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Kastenmeier – der Held vom Millerntor

6:5 - Fortuna erreicht das DFB-Pokal-Halbfinale

Foto: Imago

von Norbert Krings

Fortuna Düsseldorf hat das Halbfinale im DFB-Pokal erreicht. Nach einem großartigen Kampf und einem taktisch sehr guten Spiel gewann das Thioune-Team trotz einiger Rückschläge mit 6:5 nach Elfmeterschießen. In der ultimativen Entscheidung sorgte Fortuna-Keeper Florian Kastenmeier mit drei gehaltenen Elfmetern, wovon einer wiederholt worden war, für den Triumph – gemeinsam mit Christos Tzolis, der den letzten Elfmeter verwandelte.

Daniel Thioune setzte bis auf eine Ausnahme auf die Elf, die auch am Samstagabend gegen den FC St. Pauli gespielt hatte. Felix Klaus kam für Jona Niemiec in die Mannschaft, der sich im Pokal als bereits als Joker ausgezeichnet hatte. Die Bank war diesmal auch komplett gefüllt. Dort saßen nicht nur die beiden neuen Spieler der Fortuna, Joshua Quarshie (Innenverteidiger) und Marlon Mustapha, sondern auch Matthias Zimmermann, der sich auch als Motivator dort betätigte. Bei St. Pauli hat es drei Wechsel gegeben, unter anderem stand Pokal-Torhüter Sascha Burchert für Nikola Vasilj zwischen den Pfosten.

Der Trainer von Fortuna Düsseldorf war bereits einmal in einem Pokal-Halbfinale, mit dem VfB Lübeck im März 2004 und scheiterte danach an Werder Bremen. Thioune hatte das zwar im Hinterkopf, aber brannte diesmal genau wie seine Spieler auf diese aktuelle und sehr besondere Begegnung. Und da die Fortuna in dieser Saison auswärts erfolgreicher ist als in Heimspielen und Fortunas Cheftrainer noch deutlich Steigerungsbedarf bei allen seiner Spieler am Samstag vor dem Anpfiff sah, wollte er die Chancen seiner Mannschaft auch vorher bestimmt nicht klein reden. Das erste Ziel war, kein frühes Gegentor zu kassieren.

Diesmal hatte St. Pauli ebenfalls wie am Samstagabend zunächst leichte Feldvorteile. ohne aber in den ersten zehn Minuten zu Abschlüssen zu kommen. Die Gäste versuchten es im eigenen Ballbesitz mit langen Passagen, um Sicherheit zu erlangen und den Gegner möglichst viel laufen zu lassen. So ging es auch immer wieder hinten herum. Bitter lief das Spiel für Emma Iyoha, der nach gespielten neun Minuten mit einer Bauchmuskel-Zerrung vom Platz geführt werden musste. Takashi Uchino kam für ihn ins Spiel.

Vincent Vermeij verwandelt den an ihm verursachten Elfmeter sicher

Der erste ernsthafte Abschluss gelang Ao Tanaka (15. Minute), der allerdings das Tor um zwei Meter verfehlte. Doch insgesamt wirkte die Fortuna wacher und frischer als am Samstag. Auch offensiv sah das besser aus, weil die Gäste in dieser Phase den Raum gut zu nutzen wussten. Pauli die ihren Aufbau sehr langsam starteten, um dann überfallartig anzugreifen, kam aber langsam besser ins Spiel. Eine echte Chance hatten die Hamburger aber in der ersten halben Stunde nicht.

Und dann kam es zum erhofften Konter der Fortuna, als Yannik Engelhardt seinen Kumpel Vincent Vermeij in der 35. Minute auf den auf den Weg schickte. Pauli-Keeper Burchardt foulte den Niederländer im Strafraum. Aber erst nach einer Video-Botschaft aus dem Kölner-Keller wurde dann entschieden, dass es tatsächlich einen Strafstoß gab und die Abseitsentscheidung des Linienrichters aufgehoben wurde. Vermeij verwandelte ganz sicher zum 1:0. Endlich mal wieder eine Führung für die Fortunen. Allen Düsseldorfern fiel zumindest in dieser Hinsicht ein großer Stein vom Herzen.

Die Platzherren versuchten zu reagieren und ihr Aufbauspiel beschleunigte sich, während die Fortunen nun versuchten, noch mehr Ruhe ins Spiel und den Vorsprung in die Pause zu bringen. Das gelang, aber die Gäste mussten alles in die Waagschale werfen. „Wir haben uns nicht nur auf Marcel Hartel konzentriert, sondern auch guten in den Räumen bewegt, um dem Gegner die Anspielstationen zu nehmen“, sagte Fortunas Sportdirektor Christian Weber zur Pause. Grund zu einem weiteren Wechsel auf Düsseldorfer Seite gab es nicht. Die Hamburger wechselten gleich zweimal. Elias Saad und Manolis Saliakas kamen für Lars Ritzka und Etienne Aminyido.

Ao Tanaka trifft zum 2:1. Foto: Imago

Die Kiezkicker nahmen nun Tempo auf, standen deutlich höher und versuchten den Gegner auch durch lange Bälle in größere Gefahr zu bringen. Die Fortunen blieben ihrem Spiel treu und stellten die Gegenspieler gut zu. Doch mal wieder konnte die Mannschaft ihr Spiel nicht durchziehen, weil ein unnötiges Foul von Ao Tanaka an Philipp Treu zum Elfmeter führte. Es war so ärgerlich, einen Gegner wieder stark zu machen, der bis dahin keine einzige Torchance hatte. Das fällt mal wieder unter die Kategorie – dummes Gegentor. Denn Treu hatte sich vom Tor abgedreht und wäre nicht gefährlich geworden. Marcel Hartel verwandelte den Strafstoß sicher zum 1:1 nach einer Stunde.

Der Kampf ging weiter, die Hamburger spielten aber nun mit deutlich mehr Kontrolle und versuchten gerade über die Flügel mehr Gefahr zu entwickeln. Fortunas Trainer brachte den laufstarken Christoph Daferner für den inzwischen müder wirkenden Vermeij als vorderste Spitze. Das Spiel sah zwar jetzt Hamburger, die mehr vom Spiel hatten, aber die Fortuna geriet nicht so sehr unter Druck, machte aber nach vorne in dieser Phase zu wenig.

Das Spiel war nun rein taktisch geprägt, in den letzten Minuten wollten beide Mannschaften sich keine Blöße geben und kein zu hohes Risiko eingehen. Und dann kam drei Minuten vor dem Ende auch der Pokal-Joker der Fortuna. Jona Niemiec löste den ebenfalls müde gespielten Felix Klaus ab. Doch zu einem Treffer reichte es in der regulären Spielzeit, die zuletzt auch wenig Spannung bereithielt, nicht mehr.

In die Verlängerung ging es dann mit weiteren Wechseln auf Düsseldorfer Seite. Joshua Quarchie kam für den angeschlagenen Jordy de Wijs, und tatsächlich gab auch Matthias Zimmermann (für Johannesson) sein Comeback – und das machte er im Mittelfeld. Die Hamburger hatten zu diesem Zeitpunkt bereits viermal getauscht, ergriffen aber zu Beginn der ersten Hälfte der Verlängerung weiterhin mehr die Initiative als die Gäste.

Ao Tanaka macht seinen Fehler wieder gut und trifft zum 2:1

Und in der 97. sorgte dann Joshua Quarshie für einen absoluten Schreckmoment, als er den Ball wegschlagen wollte, aber diesen nicht richtig traf. Hartel kam frei an den Ball, schoss aber unbedrängt über das Düsseldorfer Tor – Glück gehabt Fortuna. Und auf der Gegenseite hatte dann Sascha Burchert nicht nur ebenso einen Schreckmoment, sondern der Hamburger Keeper patzte nach einem Flatterball von Daferner so sehr, dass Ao Tanaka reinrutschen und das 2:1 für die Fortuna erzielen konnte.

Das musste doch reichen, weil die Fortunen weiterhin um jeden Ball kämpften, unglaublich laufstark agierten und die Hamburger einfach nicht ihr Spiel fanden, weil es ihnen der Gegner so schwer machte. Bis auf die Hartel-Chance gab es nur eine weitere Torgelegenheit, die aber Quarshie mit bereinigte. Eine Viertelstunde musste die Fortuna noch durchhalten, war aber auch bestimmt nicht die schwächere Mannschaft, vor allem taktisch waren die Fortunen hervorragend eingestellt.  

Doch es reichte nicht, um die Verlängerung siegreich über die Bühne zu bringen. Ein langer Ball von Danel Sinani in den Strafraum köpfte Carlo Boukhalfa zum 2:2 in der 121. Minute zum 2:2 ein. Das durfte doch nicht wahr sein! Doch es war so, und nun ging es auch noch ins Elfmeterschießen. Eigentlich schien da diesmal die Fortuna bereits geschlagen, nachdem Christoph Daferner verschossen hatte. Doch Florian Kastenmeier schwang sich zum Helden auf. Erst parierte er gegen den Brasilianer Maurides, dann kam es erneut zum Duell mit Marcel Hartel. Den ersten Elfmeter des Matchwinners von Samstag parierte der Düsseldorfer Torhüter. Doch er hatte zu weit vor dem Tor gestanden. Doch auch den zweiten Versuch Hartels konnte er mit einer großartigen Parade abwehren. Dann gab er noch Christos Tzolis die besten Wünsche mit auf den Weg. Und der Grieche schaffte es. Er brachte mit seinem „arroganten“ Elfmeter in die Tormitte die Fortuna ins Halbfinale – Wahnsinn!!!

Statistik:
St. Pauli: Burchert – Wahl, Smith, Mets – Treu, Kemlein (74. Buokhalfa), Hartl, Ritzka (46. Saliakas) – Afolayan (99. Sinani), Eggestein (74. Maurides), Amenyido (46. Saad)
Fortuna: Kastenmeier – Iyoha (10. Uchino), Hoffmann, de Wijs (91. Quarchie), Gavory – Engelhardt – Klaus (86. Niemiec), Tanaka, Johannesson (91. Zimmermann), Tzolis – Vermeij (67. Daferner)
Kader: Niemczycki – Suso, Mustapha, Jastrzembski
Schiedsrichter: Sascha Stegemann (Niederkassel/Note: 3, ließ sich von der Atmosphäre am Millerntor nicht beeindrucken und blieb seiner Linie bis zum Ende treu, auch wenn nicht jede Entscheidung richtig war. Allerdings hätte er auch einen Handelfmeter gegen die Fortuna geben können)
Zuschauer: 30.000
Tore: 0:1 (38. F.E.) Vermeij, 1:1 (60. F.E.) Hartel, 1:2 (99.) Tanaka, 2:2 (120. +1) Boukhalfa
Elfmeterschießen: 3:2 Smith, 3:3 Hoffmann, 4:3 Saad, Daferner verschießt, 5:3 Sinani, 5:4 Engelhardt, Maurides verschießt, 5:5 Tanaka, Hartel verschießt zweimal, nachdem sich Kastenmeier zunächst zu früh bewegt hatte, 6:5 Tzolis
Gelbe Karten: Burchert, Saliakas, Saad, Mets / Hoffmann
Gelb-Rot: Pauli-Trainer Hürzeler
Spielnote: 3,5 (Verlängerung und Elfmeterschießen 1,5)
Beste Spieler: Tanaka, Engelhardt / Smith
Besonderheit des Spiels: Das waren natürlich die großartigen Paraden von Florian Kastenmeier gegen die beiden Strafstöße von Marcel Hartel, der im Ligaspiel die Fortuna noch mit zwei Treffern düpiert hatte.
Spielfazit: Fortuna hat einen großen Kampf geliefert, taktisch hervorragend gespielt, wenige Chancen des Gegners zugelassen und auch noch großartig am Ende die Nerven behalten. Letztlich hat die Fortuna mehr als verdient gewonnen nach einer geradezu brutalen Dramaturgie.

Noten der Fortuna-Spieler:
Kastenmeier 1,5 – Iyoha -, Hoffmann 2, de Wijs 2,5, Gavory 3,5 – Engelhardt 1,5 – Klaus 3,5, Tanaka 1,5, Johannesson 3,5, Tzolis 3 – Vermeij 3 /// Uchino 3,5, Daferner 3, Niemiec 3, Quarshie 3, Zimmermann 2

Reaktionen:
„Das Siegtor war ein so cooler Moment nach dem Tiefschlag in der 120. Minute. Es war maximal stark von dieser Mannschaft, sich gegen diese Widerstände aufzulehnen und letztlich zu triumphieren. Bei der Elfmetern von Hartel war es großartig, dass Florian Kastenmeier dann den Ball gleich zweimal gepflückt hat, nachdem er vielleicht bei 2:2 den Ball auch pflücken musste. Es bedeutet mir sehr viel, im Halbfinale zu stehen. Es ist ein unglaubliches Gefühl. Ich freue mich sehr auf dieses Spiel. Mein Traum ist aber Berlin, und dann macht in Berlin auch das Verlieren keinen Sinn mehr.“
Daniel Thioune, Trainer der Fortuna

„Ich bin unglaublich stolz. Es war eine Riesenlast, die nach unserem Erfolg von uns abgefallen ist. Das damalige Pokal-Drama in Nürnberg kam mir in den Kopf, und das hatte mich damals sehr mitgenommen. Nun ist es vergessen gemacht. Wir hatten die Jetzt-erst-Recht -Metalität. Ich bin sehr glücklich für Mannschaft, Staff und den Verein.“
Andre Hoffmann, Kapitän der Fortuna

„Es war sehr emotional. Vielleicht realisiere ich das morgen, was das für großartige Augenblicke waren. Beim Ausgleich zum 2:2 hätte ich den Ball zwar runterpflücken müssen. Am Ende konnte ich es wieder gutmachen. Für Marcel Hartel tut es mir leid. Jetzt hoffe ich, dass es nun endlich mal ein Heimspiel wird im Halbfinale.“
Man of the Match, Florian Kastenmeier

„Wir haben nicht über 90 Minuten das gespielt, was wir können. Im Großen und Ganzen waren wir die spielbestimmende Mannschaft. Wir hätten aber bessere Lösungen finden müssen. Zum Ende war es Lotterie mit Fortuna als glücklichem Sieger.“
Fabian Hürzeler, Trainer des FC St. Pauli

Christos Tzolis verwandelt den entscheidenden Elfmeter. Foto: Imago

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