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Erster Gegenwind für Daniel Thioune

Ist die Kritik an Fortunas Trainer berechtigt?

Foto: Kai Kuczera

von Norbert Krings

Fortuna Düsseldorf rangiert in der Tabelle der 2. Fußball-Bundesliga vor dem Heimspiel gegen Arminia Bielefeld am Samstag mit fünf Punkten Rückstand auf einen direkten Aufstiegsplatz auf Position sechs. Da aber im Umfeld des Traditionsvereins die Ansprüche deutlich höher waren (sind), kommen die ersten Kritiker aus der Deckung und zweifeln an der Mannschaft. Sie versuchen auch dem Trainer Fehler nachzuweisen. Ist da wirklich etwas dran?

Düsseldorf ist für Profi-Sport ein eigentümliches Pflaster. Eine überschaubare Fanbase hält ihrem Verein immer die Treue. Einige kommen schon bei Nieselregen nicht mehr zu den Spielen „ihres Teams“. Und viele Menschen in dieser Stadt und um sie herum wollen nur Erfolge sehen, es muss schon ein Titel oder ein Aufstieg in greifbarer Nähe sein. Mittelmaß und Abstiegskampf schweißen in Düsseldorf die Menschen nicht wie andernorts zusammen.

Es gibt viele Sportfans, die sich zu Wort melden über Foren oder bei Social Media, die nur schwarz oder weiß sehen können. Gewinnt Fortuna ein Spiel überzeugend, wird direkt von den Chancen im nächsten Jahr in der Bundesliga philosophiert. Gibt es einmal ein Durchhänger oder eine absolut erklärliche Niederlage wie in Hamburg, ist alles schlecht und man könne froh sein, wenn der Verein so gerade eben die Klasse hält. Und der Trainer hat natürlich alles Mögliche falsch gemacht.

Der Einsatz von Gavory und Hennings in Hamburg war falsch

Verletzungen: Als wäre Daniel Thioune für die Verletzungen und Krankheiten seiner Spieler verantwortlich. Dass die Trainingssteuerung nicht funktioniert, wurde ihm vorgeworfen. Die Belastungen seien zu hoch. Es stimmt, dass der Trainer von seinen Spielern auch im Training Volldampf erwartet – genauso wie im Spiel. Die Spieler geben wegen der großen Konkurrenzsituation im Training alles, um sich die Chance zu erhalten, am nächsten Wochenende auf dem Feld oder im Kader zu stehen.

Das ist eine gute Situation für den Trainer, der rein nach Leistung aufstellt. Wenn aber Leistungsträger wie Andre Hoffmann, Rouwen Hennings, Daniel Ginczek, Jordy de Wijs und lange auch Matthias Zimmermann ausfallen, hätte wohl jede Mannschaft dieser Liga ein Problem. Die Mannschaft konnte so unbeeindruckt davon das Heimspiel gegen Rostock mit 4:0 gewinnen konnte, was zeigt, dass noch genügend andere gute Spieler bereitstehen. Die Energieleistung gegen Hansa hat aber so viele Körner gekostet, dass ein so guter Gegner wie der HSV im nächsten Spiel nicht zu gefährden war.

Urteil: Der Trainer muss und wird gemeinsam mit den Physios verstärkt auf den Fitnessgrad seiner Spieler schauen und ihnen noch die eine oder andere Pause mehr geben. Aber die wenigsten Verletzungen der Fortuna-Profis sind auf Ermüdungserscheinungen zurückzuführen. Es ist auch einfach Pech dabei. Doch der Trainer hätte in Hamburg die nur eingeschränkt fitten Nicolas Gavory und Rouwen Hennings nicht einsetzen dürfen und den jungen Spielern vertrauen müssen, denen er so viel Talent bescheinigt.

Die von Thioune favorisierte Dreikette kommt mangels Personal nicht zum Zuge

Aufstellung: Daniel Thioune hat eine klare Aussage mit dem Beginn seiner Tätigkeit getroffen. Die Mannschaft steht im Vordergrund, und es gibt keine garantierten Stammplätze. Das Problem für den Trainer, der viel Ballbesitz haben will, ist das mangelnde Vermögen seines Teams, hinter die Abwehrreihe des Gegners zu kommen. Zu selten gibt es von schnellen und trickreichen Außen oder nachrückenden Verteidigern richtig gefährliche Flanken. Diese Spielertypen fehlen fast gänzlich in der Mannschaft oder bringen keine Form.

Dass Thioune so lange am formschwachen Kristoffer Peterson festgehalten hat, zeigt seine Not. Immerhin hat sich aus dem Zusammenspiel auf der anderen Seite zwischen Felix Klaus und Matthias Zimmermann wieder eine gewisse Gefährlichkeit auf dem Flügel entwickelt. Fortunas Trainer stellt sein Team und den Kader so zusammen, dass er immer positionsbezogen wechseln kann. Dass ist nicht immer hilfreich, wenn etwa ein Emma Iyoha nur für die Innenstürmerposition eingeplant ist.

Urteil: Gescheitert ist das Projekt mit drei Innenstürmern, und auch die Berufung von Appelkamp auf die linke Seite hat keinen Erfolg gebracht. Im Mittelfeld ist noch nicht das ideale System mit einer klaren Aufgabenverteilung gefunden. In der Abwehr hat Thioune das Problem, dass er in Christoph Klarer und Tim Oberdorf wohl zwei starke Spieler wieder auf die Ersatzbank setzen wird, wenn Andre Hoffmann und Jordy de Wijs wieder vollkommen zur Verfügung stehen. Es ist wie bereits erwähnt, nicht immer nachzuvollziehen, dass Thioune eher auf die erfahreneren Spieler setzt, als der Jugend mehr Chancen zu geben.

System und Taktik: Balance und Konstanz im Spiel fehlen der Fortuna über weite Strecken. Eine über 90 Minuten durchweg dominierte und kontrollierte Spielweise gab es in dieser Saison jedenfalls noch nicht. Einen Vorsprung herausspielen und den Sieg dann über die Zeit zu bringen, klappt zwar deutlich besser als in der vergangenen Saison. Aber es gibt Spiele wie in Sandhausen, Braunschweig oder in Heidenheim, wo die Mannschaft zu wenig Möglichkeiten herausspielt, um den Gegner mehr in Bedrängnis zu bringen. Dass die Fortuna das kann, beweist sie in den Heimspielen. Thioune spielt am liebsten mit Dreierkette und zwei zentralen Spitzen. Dazu muss er aber einen halbwegs verletzungsfreien Kader zur Verfügung haben.

Urteil: Der Unterschied zwischen Heim- und Auswärtsspiel ist zu groß. Das sind völlig unterschiedliche Auftritte, und so muss der Trainer noch nachjustieren, einerseits in der Psyche, andererseits auch bei der Taktik, die zu wenig Souveränität und Spielkontrolle zur Folge hat, weil nicht alle Offensiven ausreichend nach hinten mitarbeiten.

Die Persönlichkeit: Daniel Thioune lässt sich nicht verbiegen, bleibt seiner Linie treu. Er spricht jetzt nicht anders mit seinen Spielern als in der Zeit, als sich ein Spiel ohne Niederlage an das andere reihte. Thioune kritisiert keinen Spieler direkt, sondern versucht positiv einzuwirken, bleibt nicht in den Problemen hängen, sondern sucht Lösungen. Erfolg oder Misserfolg verändern den Trainer offensichtlich nach innen und außen nicht, weil er sehr realistische Ansichten hat.

Fazit: Daniel Thioune ist der richtige Trainer am richtigen Ort. Seine Kritiker sollten beachten, dass er bei der Fortuna nicht unter idealen Voraussetzungen arbeiten kann. Damit sind die finanziellen Probleme bei der Zusammenstellung der Mannschaft und die verletzungsbedingten Ausfälle, ebenso wie das Ausbleiben eines „Wir-Gefühls“ rund um die Mannschaft gemeint, die gerade jetzt alle Unterstützung braucht.

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