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Fortuna muss nach 3:0-Vorsprung zittern

Thioune-Team besiegt Schalke nach einem Spektakel mit 5:3

Foto: Imago

von Norbert Krings

Fortuna Düsseldorf hat mal wieder zwei völlig unterschiedliche Halbzeiten gespielt. In der ersten drei Tore erzielt, in der zweiten Hälfte drei kassiert. Doch es reichte nicht nur zu einem 5:3-Erfolg gegen den FC Schalke 04, sondern es war dann auch noch ein zur Pause nicht mehr erwartetes Spektakel, das die Mannschaft von Daniel Thioune erst in der Nachspielzeit endgültig entscheiden konnte.

Daniel Thioune hatte die Qual der Wahl – allerdings nur im Mittelfeld. So musste er zwei Mittelfeldspieler, Ao Tanaka sowie Shinta Appelkamp, zunächst auf die Bank setzen. Ansonsten stellte sich die Mannschaft nahezu selbst auf. Vor Florian Kastenmeier kamen nur zwei gelernte Innenverteidiger in Frage, weil Jordy de Wijs nicht mehr fit geworden ist. „Es wäre bei ihm ein zu großes Risiko gewesen“, hatte Fortunas Trainer tags zuvor erklärt. Nico Gavory wäre noch auf eine Dreierkette vorbereitet gewesen. Auf der Sechs teilten sich Yannik Engelhardt und Marcel Sobottka die Aufgabe, um auch abwechselnd mit nach vorne gehen zu können. Felix Klaus rechts, Isak Johannesson in der Mitte und Christos Tzolis links sowie Vincent Vermeij im Sturmzentrum komplettierten die Mannschaft, die diesmal mehr Frische mitbringen wollte als beim letzten Heimspiel gegen Wehen Wiesbaden (1:3).

Die Schalker mussten auf Youngster Assan Quédraogo verzichten, konnten aber Ralf Fährmann im Tor wieder einsetzen. Als Tabellen-16. waren die Knappen von Beginn an gefordert. Doch der Kameramann von Schalke-TV betonte, dass er extra einen Schwarzfilter in die MERKUR SPIEL-ARENA mitgebracht hatte, um zumindest ein paar Aufnahmen machen zu können. Er sollte mit seiner „Schwarzmalerei“ aus Schalker Sicht Recht behalten.

Die Fortuna hatte den Auftrag, wie ihr Trainer betont hatte, „unfassbare Energie“ auf den Platz zu bringen. Und mit viel Schwung und Tempo legten die Gastgeber bei einer großartigen Stimmung auf den Rängen auch los. Die Knappen begannen hingegen verhaltener. Doch nach und nach traute sich das Team von Trainer Karel Geraerts mehr zu und versuchte mitzuspielen. Auf der anderen Seite merkte man, dass die Fortuna betont klug und bedacht agieren wollte.

Vincent Vermeij bringt Fortuna mit 1:0 in Führung

Die 1:0-Führung hatten die Fortunen allerdings nicht nur ihrer eigenen Klasse sondern auch der schwachen Abwehrleistung der Gäste zu verdanken, die Gavory nicht nur eine Flanke ohne jegliche Gegenwehr ermöglichten, sondern auch noch den Torschützen Vermeij völlig frei zum Abschluss kommen ließen. Der Niederländer konnte sich geradezu die Ecke bei seinem Kopfball aussuchen (13.). Endlich war die Mannschaft von Daniel Thioune auch mal wieder in Führung gegangen.

Die Fortunen wirkten sofort noch gelöster als zuvor, als wäre ihnen weiterer Ballast von den Schultern gefallen. Und es dauerte nicht lange, bis die fast unbehindert vor dem gegnerischen Strafraum agierenden Platzherren das 2:0 erzielen konnten. Felix Klaus traf erneut ohne große Abwehrbemühungen der Schalker, die hinten bedenklich wackelten. Immerhin waren sie um eine Antwort bemüht. Sie mussten aber auf Konter der schnell umschaltenden Rot-Weißen aufpassen. Doch auch das dritte Tor der Fortuna hätten die Schalker verhindern müssen. Nach einer weiten Flanke auf die linke Seite traf Tzolis die Latte. Der Ball sprang von dort vor das Tor, wo sich die Schalker Abwehrspieler selbst im Weg standen. Der lange Vermeij nutzte die Möglichkeit, sprang am höchsten im Gedränge im Fünfmeterraum und erzielte das 3:0.

Fortuna wirkte in allen Belangen gegen schockierte Schalker überlegen und zeigte wieder die Spielfreude, die sie bisher so oft ausgezeichnet hatte. Dann musste auch noch der erfahrene Dominick Drexler verletzt den Platz verlassen. Viel schlimmer konnte es in der ersten halben Stunde für die Knappen kaum kommen. Das sah wohl auch der Trainer so, der neben Drexler auch Lino Tempelmann und Thomas Ouwejan bereits nach 32 Minuten vom Platz nahm. Wollte er damit ein Debakel verhindern oder noch eine Aufholjagd einleiten?

Das Tor der Schalker zum 3:4 brachte Fortuna noch einmal in Verlegenheit. Foto: Imago

Fortuna zog sich verständlicherweise etwas zurück, auch um das Tempo ein wenig herauszunehmen. In Gefahr kamen die Platzherren bis zur Pause nicht mehr. Die Anweisungen von Daniel Thioune in der Kabine waren leicht zu erraten. „Nur nicht überheblich werden, sondern den Gegner weiter beschäftigen und ruhig bleiben“, wird der Trainer wohl gesagt haben. Natürlich verzichtete Thioune zunächst auch auf Wechsel.

Nach zwei Minuten im zweiten Durchgang musste jedoch Marcel Sobottka verletzt vom Platz. Eine Oberschenkel-Verletzung zwang ihn dazu. Tanaka ersetzte ihn positionsgetreu. Das Spiel der Fortuna war nicht mehr so klar und schnell, Schalke kam zunächst nicht mehr in Gefahr, allerdings profitierten sie auch von der Zurückhaltung der Gastgeber. Die Nachlässigkeit der Fortunen wurde dann auch bestraft, als Ex-Fortune Marcin Kaminski im Nachschuss aus 18 Metern das 1:3 erzielen konnte.

Wieder nicht zu Null – und das gegen einen Gegner, der bis dahin so harmlos war und wohl von den Fortunen damit noch aufgebaut wurde. Die Thioune-Elf zog aber sofort wieder deutlich das Tempo an. Die Belohnung gab es in der 67. Minute, als Johannesson seinen „Kumpel“ Christos Tzolis anspielte. Der Grieche ließ noch einen Gegenspieler aussteigen und schweißte den Ball dann in den Winkel des langen Ecks zum 4:1 (67.).

Nach dem 4:1 schien das Spiel endgültig gelaufen zu sein

Hatte Fortuna wieder alles im Griff? Die Antwort fiel nicht positiv aus, denn die Gäste kamen auch noch zum 2:4, als Tomas Kalas am langen Pfosten frei zum Kopfball kam. Und das war noch nicht alles. Die Schalker wurden drei Minuten später auch zum dritten Treffer eingeladen. Dabei sah Jamil Siebert nicht gut aus, als er Bryan Lasme nicht bremsen konnte. Der Schalker Stürmer düpierte auch Kastenmeier und traf zum 3:4.

Fortuna kann offensichtlich nicht mehr „normal“. Denn jetzt war der Gegner so weit aufgebaut, dass die Heimelf sogar um den Sieg bangen musste. Und nicht nur das: die Nervosität der Fortunen steigerte sich ebenso wie die Spannung. Schalke setzte alles auf eine Karte gegen wankende Düsseldorfer, die sich kaum noch befreien konnten. Und auch auf den Rängen begann das Zittern. In der vierten Minute der Nachspielzeit erlöste Jona Niemiec dann alle, die mit der Fortuna hielten. Dennis Jastrzembski hatte den Konter zum eingewechselten Stürmer bringen können, der eiskalt das 5:3 erzielte. So endete mal wieder ein Spektakel, das zunächst eher wie eine Demontage eines Bundesliga-Absteigers ausgesehen hatte.

Statistik:
Fortuna: Kastenmeier – Iyoha, Siebert, Oberdorf, Gavory (90. +1 Uchino) – Sobottka (47. Tanaka), Engelhardt – Klaus (76. Jastrzembski), Johannesson (78. Appelkamp), Tzolis (90. +1 Niemiec) – Vermeij
Kader Fortuna: Niemczycki – Suso
Schalke 04: Fährmann – Kalas, Kaminski, Murkin – Matriciani, Schallenberg (66. Topp), Ouwejan (33. Mohr) – Tempelmann (33. Seguin), Drexler (33. Idrizi) – Karaman, Lasme (85. Polter)
Schiedsrichter: Robert Schröder (Hannover/Note: 2, er war ständig Herr des Geschehens)
Zuschauer: 52.000 (ausverkauft)
Tore: 1:0 (13.) Vermeij, 2:0 (20.)  Klaus, 3:0 (26.) Vermeij, 3:1 (57.) Kaminski, 4:1 (67.) Tzolis, 4:2 (74.) Kalas, 4:3 (75.) Lasme, 5:3 (90. +4) Niemiec
Gelbe Karten: Tanaka (1.) / Seguin, Schallenberg
Spielnote: 2
Beste Spieler: Tzolis, Engelhardt / Lasme, Seguin
Besonderheit des Spiels: Wieder ein 4:3 zwischendurch, wieder Superstimmung und das alles nach einem 3:0-Vorsprung und einer großartigen ersten Hälfte.
Spielfazit: Fortuna hat eine sehr, sehr gute erste Hälfte gespielt und hatte dann nach der Pause eine sehr, sehr schlechte Phase. Nicht das 4:1, sondern erst das 5:3 bedeutete die Entscheidung.

Noten der Fortuna-Spieler:
Kastenmeier 3 – Iyoha 3, Oberdorf 3, Siebert 3, Gavory 2,5 – Sobottka 2,5, Engelhardt 2,5 – Klaus 3, Johannesson 3, Tzolis 2 – Vermeij 2 / Tanaka 3

Reaktionen:
„In den ersten 45 Minuten waren wir nicht präsent, wie auch gegen Elversberg. Wir haben viel zu leicht Tore kassiert. Die zweite Hälfte gibt mir wieder das Vertrauen. Das Team hat dann so gekämpft, wie sich das der Verein und die Fans vorstellen.“
Karel Geraerts, Trainer des FC Schalke

„Wir brauchen unfassbar viel Energie. Wir haben aber auch eine Idee, wie wir spielen. Das war outstanding in der ersten Hälfte. Dass Schalke nicht so weiterspielen würde, war zu erwarten. Unfassbar schade, dass Marcel Sobottka ausgefallen ist. Es hat uns nach seinem Ausfall die Struktur gefehlt. Große Freude beim 4:1, danach war es nur noch Wild West und wir können froh sein, dass der Ausgleich nicht gefallen ist. Was da geschehen ist, darf uns so nicht passieren. Kommt zu uns liebe Fans, hier erlebt ihr etwas in einem vollen Stadion.“
Daniel Thioune, Trainer der Fortuna

„Es ist nicht so, als hätte unsere Mannschaft nichts mehr zu lernen.‘
Klaus Allofs, Sportvorstand der Fortuna

„Ich habe keine Ahnung, warum diese Tore zum 2:4 und 3:4 so schnell und einfach fallen. Wir haben da zu locker gespielt. Ich freue mich sehr über die beiden Tore und dass die Außenspieler jetzt wieder mehr Vertrauen in meine Kopfballstärke haben.“
Vincent Vermeij, zweifacher Torschütze der Fortuna

„Es zieht im hinteren Oberschenkel. Aber heute müssen wir nicht über Einzelschicksale sprechen, sondern über einen 5:3-Sieg, den wir ein wenig spannender gestaltet haben. In den Minuten, als die Schalker herankamen, bin ich um zehn Jahre gealtert.“
Marcel Sobottka, der zwei Minuten nach der Pause verletzt raus musste

„Besser wie in der ersten Hälfte kann man kaum Fußball spielen. Hinten raus, darf das dann nicht passieren. Da haben wir teilweise amateurhaft gespielt. Gut, dass wir da das 5:3 erzielen konnten.“
Felix Klaus, Torschütze zum 2:0 für Fortuna

„In der ersten Hälfte hat sehr viel gepasst. Bei aller Euphorie dürfen wir das nicht fast noch hergeben. Schön, dass wir das Ganze mit der Kulisse dann endgültig auf unsere Seite ziehen konnten. Die Unterstützung hat uns sehr geholfen.“
Tim Oberdorf, Abwehrspieler der Fortuna

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