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Erfolgreiche Aufholjagd lässt das Stadion explodieren

Thioune-Team macht "Fortuna für alle" zum Triumph

Foto: Imago

von Norbert Krings

Die Mannschaft von Fortuna Düsseldorf hat die Premiere von „Fortuna für alle“ zu einem großartigen Erlebnis gemacht. Beim überaus spektakulären 4:3 (1:3)-Erfolg gegen den 1. FC Kaiserslautern sorgten die Spieler von Daniel Thioune mit ihren Fehlern zunächst selbst dafür, dass sie eine besondere Aufholjagd starten mussten und diese auch tatsächlich gelang. Für die Zuschauer, die erstmals ein Heimspiel in der „ausverkauften“ MERKUR SPIEL-ARENA von Fortuna sahen, gibt es also keinen Grund, auf das nächste Heimspiel zu verzichten. Ein Wermutstropfen war der Wurf einer Plastik-Flasche, die Ragnar Ache unmittelbar nach dem 0:3 am Kopf traf und wohl Folgen haben wird.

Natürlich waren alle gespannt, wie sich die Stimmung in einem voll besetzten Stadion auf die Leistung der gastgebenden Mannschaft auswirkt. Schon lange vor Beginn in der bereits um 18 Uhr geöffneten MERKUR SPIEL-ARENA war die Atmosphäre eines großen Spiels würdig – und die Choreo auf beiden Seiten kurz vor dem Anpfiff dann mindestens ebenso. Dass danach ein solches Spiel mit einem irren Verlauf folgen würde, konnte aber zu Beginn niemand ahnen, geschweige denn darauf hoffen, so viele spekatakuläre Szenen und so viele kuriose Treffer zu erleben.

Daniel Thioune verzichtete zum Start auf den wieder genesenen Marcel Sobottka und den Isländer Isak Johannesson, dem er nicht die genügende Frische attestiert hatte. Dafür begann Yannik Engelhardt auf der Sechs und Ao Tanaka bekam eine neue Chance, sein oft verborgenes Können und seine Qualitäten zu zeigen. Ansonsten blieb das Team ohne weitere Änderungen, wenn man vom Stürmertausch – Vincent Vermeij für Daniel Ginczek – absieht. Immerhin war diesmal die Ersatzbank komplett mit Spielern der ersten Mannschaft gefüllt.

Das Spiel begann so, wie es sich alle erhofft hatten. Mit Tempo, großer Leidenschaft auf beiden Seiten und vielen Zweikämpfen. Das erste Mal, dass das Tor der Gäste in Gefahr kam, war in der siebten Minute, als Jordy de Wijs sich nach einer Ecke von seinem Gegenspieler lösen konnte und nahezu unbehindert zum Kopfball kam. Der Ball flog allerdings über die Torlatte. Das Spiel blieb schnell und umkämpft, wobei die Abwehrreihen auf beiden Seiten sehr aufmerksam waren. So blieben Torraumszenen zunächst Mangelware, wenn man von dem Flugkopfball (16.) von Vermeij absieht.

Felix Klaus setzt sich durch. Foto: Kuczera

Der Schockmoment, der bis auf den Lauterer Block das Stadion lähmte, kam in der 21. Minute, als Tzolis völlig unverständlicherweise den Ball zurückspielte auf die Höhe des eigenen Strafraums. Richmond Tachie schnappte sich den Ball, schoss aufs Tor. Und vom Rücken von Jordy de Wijs prallte der Ball so unglücklich ab, dass Florian Kastenmeier im Tor der Fortuna keine Chance hatte, den Treffer zum 0:1 zu verhindern.

Die Fortuna antwortete sofort, nur eine Minute später hatte Engelhardt das 1:1 auf dem Fuß nachdem Vermeij ideal im Strafraum zurückgelegt hatte. Ein Fuß eines Gästespielers kam aber noch dazwischen, so dass das Spielgerät über das Tor flog. Das Spiel nahm an Rasanz zu, im Gegenzug hätte Nicola Soldo per Kopf sogar erhöhen können. Er traf den Ball aber nicht richtig. Doch wenig später war es dann geschehen: Nach einer scharfen Hereingabe war diesmal Jamil Siebert der Pechvogel, der den Ball beim Klärungsversuch ins eigene Tor bugsierte.

Wenig später, genau gesagt zwei Minuten nach dem 0:2 lag der Ball erneut im Tor der Fortuna. Siebert hatte versucht den Ball zu klären und dabei war sein Versuch abgeblockt worden. Marlon Ritter, der bereits am 2:0 maßgeblich beteiligt war, konnte dann ungestört auf Kastenmeier zulaufen. Einmal konnte Fortunas Keeper abwehren, im Nachschuss war Ritter aber dann zum 3:0 erfolgreich. Die Köpfe bei der Fortuna gingen aber nicht runter. Wenig später gab es Freistoß vor dem Tor der Lauterer. Felix Klaus scheiterte noch aber Ao Tanaka erzielte im zweiten Nachschuss das umjubelte 1:3, was den Fans auf den Rängen wieder ein wenig Mut gab.

Emma Iyoha trifft zunächst nur die Latte

Also in Sachen Action konnte sich niemand im Stadion beschweren, auch wenn die falsche Mannschaft in den Augen der meisten Zuschauer bis dahin vorne lag. Aber die Fortunen kämpfen leidenschaftlich, nachdem zumindest die ersten beiden Gegentreffer sehr unglücklich in der Entstehung waren. Dennoch hatten drei böse (Abwehr-)Fehler die Treffer der Gäste sehr erleichtert, die mit zwei Toren Vorsprung in die Pause gingen.

Dass die Fortunen alles geben würden, um das Spiel zu drehen, bezweifelte wohl niemand unter den Zuschauern. Isak Johannesson war für den völlig enttäuschenden Christos Tzolis ins Spiel gekommen. Und es ging tatsächlich großartig los. Erst traf Emma Iyoha aus 20 Metern mit einem Schlenzer die Latte, dann traf Matthias Zimmermann mit einem abgefälschten Schuss zum 2:3. Doch die Zahl der Fehler wurde nur geringer auf Fortunas Seite, ganz abstellen konnte die Mannschaft diese nicht. Und das spielte immer wieder dem Gegner in die Karten.

Fortuna nahm nach dem Anschlusstreffer ein wenig Risiko aus dem Spiel, denn ein Tor Rückstand sollte sich auch ohne zu viel zu riskieren, aufholen lassen. Doch so lange mussten die Fortuna-Fans gar nicht warten. Neun Minuten später hieß es tatsächlich bereits 3:3. Matthias Zimmermann spielte Felix Klaus wunderbar in den Strafraum in den Lauf. Der Flügelstürmer der Fortuna hatte wenig Probleme, den Ball an FCK-Keeper Julian Krahl vorbei zum 3:3 ins Tor zu schießen.

Ao Tanaka schießt mit seinem zweiten Treffer den Sieg heraus

Der Wahnsinn ging weiter. Nach 18 Minuten in der zweiten Hälfte war das Spiel gedreht. Jordy de Wijs spielte Vermeij an, der legt auf Ao Tanaka ab. Der Japaner machte eine halbe Drehung, zeigte seine hervorragende Schusstechnik und ließ die MERKUR SPIEL-ARENA kurzzeitig explodieren. 4:3 hieß es, und manche konnten es nicht glauben, dass die Leidenschaft diesen Berg versetzt hat. Allerdings muss man auch betonen, dass die Kaiserslauterner in der Defensive auch sehr amateurhaft anstellten. Das wurde auch beim Schuss von Engelhardt (74.) deutlich, als dieser den rechten Außenpfosten traf.

Doch das Zittern unter den Fortuna-Fans vor Aufregung ließ nicht nach, denn natürlich spielte Kaiserslautern auf den Ausgleich, und den sattelfesten Eindruck, den die Mannschaft von Daniel Thioune zu Beginn der Saison in der Defensive vermittelt hatte, war nicht unbedingt zu erkennen. Dafür war der Kampfgeist der große Trumpf der Gastgeber. Mit der großartigen Unterstützung der Fans brachte die Fortuna dieses Spiel glücklich über die Zeit.

Statistik:
Fortuna: Kastenmeier – Zimmermann, Siebert, de Wijs, Iyoha – Engelhardt – Klaus (83. Uchino), Tanaka, Appelkamp (80. Sobottka), Tzolis (46. Johannesson) – Vermeij (80. Niemiec)
Kader Fortuna: Niemczycki – Ginczek, Oberdorf, Jastrzembski
Kaiserslautern: Krahl – Elvedi, Tomiak, Soldo – Zimmer (86. Hercher), Niehues (62. Opoku), Raschl, Redondo – Ritter (74. Clemens) – Tachie (74. Lobinger), Ache (46. Boyd)
Schiedsrichter: Benjamin Brand (Unterspiesheim/Note: 3)
Zuschauer: 52.000 (voll besetzt)
Tore: 0:1 (21.) Tachie, 0:2 (30.) Eigentor Siebert, 0:3 (32.) Ritter, 1:3 (36.) Tanaka, 2:3 (48.) Zimmermann, 3:3 (57.) Klaus, 4:3 (63.) Tanaka
Gelbe Karten: Klaus (3.), Uchino (2.), Sobottka (2.), Vermeij (1.) / Redondo
Beste Spieler: Tanaka,  Zimmermann / Redondo, Ritter
Spielnote: 1,5
Besonderheit des Spiels: Es war der Moment, als das 4:3 für die Fortuna fiel und alles andere im Jubel keine Rolle mehr spielte. Besser kann bei einem so besonderen Spiel der Verlauf nicht sein.
Spielfazit: Fortuna lädt den Gast in den ersten 30 Minuten mit vielen Fehlern zum Toreschießen ein. Nach dem 1:3 bekommt das Spiel einen völlig anderen Verlauf. Mit großer Leidenschaft bringt die Thioune-Elf sogar einen Sieg nach Hause – vor frenetisch mitgehenden Fans.

Noten der Fortunen:
Kastenmeier 2,5 – Zimmermann 2, Siebert 3, de Wijs 3, Iyoha 2,5 – Engelhardt 3 – Klaus 2,5, Tanaka 1,5, Appelkamp 3, Tzolis 5 – Vermeij 3,5 / Johannesson 3

Reaktionen:
„Das war ein wilder Ritt. Uns war in der Pause klar, dass auch bei einem 3:1-Vorsprung in Düsseldorf noch viel passieren kann. Es kam dann genauso. Das war von unserer Seite teilweise völlig abenteuerlich, was wir da in der Defensive gemacht haben. Wir müssen uns an die eigene Nase fassen, dass wir 20 Minuten so schlecht verteidigt haben. Wir werden etwas brauchen, um diese Niederlage zu verdauen.“
Dirk Schuster, Trainer des 1. FC Kaiserslautern

„Für mich ist die Einordnung schwer. Wir haben auch den Gast auf dem Feld bei Fortuna für alle eingeladen. So viel haben wir nicht falsch gemacht. Bei den Toren der Lauterer hatten wir auch unsere Aktien drin. Wir wollten so etwas nicht haben, wenn die Party so angerichtet ist. Der Anschlusstreffer war da plötzlich da, und das Stadion hat etwas gerochen. Wir haben umgestellt, weil wir keinen Druck über die Außenbahnen bekommen konnten. Das hat gut funktioniert. Ich freue mich maßlos über diesen Sieg nach den schlechten ersten 30 Minuten. Ich bin unfassbar stolz, dass wir die Mannschaft der Stunde bezwungen haben. Das ist mir auch noch nicht passiert, dass ich mit meinem Team 0:3 zurücklegen und dann noch gewonnen habe. Es war ein besonderes Erlebnis.“
Daniel Thioune, Trainer der Fortuna

„Das habe ich so auch noch nie erlebt. Mir ist es aber auch egal, Hauptsache, wir haben das Spiel gewonnen. So schnell bin ich noch nie zur gegnersichen Eckfahne gesprinter, wie nach dem 4:3.“
Florian Kastenmeier, Torwart der Fortuna

„Das sind außergewöhnliche Tage, die man so häuftig nicht erlebt. Es ist gut, dass gerade bei diesem Spiel so viele Leute im Stadion waren. In einigen Situationen waren wir nicht ganz bei uns. Dass wir es geschafft haben, einen Mitkonkurrenten geschlagen haben – nach einem 0:3 – das kann man hoffen, aber nicht planen. Sportlich war das mege, mega wichtig.“
Klaus Allofs, Sportvorstand der Fortuna

„Das war das erste Mal, dass ich eine so wichtige Szene kurz vor Schluss so gut klären und meinen Teil zu diesem Erfolg beitragen konnte. Das war das skurillste Spiel in meiner Karriere. Wir sind mit dem Trainer genau so ein Szenario, das wir in Rückstand gehen, vor dem Spiel durchgegangen. Das haben wir dann mit einingen unglücklichen Situationen dann auch noch übertrieben. Und so war es noch schöner, dass wir das Spiel tatsächlich  noch drehen und gewinnen konnten.“
Emma Iyoha, Abwehrspieler der Fortuna

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