Düsseldorf. Der Sportdezernent hofft auf nationale Wettbewerbe im Schwimmen. Die Stadt will mehr Joggingstrecken ausweisen.
Nach der Fußball-WM 1974, der Fußball-EM 1988 und dem Langlauf-Weltcup Anfang der 2000er ist Düsseldorf bei der Tour de France 2017 nach langer Zeit wieder Teil eines internationalen Großereignisses. Ist dies ein singuläres Phänomen oder kann sich Düsseldorf darüber hinaus als Sportstadt etablieren?
Burkhard Hintzsche: Wir haben das drittgrößte Sportereignis der Welt nach Düsseldorf geholt. Mit der Tischtennis-Weltmeisterschaft der Herren und der Triathlon-Europameisterschaft wird 2017 für die Stadt und die Region ein herausragendes Sportjahr.
Beide Veranstaltungen standen allerdings bereits vorher fest. Welche neuen Pläne gibt es?
Hintzsche: Wir haben fast alle Hallenformate, um hier attraktive Großveranstaltungen auszurichten. Wenn das neue Rheinbad eröffnet ist, entsteht damit eine Möglichkeit für Deutsche Schwimmmeisterschaften in Düsseldorf. Die müssen ja nicht immer in Berlin stattfinden. Gerade für die Sportler im Westen wäre das ein tolles Signal. So etwas können sich Städte im nationalen Rahmen auch teilen, wie das Vier-Nationen-Turnier im Hockey zeigt, das abwechselnd in Düsseldorf und Hamburg veranstaltet wird. Und auch beim Radsport gibt es ein Interesse, dass wir ein Angebot schaffen, das über die Tage der Tour hinausgeht.
Was könnte das sein?
Hintzsche: Es gibt Radsportbahnen in Kaarst und Köln, die in die Jahre gekommen sind. Wir müssen gucken, was dort passiert. Mehr kann ich im Moment noch nicht dazu sagen.
Wenn es solche Ziele gibt, warum gibt es dann keine eigenständige Sportagentur mehr?
Hintzsche: Sport und Marketing waren in Düsseldorf einst bei der DMT unter einem Dach. Dann wurde die Sportagentur daraus gelöst und schließlich kam sie unter das Dach von Düsseldorf Congress Sport & Event (DCSE). Ich glaube, dass die DCSE mit der Vermarktung der Hallenfamilie genügend Themen hat und folglich den Fokus nicht auch noch auf Veranstaltungen legen kann, die außerhalb von Hallen stattfinden. Nehmen Sie die Tour als Beispiel: Neben dem Sport ist dies vor allem eine Frage des Marketings. Aus meiner persönlichen Sicht spricht viel dafür, Stadt- und Sportmarketing wieder enger zusammenzuführen.
Sportstadt nennen sich viele. Was wäre für den neuen Chef des Stadtmarketings das Alleinstellungsmerkmal der Sportstadt Düsseldorf, mit dem er werben sollte?
Hintzsche: Ich gebe Herrn Schrader hier keine Ratschläge und bin mir sicher, dass er die Marke Düsseldorf hervorragend entwickeln wird. Zur Sportstadt kann ich sagen: Ob man in einer lebt, merkt man, wenn man bei den Verbänden und beim Olympischen Sportbund unterwegs ist und oft als Ausrichter für Veranstaltungen angefragt wird. Das heißt: Die richtige Infrastruktur haben wir schon einmal. Hinzu muss eine sportbegeisterte Bevölkerung kommen, laut einer Umfrage sind 85 Prozent der Düsseldorfer sportaffin.
Ein Alleinstellungsmerkmal ergeben diese beiden Punkte aber nicht.
Hintzsche: Wir erfüllen alle Anforderungen. Wir haben ein großes Angebot im Breitensport, unsere Sportförderung in den Schulen ist zu einer bundesweiten Marke geworden, wir haben 21 Leistungsstützpunkte in der Stadt und eine leistungsfähige Hallenfamilie.
Das sind aber keine Merkmale, die jemand in Hamburg oder München explizit mit Düsseldorf verbindet. Als es hier noch einen Ski-Weltcup am Rheinufer gab, war das über all ein Gesprächsthema.
Hintzsche: Na ja, ob die Hamburger das mit der Sportstadt Düsseldorf in Verbindung bringen… Aber zur Sache: Der Ski-Weltcup hat mit den Jahren seinen Reiz verloren, auch weil andere Großstädte das Format übernommen haben. Wir haben viele Events, aber wir haben natürlich auch noch Potenziale, die es zu erschließen gibt. Auch bei der Vermarktung der Hallenfamilie gibt es noch Luft nach oben.
Das gilt zum Beispiel für Handball und Basketball. Wie wollen Sie die Potenziale erschließen?
Hintzsche: Es gab in beiden Sportarten Versuche, Vereine in höhere Ligen zu bringen, die zum Teil kurzfristig auch erfolgreich waren, es nun aber nicht mehr sind. Im Handball sollte man zum Beispiel Barcelona als Vorbild nehmen und die Sportart dort unter ein Dach bringen, wo bereits ein erfolgreicher Fußballverein tätig ist. Im Basketball kann eine stärkere Kooperation helfen, dafür kommen hier der ART und Giants in Betracht. Ich erlebe das so, dass es da durchaus Bewegungen gibt, die mittelfristig zu einer Kooperation führen könnten.
Damit wären wir beim Thema Vereinssport. Die CDU kritisiert, dass die Ausgaben für die Sanierung von Kunstrasenplätze gekürzt wurden. Warum sind diese Mittel gestrichen worden?
Hintzsche: Der Gesamtetat für den Sport liegt mit rund 67 Millionen Euro etwas über dem Vorjahresniveau. Wir werden in 2016 genauso viele Plätze wie in den Vorjahren sanieren. Sollte neben den laufenden Sanierungsprojekten irgendwo der Spiel- oder Trainingsbetrieb gefährdet sein, würden wir natürlich Wege finden, da zu helfen.
Einige Vereine haben kritisiert, dass Fortuna ein neues Nachwuchsleistungszentrum erhalten soll, während sie unter Kapazitätsproblemen leiden. Warum ist die Stadt in diesem Punkt nicht gerechter?
Hintzsche: Zunächst einmal: Das jetzige Leistungszentrum ist nicht mehr zeitgemäß, und Fortuna braucht eines, wenn sie Talente an den Standort binden will. Das ist kein Gegeneinander der Vereine, im Sportpark Flingern wird es auch Kapazitäten geben, die andere Vereine nutzen können. Als Stadt fördern wir große und kleine Vereine gleichermaßen.
Bei den wichtigen Punkten für die Sportstadt haben Sie auch den Breitensport genannt. Wie kann die Stadt angesichts all der genannten Aufgaben auch vernünftige Angebote für Breitensportler schaffen?
Hintzsche: Die Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: Was können wir im öffentlichen Raum anbieten? Eine Antwort lautet: Wir wollen jedes Jahr eine neue Joggingstrecke ausweisen. Eine andere Antwort müssen wir noch geben, nämlich wo wir multifunktionale Sportstätten in den Stadtbezirken schaffen, also Orte, an denen es Geräte und Flächen für viele verschiedene Freizeitsportarten gibt, insbesondere für diejenigen, die vereinsungebunden Sport treiben.
Dafür ist unter anderem der Platz an der Rheinkniebrücke im Gespräch. Wann wird dies entschieden?
Hintzsche: Das ist einer der Standorte, der sehr geeignet wäre. Wir müssen 2016 eine Entscheidung treffen.
Auch für die Stadtbezirke?
Hintzsche: Es muss uns gelingen, bis 2020 in jedem Stadtbezirk jeweils einen Standort für eine multifunktionale Sportfläche zu identifizieren.
Welcher Zeitraum gilt für die Schwimmbäder, in denen momentan Kapazitäten für den Schul- und den Vereinssport fehlen?
Hintzsche: In die Bäderlandschaft ist lange zu wenig investiert worden. Wir haben nun zum Glück eine vernünftige Diskussion geführt und machen nicht überall ein bisschen was, sondern konzentrieren uns mit Ersatz- und Erweiterungsbauten auf vier Standorte: Oberkassel, Flingern, Unterrath und Benrath. Wenn wir das alles wie geplant umgesetzt kriegen, haben wir 2020 wieder eine Bäderlandschaft, die zum Schul-, Breiten- und Freizeitsport passt.
CHRISTIAN HERRENDORF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.
Quelle: RP
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