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Wie genial (daneben) ist Fortunas Projekt?

Verein stellt sich als innovativer Wegbereiter ins Feuer

Foto: Kenny Beele

von Norbert Krings

„Fortuna für alle“ hat Fußball-Deutschland in Bewegung und zum Nachdenken gebracht. Der Verein hat einen innovativen Schritt gemacht, der sich von allen Bestrebungen nach Gewinnmaximierung in der Lieblingssportart der Deutschen abzuwenden scheint. Die Konkurrenz verfolgt das Projekt mit großem Interesse. Nachahmer wird es hingegen erst einmal nicht geben, wenn man die Reaktionen, aber auch das bewusste Schweigen mancher Erst- und Zweitligisten registriert. Fortuna geht damit einen Weg, der mutig ist und endlich das erfüllt, was alle gefordert haben – eine Idee zu entwickeln, um sich dem Imageverlust des Profi-Fußballs entgegenzustellen.

Natürlich gibt es Bedenken und Widerstand gegen das Projekt – auch in Düsseldorf und bei so manchen Fans, die gerne ein „Weiter so“ und die Beschwörung der Tradition auch fortan gelebt hätten. Auch das Vorpreschen der Vereinsführung, ohne das Vereinsorgan Mitgliederversammlung dezidiert nach der Meinung zu befragen, wird kritisiert. Doch hätte sich das Konzept vorher herumgesprochen, wäre es nicht in dieser Form zu realisieren gewesen.

Ohne Investor ist ein innovativer Weg für den Verein überlebenswichtig

Auch wenn sich „Fortuna für alle“ wie ein Spruch anhört, den man ähnlich gerne in Kneipen oder im Festzelt hören möchte, verbirgt sich dahinter eine ernste Absicht, einen Klub aus einem Zustand zu befreien, der sich zwischen Baum und Borke bewegt. Wenn Fortuna ein eingetragener Verein bleiben will, muss sie die ausgetretenen Wege verlassen, um ohne Investor und größere Einflussnahme von außen überleben und Erfolg haben zu können.

Blumen für Fortunas Vorstand? Noch ist es zu früh, von einem Erfolg des neuen Weges zu sprechen. Mutig ist er hingegen in jedem Fall. Foto: Imago

Dass sich Unternehmen gefunden haben, den Weg zu unterstützen und der „Ausgleichstopf“ inzwischen so gut gefüllt ist, dass Fortuna eine Pilotphase planen kann, zeigt, dass die Idee bei den Partnern nicht ganz so schlecht angekommen ist. Das hängt auch mit der Aufteilung der Gelder zusammen, denn weder die Stadt noch eine Provinzial Versicherung wären ins Boot eingestiegen, wenn es nicht auch um Nachhaltigkeit gehen würde. Wie allerdings es um die Transparenz der Gelder steht, daraus wird sich ein interessantes Szenario ergeben.

Von außen kann dann jeder nun erkennen, wie viel in den Profisport, wie viel in die Infrastruktur und wie viel in den Nachwuchs- und Frauenfußball-Bereich fließen werden. Immerhin wurde größtmögliche Transparenz versprochen. Doch so ganz klar wurde nicht, ob die 45 Millionen, die von der Fortuna genannt wurden, ein Gesamtetat darstellen oder nur auf fünf Jahre gerechnet die Summe ergibt, die die Zuschauereinnahmen ersetzen wird. Naiv gedacht, reichen 45 Millionen Euro nicht, um direkt alle 17 Heimspiele der kommenden Saison „frei“ zu geben? Die Pilotphase mit drei Spielen kann offensichtlich nur der Anfang sein, und es muss schnell mehr folgen, sonst würde man die Partner auch maßlos enttäuschen. Es wartet also viel Arbeit auf den Verein, der sein gesamtes Ticketing-System umstellen muss.

Ticketing-System muss so gut sein, dass es alle zufriedenstellen kann

Das wird bei den Fans, Dauerkartenbesitzern und normalen Besuchern für Probleme sorgen, die aber nicht in großen Ärger ausarten dürfen. Denn ein Losverfahren wird nötig sein, wenn Mannschaften wie Schalke, Hertha oder der Hamburger SV in der MERKUR SPIEL-ARENA antreten werden. Ob Fortuna dann dem Andrang in gerechter Form Herr werden wird, muss sich zeigen, ist aber ein sehr ernster Auftrag. Denn verärgern möchte der Traditionsverein vor allem seine treusten Fans nicht.

Sportlich könnte die Aufstockung des Etats die Folge haben, dass eine Verstärkung der Mannschaft in gewisser Art und Weise – also mit einem höheren Profi-Etat – möglich sein wird. Immerhin wurde die Lizenz für die erste und zweite Liga vor kurzem dem Verein mit der Kenntnis des Projektes erteilt. Also war darin das neue Konzept mit inbegriffen. Das heißt Fortuna darf tatsächlich (zum Teil) ohne Zuschauereinnahmen planen.

Man kann nur hoffen, dass in Düsseldorf alle anderen Vereine nicht bedeutungstechnisch dadurch unter den Tisch fallen. Die Stadt muss aufpassen und dafür sorgen, dass die Aufmerksamkeit sich nicht nur auf die Fortuna richtet. Die DEG kann nicht auf die Zuschauereinnahmen verzichten, weil sie prozentual eine noch größere Säule im Etat darstellen. Das gilt auch für die ART Giants im Basketball und andere. Aber auch die Amateurvereine in vielen Sportarten müssen sehen, wie sie mit diesem Konzept umgehen und vielleicht aber auch noch davon profitieren können – wenn, wie versprochen, von Fortuna eingenommenes Geld zum Teil in den Breitensport in Düsseldorf fließt.

Der Fußball in Deutschland ist zuletzt langweiliger geworden und schien nur noch wirtschaftlichen Interessen zu folgen. Die Eintrittspreise stiegen zuverlässig, die Leistungen der Spieler auf dem Rasen erzeugten nur noch wenig Begeisterung. Der Fußball wird seinen Wert in Düsseldorf eher durch das Projekt steigern denn verlieren. Der Mut des Vereins wird honoriert, und Fortuna ist europaweit – zumindest fußballtechnisch – im Gespräch. Das wird hoffentlich weitere Partner anlocken, die dem Konzept eine Chance geben und ein zukunftsträchtiges Modell unterstützen. Dann heißt es nicht mehr nur „Fortuna für alle“ sondern auch wieder „Fußball für alle“. Dann wäre Fortunas Idee tatsächlich genial und nicht daneben.

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