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Angst essen Fortuna-Seele auf?

Auch nach einem 2:0-Vorsprung läuft plötzlich nichts mehr

Foto: Christof Wolff

von Norbert Krings

KOMMENTAR Es ist unbegreiflich, dass eine Mannschaft, die neunmal hintereinander nicht verloren hat, 2:0 gegen Dresden führt, bis dahin ein Klasse-Spiel hingelegt hat, plötzlich dem Gegner das Feld überlässt. Was ist da bei Fortunas Spielern im Kopf los? Etwa: Angst essen Fortuna-Seele auf? Aber vielleicht muss man einfach nur einen großen Haken hinter diese vermaledeite Saison machen.

Es lief die 58. Minute. Der stark aufspielende Emmanuel Iyoha bediente mustergültig Rouwen Hennings im Strafraum, und das 3:0 hätte fallen müssen. Das war es dann aber auch mit Fortunas Herrlichkeit. Die Köpfe gingen runter, der Gegner bekam Oberwasser, weil die Platzherren plötzlich Laufduelle verloren haben, die Spieler von Daniel Thioune nicht mehr rechtzeitig in die Zweikämpfe kamen und die von Dynamo-Trainer Guerino Capretti eingewechselten Spieler wirbeln durften, wie sie wollten.

Die Zuordnung war dahin, die Moral und das Selbstvertrauen hatte auf die Spieler in gelb und schwarz gewechselt. Das 1:2 war nur noch eine Frage der Zeit, und letztlich war auch das 2:2 eine logische Folge. Fortuna schenkt ein sicher geglaubtes Spiel noch her. Da stellt sich doch die Frage, was passiert da in den Köpfen der Spieler. Eine so dramatische Serie gibt es selten, dass eine Mannschaft eine Vielzahl von Spielen – man mag sie überhaupt nicht mehr zählen – ohne Not hergibt und sogar noch um das Remis bangen muss.

Wenn der Gegner wirklich stark und voller Selbstbewusstsein aufgespielt hätte, wäre alles halb so schlimm. Aber Dresden war nach 45 Minuten am Boden, in der Dynamo-Kabine sind die Fetzen geflogen, und Fortuna hat dann Aufbauhilfe geleistet, weil die Mannschaft plötzlich an sich selbst gezweifelt hat. Aber warum passiert das? Die Folgen haben die Spieler doch schon so oft in diesem Spieljahr am eigenen Leib und im Kopf erfahren. Warum stemmen sich die Profis nicht gegen diese Erfahrung?

Khaled Narey – vorne – bereitete wieder einen Fortuna-Treffer vor. Foto: Wolff

Die Erklärung, das ist eben Fußball, verfängt da nicht. So etwas muss spätestens nach der zweiten Wiederholung aufgearbeitet werden. Da ist der Mentaltrainer genauso gefordert wie das Trainerteam – und natürlich auch die Spieler an erster Stelle. Das hätte in diesem Jahr ganz böse enden können, obwohl das Potenzial, wie man es ja durchaus auch erkennen kann, in großem Maße vorhanden ist. Vielleicht wäre es ohne die Serie des neuen Trainers ab in die 3. Liga gegangen, weil die Mannschaft psychologisch nicht gefestigt genug ist.

Fortuna kann nur noch theoretisch etwas passieren

Alle Fortunen sehnen sich nach einem oder zwei Spielern, die in diesen Situationen das Heft in die Hand nehmen. Zugegeben, diese Feststellung ist nicht neu. Aber offensichtlich will niemand in dieser Mannschaft die nötige Verantwortung übernehmen. Alle haben genug mit sich selbst zu tun, keiner setzt in solchen Phasen ein Zeichen. Symptomatisch: Die erste von zwei Gelbe Karten holte sich Sportdirektor Christian Weber ab – nicht etwa ein Spieler.

Die Saison ist gelaufen mit acht Punkten Vorsprung und dem besseren Torverhältnis gegenüber dem Tabellenplatz 16 und Dynamo Dresden. Die Sachsen holen keine neun Punkte mehr, und Fortuna wird nicht alle Spiele verlieren. So hatte trotzdem ein für den Siegfall versprochenes freies Wochenende keine motivierende Wirkung für die Fortuna-Spieler.

Vielleicht sollte man die Nichtabstiegs-Feier, die vielleicht nächste Woche in Heidenheim anstehen könnte, aus gutem Grund etwas kleiner und bescheidener halten. Das Saisonziel ist nun einmal „knapp“ verfehlt worden. Es sei denn, die Fortunen bringen ausgerechnet beim Angstgegner einen Vorsprung über die Zeit. Egal, ob mit Leidenschaft, Trotz oder Spielkunst. Dann wäre es zumindest ein Zeichen für die kommende Saison.

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