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Die fünf Problemzonen der DEG

D.SPORTS INSIDE

Foto: Birgit Häfner

von Bernd Schwickerath

Am Freitag geht es für die Düsseldorfer EG nach Straubing und am Sonntag daheim im PSD BANK DOME gegen die Adler Mannheim. Schweres Programm, erst recht für ein Team, das nach elf Spielen mit gerade mal zwei Siegen auf dem vorletzten Platz der Deutschen Eishockey Liga (DEL) steht. Aber das kommt nicht von ungefähr, sondern hat Gründe. In unserem neuen Format D.SPORTS INSIDE schauen wir auf die fünf Problemzonen der DEG.

1. Der Bereich vor dem gegnerischen Tor

Wer Eishockeyspiele gewinnen will, muss bekanntlich Tore schießen. Aber da haperte es bei der DEG schon in der Vorbereitung. Und seit dem Saisonstart ist das nicht wirklich besser geworden: Zwei Tore pro Spiel (ohne Penaltyschießen) sind der schlechteste Wert der ganzen Liga. Nun bekommt die DEG regelmäßig Großchancen, aber sie lässt sie halt meistens liegen. Im Schnitt sollten etwa zehn Prozent der Torschüsse drin sein, bei der DEG sind es bislang 7,43 Prozent – auch da ist kein anderes DEL-Team schlechter.

Nun kann das im Einzelfall auch mal mit Glück oder Pech zu tun haben, und das ist bei der DEG auch der Fall. Aber insgesamt wäre das zu einfach gedacht. Erstens schießt die DEG meistens zu ungenau, vor allem die Verteidiger, die bis auf Alec McCrea noch komplett leer ausgingen. Aber auch nominelle Topstürmer wie Kevin Clark, Philip Gogulla oder Kenny Agostino machen noch zu wenig aus ihren Chancen. Was zweitens auch daran liegt, dass die DEG insgesamt zu selten in die gefährliche Zone vor dem Tor kommt: 139 Mal hat sie bislang aus dem Slot geschossen, nur drei Teams taten das seltener.

Philip Gogulla scheitert – die DEG macht zu wenig aus ihren Chancen. Foto: Birgit Häfner

Und dann gibt es noch ein drittes Problem: Es stehen zu selten Männer vor dem Tor, um dem Torhüter die Sicht zu nehmen, Scheiben abzufälschen oder Nachschüsse zu gehen. Obwohl Eishockeytrainer und -spieler seit Jahrzehnten erzählen, dass es genau darauf ankommt. Aber das tut halt weh, da bekommt man Crosschecks in den Rücken, Pucks fliegen auf einen zu, und wenn man nachstochert, wird man gern mal abgeräumt. Niemand kann der DEG vorwerfen, dass sie nicht kämpft und rackert, aber sie muss noch mehr vor das Tor. Wie das klappen kann, bewies das jüngste Spiel gegen Bremerhaven. Da fiel das 1:0, weil Alexander Blank vor dem Tor stand und einen Schuss von Nicolas Geitner abfälschte.

2. Die Bereiche vor dem eigenen Tor

Zum Sieg reichte es dennoch nicht. Denn die Bremerhavener schossen gleich zwei Tore auf genau diese Art. Was ihr Trainer Thomas Popiesch nach dem Spiel lobend erwähnte. Und natürlich waren das am Sonntag nicht die ersten Gegner, die sich vor dem Düsseldorfer Torraum breitmachten. Torhüter Henrik Haukeland wurde diese Saison bereits 215 Mal „gescreent“, wie das in der Fachsprache heißt – ihm wurde die Sicht genommen. Der nächste Düsseldorfer Negativrekord in der laufenden Saison.

Die Feldspieler der DEG müssen vor ihrem eigenen Tor also mehr aufräumen, Gegner wegschieben und ihren Torhüter mehr unterstützen. Das gilt nicht nur für Screens, sondern auch für Schüsse. 165 Mal durften die Gegner bereits aus dem Slot schießen, der drittschlechteste Wert der 14 DEL-Teams. Was uns gleich zum nächsten Punkt bringt…

Gegner direkt vor dem Düsseldorfer Tor – keine Seltenheit. Foto: Birgit Hafner

3. Die defensive Stabilität

Insgesamt sieht das in der eigenen Zone nicht gut aus. Weil es individuelle Formkrisen gibt wie die von Sinan Akdag, Bernard Ebner, Oliver Mebus oder Torsten Ankert. Und weil es auch kollektiv häufig nicht zu passen scheint, da sind ja auch die Stürmer zur Absicherung gefragt. Die Gegner haben zu viel Platz und Zeit – auch weil die DEG mit 42,08 Prozent die wenigsten Zweikämpfe der Liga gewinnt. Sie hat auch am seltensten den Puck kontrolliert am Schläger, nur 24,02 Prozent der Spielzeit. Und das Aufbauspiel aus der eigenen Zone hat ebenfalls Luft nach oben.

Manager Niki Mondt ist das Problem bereits angegangen: Erst verpflichtete er Luke Green nach, am Mittwoch nun holte er in Mike Pellegrims einen neuen Co-Trainer für die Defensive. Was gleichzeitig das Aus für DEG-Legende Daniel Kreutzer bedeutete. Mit Pellegrims soll die DEG nun mehr Struktur bekommen. Dass er das kann, steht außer Frage, Pellegrims gilt als einer der besten Co-Trainer der Liga, als Experte für Abwehr und Unterzahl.

Dennoch dürfte er nicht gerade mit offenen Armen vom Publikum empfanden werden: Als er in der Saison 2017/18 als Cheftrainer in Düsseldorf aktiv war, ging das gehörig daneben. Sportlich, weil die DEG die Play-offs verpasste. Und auch atmosphärisch, weil der überall Feinde witternde Pellegrims nie ankam. Vielleicht tritt er als Co-Trainer anders auf. Vielleicht ist er gelassener geworden. Vielleicht ist er also genau das, was dem unerfahrenen Trainerteam um Thomas Dolak und Alexander Barta gefehlt hatte. Mondt setzt drauf, hält Pellegrims „zu diesem Zeitpunkt“ für die „ideale Lösung als Co-Trainer der DEG“. Kommt es so, sollte es nun in der Tat bergauf gehen. Die Defensive ist seit jeher das Fundament eines Eishockeyteams. Aber geht es weiter schief, hat auch Mondt ein Problem.

4. Unter- und Überzahl

Was Pellegrims ebenfalls angehen soll: die Special Teams. Zu denen hatte Kapitän Philip Gogulla letztens eine recht klare Meinung: „Powerplay: Katastrophe. Unterzahl: Katastrophe.“ Widersprechen wollte niemand. Sind das doch zwei weitere Kategorien, in denen die DEG das schlechteste Team der Liga stellt. Das Powerplay – ein gutes hat mindestens 20 Prozent Erfolgsquote – steht bei 5,13 Prozent. Aber wenig verwunderlich, wenn man sieht, dass die Düsseldorfer meist schon daran scheitern, kontrolliert ins Angriffsdrittel und in die Formation zu kommen.

Allein in München gab es drei Gegentore in Unterzahl. Foto: Birgit Häfner

Vielleicht noch schlimmer sieht das Unterzahlspiel aus. Da beginnen gute Werte bei 80 Prozent, die DEG steht bei 65,22 Prozent. 16 Gegentore hat sie bereits kassiert, wenn der Gegner mindestens einen Mann mehr auf dem Eis hat. Das hat ihr schon diverse Punkte gekostet, weil sie bei Fünf-gegen-Fünf meist mithielt oder hin und wieder auch mehr vom Spiel hatte. Aber was bringt es, wenn die Tordifferenz der Special Teams nach nur elf Spielen bei minus 14 steht? Bei Fünf-gegen-Fünf sind es nur minus drei – eigentlich keine Bilanz, mit der man so weit unten in der Tabelle steht. Aber die DEG tut es trotzdem, weil sie in Unterzahl alle 4:02 Minuten ein Tor kassiert, während die selbst bislang 34:31 Powerplay für einen Treffer benötigt.

5. Selbstvertrauen

Das alles kommt natürlich nicht daher, dass sie in Düsseldorf vergessen haben, wie man Eishockey spielt. Der Kader ist auf dem Papier auch nicht schlecht besetzt. Und phasenweise sieht das ja auch gut aus, gerade zu Beginn der Spiele. Aber bei Rückschlägen wie einem Gegentor oder manchmal auch nur einer Strafzeit ist es häufig für mehrere Minuten vorbei, dann klappt kaum noch etwas.

Woran das liegt, wissen alle Beteiligten genau: am fehlenden Selbstvertrauen. Man braucht keinen Hochschulabschluss in Psychologie, um zu wissen, dass der Kopf im Leistungssport mindestens so entscheidend ist wie Physis, Technik, Taktik und Glück. Und dass es daran hapert, betonen Trainer Dolak und seine Spieler bereits seit Wochen. Am Sonntag erst wieder Oliver Mebus. „Du zögerst, bist unsicher“, sagte der Verteidiger. Und das ist auch zu sehen. Die Angst vor Fehlern scheint deutlich größer zu sein als die Lust auf einen gelungenen Spielzug. Und wenn erst mal das Denken anfängt, ist es im Eishockey meist schon zu spät.

Leere Gesichter nach dem frühen 0:1 gegen Wolfsburg. Foto: Birgit Häfner

Wie kommt man da raus? Erfolgserlebnisse, die einen daran erinnern, dass man es kann. Das kann ein gutes Training sein, das kann eine einzelne gute Aktion sein, im Idealfall ist das aber ein Sieg. Am Wochenende gibt es wieder zwei Möglichkeiten dazu. Die Aufgaben sind zwar riesig, erst geht es zum Tabellenvierten nach Straubing, dann kommt der Tabellenzweite aus Mannheim. Aber wenn die DEG ihre Problemzonen angeht, ist auch da alles möglich.

Quellen für die Statistiken: DEL und Leaffan.

Mit D.SPORTS INSIDE liefern wir ab sofort regelmäßig tiefergehende Analysen und Insights rund um die Düsseldorfer Topklubs und den Düsseldorfer Spitzensport.

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