegs, wären da nicht auch ein oder zwei Jahre im Ausland gut gewesen? Das fragt man sich. Es hat sich nicht ergeben. Das ist aber dann auch gut so“, sagt er. Das kann er mit Reisen nachholen, wenn die Jungs der Finks mal etwas größer sind. Der Rückhalt seiner Larissa ist ihm unglaublich wichtig. „Ansonsten hätte ich das Ganze nie so machen können“, sagt Oliver Fink.

Sport hat dem Fußballer, der Anfang Juni 40 Jahre jung wird, viel gegeben. Er spielt „saugerne“ Golf und Tennis, aber Mannschaftsport ist für ihn dadurch nicht zu ersetzen. So freut er sich, dass sein Ferdinand sich zuletzt auch den Ball geschnappt hat und wild im großen Garten rumgepöhlt hat. „Die Jungs sollen draußen sein, sich bewegen“, sagt Fink, der von Social Media und Internet und Handy zwar berührt, aber nicht erfasst ist. Das analoge Aufwachsen seiner Kinder wird er in jedem Fall fördern. „Das Motorische ist wichtig, es wäre bitter, wenn sie nur vor der Glotze hängen oder an der Konsole versumpfen würden.“

Graue Haare an den Schläfen, aber ein junges Herz – Oliver Fink. Foto Wolff

Der Blickwinkel ändert wich, wenn man Vater wird. „Man macht sich schon mehr Sorgen, wenn man über den Krieg in  der Ukraine und über den Klimawandel nachdenkt“, sagt er. „Es fällt mir schwer, das richtig einzuschätzen.“ Völlig gelassen hingegen ist er, was seine Zukunft angeht. „Mir geht es nicht um Selbstverwirklichung, ich hatte das Glück im Sport, dass mir durch die Anerkennung des Fußballs jede Tür geöffnet wurde“, erklärt Fink. Vieles sei dem Fußball geschuldet, und ich bin nicht so blauäugig und meine nun: alle lieben Oliver Fink. Die Zeit wird auch endlich sein.“ Das ist seine typische Bescheidenheit.

„Ich bin neugierig und würde gerne noch etwas anderes zu sehen“

 „Ich habe ein Interview gelesen oder gehört, in dem ein Vorstand eines Dax-Konzerns sagte: „Ich höre dann auf, wenn ich bei guter Gesundheit bin und mich die Leute in guter Erinnerung behalten.“ Da finde er sich wieder. „Nur auf dem Platz geduldet zu sein und durchgeschleppt zu werden, wäre nichts für mich gewesen.“

So war die Humba in der Arena nach dem letzten Heimspiel der Fortuna mit ihm am Mikrophon ein großartiger Abschied, ein weiterer Magic Moment seiner Karriere. „Da hat alles gepasst“, sagt er. Und auch am Samstag wird da noch was kommen, wenn er sich von den Jungs der U23 und wahrscheinlich vielen Fans am Flinger Broich verabschiedet und die eine oder andere Träne noch mal rollen wird – nach dieser großartigen Karriere.

An dieser Stelle werden wir irgendwann berichten, wie es weitergeht oder gegangen ist mit einem der sympatischsten Sportler, die je in Düsseldorf aktiv waren. „Mein Plan ist es jetzt, alles langsam anzugehen, um nicht direkt wieder in einer Mühle zu sein. Ich habe die Idee, ein wenig Abstand zu gewinnen“, sagt Finko. „Es werden sich Wege öffnen, und ich habe keine Angst vor eine Wand zu laufen.“

Großer Bahnhof für Oliver Fink bei seiner Verabschiedung in der Arena. Foto: Imago

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