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Jona Niemiec hat das Zeug zum Star

Er ist schnell, torgefährlich und bleibt auf dem Boden

Foto: Imago

von Norbert Krings

Er trägt die Trikotnummer 39. Er wirkt deutlich größer als die in der Statistik angegebenen 188 Zentimeter und ist so schnell wie kaum ein anderer in der Mannschaft von Fortuna Düsseldorf. Jona Niemiec durfte sich am vergangenen Freitag über sein erstes Tor für die Lizenzspielermannschaft freuen, und jeder, der die Fortuna im Herzen trägt, hat dieses Erfolgserlebnis dem 21 Jahren alten Vollblutstürmer gegönnt. Doch noch mehr könnte ihn ihm stecken. Wer ihn in seinen Bewegungsabläufen und seiner Technik genau beobachtet, kann sich vorstellen, dass er eine große Karriere vor sich hat – falls er richtig gefördert und behutsam aufgebaut wird.

Dabei hatte für ihn alles an diesem vermaledeiten 8. Februar in Nürnberg wie in einem schlecht inszenierten Horrorfilm begonnen. Erstmals spielte der Youngster, der im Nattenberg-Stadion von Rot Weiß Lüdenscheid seine ersten Schritte im Vereinsfußball gemacht hatte, ausgerechnet im DFB-Pokal-Achtelfinale für die erste Mannschaft von Fortuna Düsseldorf. Eigentlich sollte er höchstens zwei Minuten mitwirken, nachdem er in der Nachspielzeit für den ausgepumpten Dawid Kownacki eingewechselt worden war. Es stand zu diesem Zeitpunkt 1:0 für Fortuna und niemand wusste zu diesem Zeitpunkt, welch dramatische Wendung dieses Spiel für Fortuna und Jona Niemiec noch nehmen sollte.

Eine halbe Stunde später, nach einem Last-Minute-Ausgleich in der 95. Minute durch den Ex-Fortunen Taylan Duman und einer klar überlegen von den Gästen geführten Verlängerung lief Niemiec mit einem Abwehrspieler der Nürnberger auf das Tor der Gastgeber zu und wurde dabei in letzter Sekunde vor dem Strafraum gefoult. Der Clubberer Florian Flick hatte den Düsseldorfer Joker über die Klinge springen lassen. Die Rote Karte half nur den Nürnbergern ins Elfmeterschießen. Alle Akteure trafen – Duman im zweiten Anlauf – nur Jona Niemiec scheiterte. Trotzdem wurde er von den Fans gefeiert, weil er den Mut hatte, zum Elfmeterschießen anzutreten, anders als manch anderer seiner erfahreneren Mannschaftskameraden. „Ich war sehr traurig, weil es mir für die Mannschaft sehr leidgetan hat“, sagte Jona Niemiec nach dem Ausscheiden. „Die Jungs haben mich aber dann wieder sehr gut aufgefangen.“

Im Juni 2022 hatte Niemiec schon einmal mit den Profis gespielt

Niemiec selbst haben auch alle Fans trotz des großen Frustes verziehen, manch anderem Spieler zunächst nicht. Umso mehr wurde der 21-Jährige gefeiert, als er bei der Mannschaftsaufstellung vor dem Spiel gegen Sandhausen genannt wurde und später noch mehr, nachdem er die erste Vorlage zu dem Tor zum 2:0 gegeben hatte. „Es ist alles sehr aufregend. Die Qualität ist größer, das Tempo höher“, sagte Niemiec zu seiner Liga-Premiere. „Daran muss man sich gewöhnen.“ Auch daran, dass seine ganze Familie bei Heimspielen der Fortuna mit auf der Tribüne sitzt. Das war in Sprockhövel, seiner zweiten Station als Fußballer genauso selten der Fall wie dann danach bei seinen Spielen für Fortunas U23. Nur im Sommer hatte er zwei Wochen mit den Profis trainiert und auch im Test beim VfB Hilden (5:0) neun Minuten Wettkampfluft nach seiner Einwechslung für Shinta Appelkamp schnuppern können.

Niemiec wollte seinem Team noch mehr zurückgeben, als er erfuhr, dass er in Fürth von Anfang an spielen durfte. Seine Ansätze, seine Läufe und zielgenauen Pässe wurden registriert. Trotzdem musste er nach einer guten Stunde seinen Platz räumen – vielleicht zu früh, wie die Experten meinten. Denn nur kurzfristig lief es dann besser, nachdem Kristoffer Peterson zum 1:2 getroffen hatte. Doch Daniel Thioune will seinen „neuen“ Stürmer, der das Tempo hat, dass der Trainer immer wieder gefordert hatte, nicht verheizen, versucht die Lobeshymnen zu dämpfen, um den jungen Mann nicht abheben zu lassen. So baute Thioune vor und erklärte, dass Niemiec eher ein Spieler für Kontersituationen und die Tiefe sei. So dass er gegen einen hinten massiert stehenden Gegner wie Braunschweig zunächst nicht der richtige Mann sei.

Jona NIemiec freut sich über sein erstes Tor im Profi-Bereich. Foto: Imago

Dass dem 21-Jährigen dann später das 3:1 gelang, gibt einerseits denjenigen Recht, die in ihm einen Stürmer sehen, der sofort und überall zünden kann. Andererseits bestätigt das Zustandekommen des Treffers auch den Trainer, weil Matthias Zimmermann seinen jungen Mannschaftkameraden mit einem Steilpass auf den Weg zum 3:1 schickte, als der Gegner aufgerückt war. Da sah jeder, dass Niemiec Raum braucht, ihn aber dann auch zu nutzen weiß. Denn sein erstes Tor in der 2. Liga war das Resultat von Schnelligkeit, Abgebrühtheit und Nervenstärke, als er allein auf den gegnerischen Torhüter zulief und eiskalt auf die kurze Ecke zielte und zur endgültigen Entscheidung zugunsten der Fortuna traf.

„Das war schon ein unbeschreibliches Gefühl“, sagte Jona Niemiec, als er dann auch den Medien Rede und Antwort nach diesem Erfolgserlebnis stand. „Ich hatte sogar zunächst selbst gedacht, dass ich beim Pass von Zimbo im Abseits gestanden hätte.“ So wurde ihm etwas von seinem verdienten Jubel genommen, weil erst der Videobeweis die gehobene Fahne des Linienrichters als Fehlentscheidung entlarvte. „Alle haben sich für mich gefreut, ich bin super-dankbar.“

Fortuna sollte schnell Nägel mit Köpfen machen

Ein solcher Kaltstart im Profibereich war nach längeren Verletzungspausen, einer Sperre und Formschwankungen in der U23 nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Doch ganz schnell hat es sich herumgesprochen, dass bei der Fortuna ein Talent spielt, das noch keinen Profivertrag hat. Andere Vereine wurden aufmerksam, inzwischen hat aber auch die Fortuna selbst die Gespräche zu einem Vertragsabschluss aufgenommen. Alles andere wäre auch fatal, da besteht absoluter Handlungsbedarf, denn Niemiec hat alles, was ein guter Stürmer im Profibereich benötigt. Gerade seine Schnelligkeit ist ein großes Pfund, was er in die Waagschale werfen kann. Wenn es Fortuna nicht verpatzt, kann Jona Niemiec ein Pfeiler einer neuen, erfolgreichen Mannschaft in Düsseldorf werden. Zuzutrauen ist es ihm, dass er noch ganz andere (unbeschreibliche) Erfolgserlebnisse feiern kann.

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