von Norbert Krings
Für alle Fortuna-Fans und vermeintlichen Experten, die nicht mehr an eine weitere Möglichkeit einen Aufstiegsplatz anzugreifen, geglaubt haben, muss es ein kleiner, süßer Schmerz sein. Mit einem Sieg gegen den Hamburger SV am Freitagabend würde sich Fortuna Düsseldorf in der 2. Bundesliga tatsächlich auf vier Punkte an den ehemaligen Bundesliga-Dino heranpirschen und die Liga im Aufstiegskampf noch einmal spannend machen. Das hatten viele Menschen im Umfeld des Vereins nicht mehr für möglich gehalten, der Autor dieses Artikels übrigens auch nicht. Was nötig ist und wie die Chancen stehen, das Unmögliche noch möglich zu machen, werden wir nun hiermit bewerten.
Historie: Erfolge gegen den Hamburger SV gibt es nicht von der Stange. Der letzte Sieg einer Fortuna-Mannschaft gegen die Hanseaten datiert aus dem Jahr 2012. Das ist am Freitag 3280 Tage her und war ein 2:0-Erfolg am 13. Spieltag nach der Rückkehr in die Bundesliga 2012/2013. Noch länger liegt allerdings ein Sieg der Hamburger in Düsseldorf zurück, und den gab es am 3. August 2009, als sich die Fortuna im DFB-Pokal nach Elfmeterschießen und einem großen Kampf mit 1:4 im Elfmeterschießen geschlagen geben musste. Damals hatte Lumpi Lambertz das 3:3 in der letzten Minute der Verlängerung geschossen. Olli Fink und ein Eigentor von Jerome Boateng hatten für die anderen Erfolgsmomente der Fortuna vor 4985 Tagen gesorgt. Der letzte große Sieg in der Bundesliga ist nur 1038 Tage her und gelang mit dem 2:1 gegen Schalke 04 im Mai 2020 – die Torschützen damals waren Rouwen Hennings und Kenan Karaman.
Ausgangslage: Fortuna hat derzeit sieben Punkte und in der Tordifferenz fünf Treffer Rückstand auf die Hamburger, die mit 49 Zählern Dritter in der Zweitliga-Tabelle sind. Nach dem Spiel am Freitag stehen noch acht Partien im weiteren Saisonverlauf auf dem Programm. Fortuna muss unter anderem noch nach Bielefeld, spielt auf St. Pauli sowie in Kaiserslautern. Der HSV hat im Restprogramm unter anderem noch Spiele ebenfalls auf dem Betzenberg, daheim gegen St. Pauli und gegen Paderborn vor eigenem Publikum. Die Partien in Regensburg, Magdeburg und am letzten Spieltag in Sandhausen erscheinen dagegen eher machbar zu sein, während die Fortuna keinen Vergleich mit einem Abstiegskandidaten mehr im Programm – außer des Spiels in Bielefeld – hat.
Formkurve: Die Leistungen der Fortuna in den vergangenen vier Spielen waren gut, herausgesprungen sind trotz der Enttäuschung beim 1:1 gegen Heidenheim zehn Punkte, bei drei Siegen und diesem Remis. Vor allem das Spiel bei Hansa Rostock mit fünf erzielten Treffern hat Mut gemacht. Da passten System und Taktik geradezu ideal. Thioune setzte auf die Flügelspieler, dazu hochstehende Außenverteidiger und zwei Stürmer im Zentrum. Zudem hatte die Abwehr bis auf schwache fünf Minuten die Gegenspieler im Griff. Die Hamburger holten im gleichen Zeitraum nur fünf Punkte und mussten sich zuletzt mit einem 0:0 gegen defensivstarke Kieler zufriedengeben. Auch beim Karlsruher SC hatte es zuvor eine Enttäuschung bei der 2:4-Niederlage gegeben. Gerade dieses Spiel sollten sich die Fortunen noch einmal genauer ansehen…
Personallage: Fortuna muss die Mannschaft für das HSV-Spiel wieder verändern. Jorrit Hendrix, der sich zuletzt immer besser ins Team integriert hatte, fehlt wegen der fünften Gelben Karte. Andre Hoffmann hat es muskulär erneut erwischt. Der verletzungsanfällige Kapitän steht wegen einer Gesäßmuskelzerrung nicht zur Verfügung. Dafür kehren Marcel Sobottka nach seiner Gelbsperre und Tim Oberdorf wieder in den Kader zurück. Beim Training am Montag führte Chefcoach Daniel Thioune auch ein Gespräch mit Oberdorf, um ihn nach seinem ersten kompletten Mannschaftstraining über seinem körperlichen Eindruck zu befragen. Aber auch Jordy de Wijs brennt darauf, gegen den HSV zu zeigen, dass seine Leistungen in der Rückrunde vor einem Jahr kein Zufall waren. Die Tendenz des Trainers ist noch nicht zu erkennen. Aber die Vermutung ist, dass er wohl eher auf den erfahreneren Niederländer zurückgreifen wird.
System und Taktik: An der zuletzt praktizierten Viererkette wird der Trainer nichts ändern, nur auf Hoffmann verzichten müssen. Gerade auf die Außenbahnspieler kommt viel Arbeit zu, weil sie ihre Vorderleute auf den Seiten nach Kräften unterstützen und möglichst in Abschlusssituationen kommen sollen – wie zuletzt in Rostock. Im Mittelfeld wird Sobottka den defensiveren Part übernehmen, Ao Tanaka weiter nach vorne geschoben agieren. Erneut müsste Shinta Appelkamp, einer der besten Vorbereiter der Liga zunächst wohl so auf der Bank beginnen, weil auch die beiden Flügelstürmer in Felix Klaus und Emmanuel Iyoha gesetzt scheinen. Hinzu kommen die zentralen Spitzen – der formverbesserte Hennings und der weiterhin auf einem hohen Niveau agierende Dawid Kownacki. Fortuna wird offensiv agieren, aber nicht mit vollem Risiko von Anfang an. Aber vor allem in der letzten halben Stunde sollte man ein Feuer auf dem Platz sehen, das deutlich macht, wie sehr die Spieler noch an ihre Chance glauben.
Stimmung: Rund um die Fortuna ist noch einmal Aufbruchstimmung aufgekommen. Viele Fans können dieses Spiel nach der Länderspielpause gar nicht erwarten. Die MERKUR SPIEL-ARENA ist ausverkauft und bis auf die HSV-Fans sollten alle anderen Zuschauer wie eine Wand hinter der Mannschaft von Fortuna Düsseldorf stehen. Nur mit dem Feuer und der Überzeugung, diesen Gegner schlagen zu können, wird etwas möglich sein. Natürlich müsste auch der berühmte Funke überspringen, damit die Fans sehen, ihre Mannschaft tut alles, um diesen Gegner und den eigenen Schweinehund zu bezwingen. Beim HSV ist das anders. Hier haben die Fans die Angst, dass die Mannschaft wie zuletzt jedes Jahr im Frühjahr leistungsmäßig einbricht. Fortuna könnte diese offene Wunde vergrößern.
Prognose: Falls Fortuna alles in die Waagschale wirft, was möglich ist, kann auch ein Gegner, der im Hinspiel noch deutlich überlegen war, bezwungen werden. Aber ohne die Unterstützung der Fans funktioniert das nicht, daher ist das Team in einer Bringschuld und muss ihre Fans mit einer Super-Bereitschaft an diesem Tag auch überzeugen. Geht allerdings das Team aus Düsseldorf das Spiel zu kühl und nüchtern an, wird es schwer, den Gegner ins Wanken zu bringen. Es muss gewonnen werden, egal wie. Nur dann lebt die Hoffnung weiter.
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