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Fotos: Jona Kemper/Spontent

von Bernd Schwickerath

Ein Volleyball-Verbandsligist aus Düsseldorf hat online rund 150.000 Follower und bekommt Millionen Likes und Views. Wie geht das? Eintracht Spontent macht es vor. Alexander Walkenhorst und Dirk Funk haben mit ihrem „vollmedialisierten“ Klub viel vor, wollen in ein paar Jahren in der Bundesliga ankommen.

Kürzlich gab es mal wieder Post vom Verband. Die Details würden hier den Rahmen sprengen, also die Kurzform: Es geht um eine Beleidigung und eine mögliche Sperre. Aber das haben sie bei Eintracht Spontent entspannt weggelächelt. Mehr noch: Kurze Zeit später veröffentlichte der Düsseldorfer Volleyballverein ein neues Video auf seinem Youtube-Kanal: „Olaf drohen 6 Spiele Sperre vom WVV?!“, heißt das. Und eben jener Olaf ist ob der drohenden Sanktionen sogar belustigt: „Lieben Gruß an Jörg Haas, meinen guten Freund. Alles gut, du füllst uns gerade hier wieder Content. Mach weiter so. Ich freue mich auf das Schreiben der Spruchkammer Süd.“

Der WVV ist der Westdeutsche Volleyballverband. Jörg Haas sitzt da im Kontrollausschuss. Und Olaf? Ja, der heißt eigentlich gar nicht Olaf. Sein richtiger Name lautet Alexander Walkenhorst, einer der erfolgreichsten deutschen Volleyballer der vergangenen Jahre, vor allem auf Sand. 2009 wurde er U23-Europameister im Beachvolleyball, später schaffte er es auch bei den Erwachsenen zu EM und WM, gewann diverse Turniere, wurde Deutscher Meister.

Mittlerweile ist der heute 35-Jährige wieder beim Hallenvolleyball aktiv. Aber nicht mehr an der nationalen Spitze, sondern in alten Schulturnhallen. Denn Walkenhorst und seine Mitstreiter haben in Düsseldorf einen eigenen Klub gegründet, der unten in der Bezirksliga anfing, aber bereits 2027 in die Bundesliga aufsteigen soll. Eintracht Spontent heißt der Verein, benannt nach ihrem Medienunternehmen, das sie vor ein paar Jahren gegründet haben, um (Rand-)Sport auf eine neue Weise zu präsentieren und zu vermarkten. 2021 wurde es unbenannt in Spontent, ein Wortspiel aus Sport und Content. Und das zeigt ganz gut, wo die Reise hingeht. Auch bei der Eintracht.

Ein „vollmedialisierter Ansatz“ sei das, sagt Walkenhorst. Spiele, Auswahltraining, Diskussionen hinter den Kulissen – alles wird gefilmt und gestreamt. „Wir wollen einen Verein sehr nahbar und völlig transparent aus der untersten Liga in den Profibereich führen.“ Das Projekt sei „irgendwas zwischen Schauspiel und Sport“. Manchmal ziehen sich Walkenhorst und sein Vorstandskollege Dirk Funk extra weiße Hemden sowie hellblaue Krawatten an und karikieren die Funktionärswelt. „Stromberg-Vibes“ nennt Walkenhorst das.

Allein auf Youtube drei Millionen Menschen erreicht

Hinzu kommen Highlight- und Reactionvideos, Nachberichte, manchmal plaudern die beiden Gesichter des Klubs auch einfach in einer Art Late-Night-Show-Kulisse, das meiste erscheint auch als Podcast. Ständig kommt etwas Neues. Allein bei Youtube hätte der Klub in den vergangenen Monaten mehr als drei Millionen verschiedene Menschen erreicht, sagt Walkenhorst. Mit Verbandsliga-Volleyball, da komme kein Erstligist mit. Dazu gibt es Kanäle bei Twitch, Instagram und Tiktok. Auch dort gehen die Zahlen in die Millionen. Auf allen Plattformen hat die Eintracht insgesamt rund 150.000 Follower

Das eine ist der Sport, das andere sind die beiden Protagonisten selbst. Walkenhorst und Funk nehmen kein Blatt vor den Mund, sprechen, wie ihre und die nachfolgenden Generationen halt sprechen. Da fallen auch mal Schimpfworte. Die ganze Aufmachung ist laut, direkt, teils provokativ und sehr männlich. Aber es wird nicht nur ausgeteilt, die beiden machen sich auch über sich selbst und ihr Team lustig. „Wie Olaf bei der Spontent Weihnachtsfeier versackt ist!“, heißt ein Video. Ein anderes zeigt die größten Patzer des Teams. Oder die beiden lesen sich die Hasskommentare unter ihren Videos vor und lachen sich dabei kaputt.

Das kommt an. Walkenhorst und Funk kennt mittlerweile jeder in der Szene. Als sie vor einigen Wochen beim Pokalfinale in Mannheim waren, hätten sie sich „nicht mehr frei bewegen“ können. „Auch im Urlaub werde ich angesprochen: Bist du nicht der Olaf? Da weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ich war jahrelang Beachvolleyballprofi, aber ich werde wegen Dullisport bei Eintracht Spontent erkannt.“

Natürlich gefällt das aber nicht allen. Das Schreiben vom Verband letztens war längst nicht das erste. Einerseits freut sich die Szene, denn die Aufmerksamkeit, die das Projekt erzeugt, „bringt den Volleyballsport in gewisser Weise nach vorne“, sagt WVV-Präsident Hubert Martens. Aber: „Man muss natürlich gucken, dass man gewisse Rahmenbedingungen einhält. Und das ist es bei Spontent die Herausforderung.“

Lob und Kritik vom Verband

Teilweise gebe es da „Wortwahlen, die nicht im Interesse eines Volleyballverbandes sind, weil sie für den ein oder anderen ehrverletzend sind. Das sieht eine gewisse Zielgruppe vielleicht anders. Aber wir als Verband müssen schon schauen, dass da Menschen nicht zu stark persönlich angegriffen oder diffamiert werden.“ Mal treffe es Spieler, mal Schiedsrichter, sagt Martens. „Man sagt zwar nicht den vollen Namen, aber man weiß schon, wer gemeint ist. Was natürlich sehr unglücklich ist.“

Walkenhorst sieht das alles weit weniger dramatisch, spricht von einem Generationenkonflikt. „Ältere Semester verstehen unsere Art der Kommunikation nicht. Sprache ist im Wandel, auch die Kanäle.“ Es bringe heutzutage nichts mehr, auf die große Liveübertragung im linearen Fernsehen zu hoffen. Zumindest nicht als Randsport. Der müsse sich seine eigenen Kanäle schaffen. Mit einer eigenen Ansprache an eine junge Zielgruppe.

Vom Podcast zum Medienunternehmen

Er selbst hat das schon vor Jahren gemacht. 2019 starteten Walkenhorst und Funk einen Beachvolleyball-Podcast, der schnell wuchs. Nach einiger Zeit kamen erste Livestreams auf der Gaming-Plattform Twitch hinzu. Vor allem in der Corona-Zeit wuchs das Projekt, das bis 2021 „Trops4“ hieß. Mehr Leute kamen hinzu, während Verbände und Ligen ihren Betrieb für Monate einstellten, entwickelte die neue Firma eigene Sportevents wie die Beach-Liga. Aber eben auf ihre Weise: moderne Aufmachung und Ansprache, neue Spielformate, interaktiv. Das erreichte online hunderttausende Menschen.

Das Unternehmen wuchs schnell, übertrug bald immer mehr Sportarten. Basketball, Feldhockey, Tischtennis, Floorball, Padel – auch aus dem Profibereich. Ab der Saison 2021/22 streamte Spontent für zwei Jahren sogar die Volleyball-Bundesliga. Die habe „verstanden, dass sie nicht mehr von der Sportschau träumen muss. Die Bundesliga hat sich bewusst für ein Fünf-Mann-Startup auf Twitch entschieden.“ Und das habe funktioniert, wie ein Schnellballeffekt, weil es sich schnell herumsprach, dass es da nun etwas Neues gibt, das Volleyball völlig anders zeigt als die klassischen Medien. Auch WVV-Präsident Martens fand das „modern und innovativ“, insgesamt sei das „sehr positiv, Alex ist da wirklich Vorreiter, was Übertragungen vom Volleyball angeht“.

Vor gut zwei Jahren kam dann das nächste Projekt. Spontent wollte nicht mehr nur den Sport der anderen zeigen, sondern selbst aktiv werden. Also kam die Idee mit dem eigenen Team. Ursprünglich startete die Eintracht als dritte Mannschaft der DJK Tusa 06, bei der auch viele Beachvollerballer aktiv sind. Aber mittlerweile gibt es einen eigenen e.V., der geführt wird wie ein Medienunternehmen.

„Unser Ansatz ist maximaler Kommerz, und das von Beginn an“, sagt Walkenhorst. „Sonst stoßen Sportvereine irgendwann immer an ihre Grenze und sagen: Wir können uns die zehn neuen Bälle oder den Aufstieg nicht leisten. Das will ich vermeiden, deswegen presche ich mit diesen Themen so weit voraus.“ Also gibt es all die Videos, einen Geschäftsführer, einen BFDler, der in einer Wohnung des Vereins lebt, dazu Trainer mit A-Lizenz.

Spaßige Verpackung, ernsthafter Sport

Anders gehe es nicht, wenn man hohe Ziele hat. Und das mit der Bundesliga meinen sie bei der Eintracht durchaus ernst. Bei allem Spaß soll die ein seriöses Sportprojekt sein. Bislang klappt das: Diese Saison wurde das Team ohne Niederlage Meister der Verbandsliga. Auch die Oberliga soll nur eine Zwischenstation sein, dann wäre die Eintracht bereits die Nummer eins im Düsseldorfer Männer-Volleyball. Danach ist für Walkenhorst selbst dann auch Schluss. Noch spielt er mit, aber nach der nächsten Saison will er nur noch in der zweiten Mannschaft spielen. Dann kommen andere Spieler, die schon Schlange stehen. Vergangene Woche gab es ein Sichtungstraining. Das wird in den kommenden Jahren nicht anders sein. Es gibt auch Pläne für Frauen-Teams und eine eigene Jugendabteilung.

Für die Frauen werden schon Spielerinnen gesucht, beim Nachwuchs dauert es noch. „Wenn ich jetzt sage, wir machen eine Jugendmannschaft auf, gebe ich ein Versprechen ab, das ich vielleicht nicht halten kann, weil ich die Hallenzeiten nicht habe“, sagt Walkenhorst. „Ich muss immer Stück für Stück denken. Ein Jugendstützpunkt zieht sich nicht in eineinhalb Jahren hoch. Wir bauen das im Content klamaukig auf, aber dahinter soll ein starker Volleyballverein stehen, mit dem wir die Möglichkeit haben, den Sport in Düsseldorf zu fördern.“

Dafür braucht es aber natürlich die Infrastruktur. Es geht um Hallenzeiten für das Training, aber auch um „eventisierbare Hallen“, sagt Walkenhorst. „Unsere Medialisierung ist höher als bei Bundesligisten, aber gleichzeitig spielen wir in einer Turnhalle, in der man gefühlt keinen Meter hinter dem Feld zum Aufschlagen hat. Da passen noch nicht alle Facetten zusammen.“

Derzeit reiche es aber noch. Vergangene Saison kamen meist wenige hundert Zuschauer. Aber es wächst. Mittlerweile kämen sogar Fans aus ganz Deutschland angefahren, aus Bayern oder Sachsen, um mal ein Spiel der Eintracht zu sehen. „Perspektivisch brauchen wir bestimmt eine Halle mit einer 1000er-Kapazität.“ Von daher freue er sich über den „guten Austausch mit dem Stadtsportbund“. Und das müsse auch so sein. „Da geht es auch um Stadtmarketing, wenn wir ein paar hunderttausend junge Menschen erreichen.“

„Jetzt schon die beste Adresse“

Weil die eben nicht nur direkt aus der Region kommen, sei Eintracht Spontent auch für Sponsoren interessanter als andere Klubs. Walkenhorst spricht vom „modernsten Sportprojekt, das es in Düsseldorf und Umgebung gibt“. Gerade für Unternehmen, die überregional Marketing betreiben wollen, sei Eintracht Spontent „jetzt schon die beste Adresse. Wir erreichen eine junge Zielgruppe deutschlandweit. Das hat in der Form kein anderer Sportverein in Düsseldorf.“

Das dürfte der ein oder andere Klub etwas anders sehen. Aber fest steht: Die Düsseldorfer Sportlandschaft ist um einen reicher geworden, der um Fans, Sponsoren und Aufmerksamkeit kämpft. Und mit jedem Aufstieg dürfte der größer werden.

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