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Breakdance: Melina Fernandez bei den Finals

Fotos: privat

von Bernd Schwickerath

Wummernde Bässe, lässige Moves und feiernde Fans drumherum – Breakdance hat sich von der Jugendkultur der Straße zu einem Wettkampfsport entwickelt. Eins der größten Talente ist Melina Fernandez vom Boston-Club Düsseldorf. Am Wochenende geht es für die gerade mal 14-Jährige bei den Finales um die Deutsche Meisterschaft.

Es muss schon ein besonderes Schauspiel sein, das da mehrmals die Woche beim Boston-Club in Eller zu erleben ist. Hier die Standard- und Lateinformationen, die traditionelle Paartänze zeigen, dort die so genannten B-Girls und B-Boys aus der Breakdance-Gruppe, die sich zu wummernden Hip-Hop-Beats verrenken oder auch mal sekundenlang auf dem Kopf drehen.

Eins dieser B-Girls ist Melina Fernandez, 14 Jahre alt und eins der deutschen Toptalente im Breakdance. Also ist sie auch am Wochenende dabei, wenn im Rahmen der Finals die Deutschen Meisterschaften in Duisburg anstehen. Ein weiterer Höhepunkt ihrer noch jungen Karriere.

In halb Europa unterwegs

Seit sie sechs Jahre alt ist, breakt Melina Fernandez. Und das so erfolgreich, dass sie bereits in halb Europa auf „Battles“ unterwegs war: England, Niederlande, Belgien, Slowakei, natürlich überall in Deutschland. Nicht selten fährt sie hinterher als Siegerin nach Hause, war bereits Jugend-Europameisterin.

Erst kürzlich in Hamburg hat sie wieder gewonnen, bei einem Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele im nächsten Jahr in Paris. Dann gehört Breakdance erstmals zum Programm des größten Sportereignisses der Welt. Und Melina Fernandez ist mit ihren gerade mal 14 Jahren bereits Teil des deutschen Olympiakaders.

Dass es wirklich etwas wird mit Paris, wo nur die 16 besten Breakdancerinnen der Welt auftreten, das glaubt sie zwar nicht: „Ich habe spät mit dem Punktesammeln angefangen, weil es erst hieß, ich sei noch zu jung.“ Aber weil sie eben noch so jung ist, hat sie Zeit.

2026 steigen die Olympischen Jugendspiele in Dakar (Senegal), 2028 ist Olympia in Los Angeles (USA). Da würde sie schon gern dabei sein. Hohe Ziele. Aber welche, die nicht etwa geplant waren. „Es hat sich so entwickelt. Ich bin einfach auf immer größere Battles gegangen und habe das gar nicht so gemerkt“, sagt Melina Fernandez.

Dass Breakdance nächstes Jahr erstmals olympisch ist, hat einen einfachen Grund: Es passt ins Konzept der Organisatoren, die ja ständig nach neuen Sportarten suchen, um ein jüngeres Publikum anzusprechen. Schon 1998 wurde Snowboarding ins Programm der Winterspiele aufgenommen, bei der Sommervariante gibt es seit einigen Jahren BMX, 3×3-Basketball oder Skaten. Breakdance ist nun der nächste Schritt hin zu urbaneren Spielen.

Teil der Hip-Hop-Kultur

Was all diese Sportarten gemein haben: Sie haben sich über Jahrzehnte außerhalb der üblichen Strukturen mit Verbänden und Tabellen entwickelt, stammen aus der Jugendkultur. Erst recht der Breakdance, der in den 1970ern in New York aufkam – als Teil der Hip-Hop-Kultur. Deejaying, Rap, Graffiti und Breaking (so der offizielle Name) gehörten von Beginn an zusammen, entstanden in vor allem von Schwarzen bewohnten Vierteln auf Partys, in Parks und auf der Straße.

Und so sieht das heute noch aus: Ein DJ legt auf, die Athletinnen und Athletin tragen Freizeitklamotten, die Fans stehen um die Tanzfläche herum. Das erinnert mehr an eine Party als an einen Wettbewerb. Und ist genau das, was Melina Fernandez so mag: „Die Stimmung, die Moves.“

Dass das nun rund fünf Jahrzehnte später olympisch wird mit Punkterichtern und TV-Experten, mit Medaillen und Hymnen, gefällt nicht allen. Breakdance sei etwas Freies, sagen die Kritiker, etwas von der Straße, Teil der Protestkultur. Und keine gewöhnliche Sportart mit Verbandsmenschen, Nationaltrainern und Leistungstests.

Ganz so neu ist das allerdings gar nicht. Über erste Filme und Musikvideos wurde Breakdance schnell auf der ganzen Welt bekannt. Und damit auch gleich kommerzialisiert. Bereits 1984 gab es in München eine Weltmeisterschaft, danach entstanden auch in Deutschland immer mehr Gruppen, die Breakdance als Wettkampfsport sehen. Formationen wie die Flying Steps wurden danach auch außerhalb der Szene bekannt, füllen große Hallen, bringen eigene Songs heraus.

Heute gibt es weltweit zahlreiche Profis, die durch Sponsoring und Preisgelder davon leben können. Auch, weil Unternehmen wie ein Getränkehersteller aus Österreich einstiegen und eigene Großevents organisieren. Zudem sind die kurzen Clips der Auftritte ja perfekt für Instagram oder Tiktok. Die Stars der Szene haben dort hunderttausende Follower.

Vom Vorbild zur Freundin

Zwar ist der Sport immer noch eine Männerdomäne, was sich für Mutter Yvonne Fernandez und ihre Tochter Melina durchaus mal ändern dürfte, aber es gibt auch in Deutschland erfolgreiche Frauen. Ein Star der Szene ist die Berlinerin Jilou, bei Instagram hat sie einen sechsstelligen Fanklub. Ursprünglich gehörte auch Melina Fernandez dazu, nennt die knapp doppelt so alte Jilou noch heute ihr Idol. Mittlerweile sind die beiden befreundet, und letztens in Hamburg gewann Melina Fernandez sogar das Duell.

Als Kind hatte sie Breakdance mal im Fernsehen gesehen und war gleich begeistert. Aber es gab in ihrer Heimat Halver im Sauerland keine Gruppe für ihre Altersklasse. „Sie hat dann Fußball gespielt“, erinnert sich ihre Mutter lachend. Trotzdem wollte Tochter Melina auch weiter tanzen. „Am Anfang habe ich das für mich alleine gemacht.“ Mit sieben Jahren schloss sie sich dann einer Gruppe in Lüdenscheid an, ging auf erste Wettkämpfe, was ihre Leidenschaft so richtig entfachte. „Es hat Spaß gemacht, mich mit anderen zu messen.“

Das macht sie bis heute. Gewöhnlich für drei kurze Runden. Knapp fünf Minuten dauert ein Wettkampf, von dem es pro Athletin allerdings mehrere am Tag gibt. Der DJ legt dafür Musik auf, beide Tänzerinnen bewegen sich zu denselben Beats. Und wer am Ende gewinnt, entscheidet sich nur durch die Sprünge, Drehungen, Schrittfolgen oder die lang gehaltenen „Freezes“, es geht auch um Ausstrahlung und Charisma.

Jeden Tag Training

Melina Fernandez mag vor allem die spektakulären Übungen wie den Airflair, bei dem die Arme und Beine in der Luft rotieren. Oder den Headspin, bei dem sie sich im Kopfstand um die eigene Achse dreht. Dafür trägt sie dann eine spezielle Mütze. Wenn es geht, trainiert sie jeden Tag, zu Hause, in Düsseldorf und Bochum.

So macht sie das auch dieser Tage vor den Finals in Duisburg. Da ist Melina Fernandez dabei, aber das Turnierformat ist hart. Sie muss erst durch eine Vorrunde, dann durch eine Gruppenphase, ehe die besten Acht um die Medaillen kämpfen. Ob sie nachher eine bekommt? „Es ist ein bisschen anders als sonst, aber ich versuche, so weit wie möglich zu kommen.“

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