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Fortunen bleibt Belohnung verwehrt

Thioune und sein Team mit der Situation überfordert

Foto: Kenny Beele

von Norbert Krings

KOMMENTAR Die Kabine von Fortuna Düsseldorf wurde von einem Tränenmeer geflutet. Die Enttäuschung kannte nach dem Elfmeter-Drama keine Grenzen und doch wäre die sportliche Katastrophe vermeidbar gewesen. Dumm nur, dass der Verein so nahe dran war, und das nächste Zweitliga-Jahr sicherlich nicht einfacher wird. Also stehen die Verantwortlichen der sportlichen Leitung, der Trainer und die Spieler vor der Herausforderung, in möglichst großem Maße an die insgesamt starke Saison – ohne dieses bittere Ende – im nächsten Spieljahr anzuknüpfen.

Dass der Vorsprung nicht reichte, war von den Pessimisten unter den Fortuna-Fans vorausgesagt worden. „Wir kennen ja unser Schicksal, immer dann, wenn wir nahe dran sind, ist das Scheitern vorprogrammiert“, hieß es von ihnen. Fortuna hat 2013 und auch 2020 nur aus Dämlichkeit und mit einer gehörigen Portion Pech völlig unnötig die Bundesliga verlassen müssen, und nun ließ sie den Aufstieg trotz großartiger Vorarbeit leichtfertig liegen. Die Diva vom Rhein hat mal wieder zugeschlagen. 

Verdienter Trost für Takashi Uchino. Foto: Christof Wolff

Den Elfmeterschützen irgendeinen Vorwurf zu machen, verbietet sich natürlich. Trotzdem wird darüber diskutiert, warum ausgerechnet Takashi Uchino, dem die Spielpraxis mit seinem Verein fehlt, den „letzten“ Elfmeter schießen musste. Da hätten doch noch Christoph Daferner, Matthias Zimmermann, Florian Kastenmeier und Emmanuel Iyoha antreten und Verantwortung übernehmen können. So hat die Karriere eines jungen Spielers einen heftigen Dämpfer erlitten, den der junge Japaner erst einmal verarbeiten muss. Doch Hätte, Wenn und Aber kommen jetzt deutlich zu spät.

Fortuna – wie das Kaninchen vor der Schlange

Die grundlegenden Fehler wurden an anderer Stelle gemacht. Dass Daniel Thioune die gleiche Elf mit einer durchschaubaren Taktik aufs Feld schicken würde, war so nicht zu erwarten. Die Mannschaft reagierte nur und wartete geradezu darauf, dass der Gegner die Tore erzielt. Wobei Fortuna noch Glück hatte, dass die Verlängerung und das Elfmeterschießen erreicht wurde. Die beste Offensiv-Mannschaft der 2. Liga hatte nur zwei klare Chancen in 120 Minuten. Da kann doch etwas nicht stimmen, was die Ausrichtung der Mannschaft anging.

Wie das Kaninchen von der Schlange reagierte die Fortuna. Lange Bälle nach kurzzeitigem Ballbesitz wurden immer wieder nach vorne geschlagen, obwohl es dort keinen Abnehmer gab, wenn die Bälle hoch ins Zentrum flogen und dann postwendend der Gegner mit dem nächsten Angriff in die gefährlichen Zonen vorrückte. Alle Experten und Fans hatten die gute Abschirmung von Kevin Stöger im Hinspiel gelobt. Im Rückspiel durfte der Ex-Fortune dafür machen, was er wollte, und er war der Regisseur des Untergangs seines alten Teams.

Die Bochumer hatten zu viel Bewegungsfreiheit. Foto: David Young

Dass ein Führungsspieler wie Ao Tanaka trotz einiger Schwächen zu früh ausgewechselt wurde, ein Shinta Appelkamp als bester Vorbereiter seiner Mannschaft in der Liga überhaupt nicht eingesetzt wurde, bleiben Rätsel, die der Trainer vielleicht noch auflösen wird. Die völlige Blockade in den Köpfen konnte Daniel Thioune zu keiner Zeit lösen, weil es auch keinen richtigen Matchplan zu geben schien und nur der Vorsprung irgendwie über die Zeit gebracht werden sollte. Erst in der Verlängerung löste sich die Verkrampfung ein wenig. Das war aber nicht der Fußball, der die Fortuna über 34 Saison- und ein Relegationsspiel so stark gemacht hatte. Von der eigentlich selbstverständlichen „breiten Brust“ war nichts zu spüren. Eher waren die Hosen nach dem 0:1 so richtig voll.

Der Weg in der neuen Saison wird kein leichter sein. Das „sportliche Unglück“ müssen Spieler und Verantwortliche so schnell wie möglich abschütteln. Doch diese besonders traurige Geschichte des zweiten Relegationsspiels wird das sehr erschweren. Zudem erscheint die künftige 2. Liga nicht leichter durch die Verarbeitung der Enttäuschung und durch die sehr gute Besetzung. Denn es steht kaum zu erwarten, dass Hertha BSC, Schalke 04, der Hamburger SV und auch der 1. FC Köln nicht mit aller Macht zurück in die Bundesliga wollen. Für Fortuna wird das eine große Herausforderung mit geändertem Personal, den nächsten oder einen neuen Entwicklungsschritt zu machen.

Enttäuschung unter den Fans. Foto: Kenny Beele

Dass Christos Tzolis jetzt in Düsseldorf bleiben wird, ist leider utopisch. Auch Ao Tanaka wird wohl nun doch den Verein noch verlassen, um sich seinen Wunsch erstklassig zu spielen, endlich zu erfüllen. Beide werden Lücken hinterlassen, die schwerlich zu füllen sind. Ganz wichtig wird sein, schlagkräftige Stürmer zu verpflichten. Vincent Vermeij hat zwar zwölf Zweitliga-Tore erzielt, konnte aber in den Spielen gegen die sechs besten Klubs der Liga nicht ein einziges Mal treffen. Ein, am besten zwei torgefährliche Mittelstürmer müssen das vorrangige Ziel bei den Neuverpflichtungen sein, wobei man wahrscheinlich keinen Volltreffer wie bei Christos Tzolis erneut landen kann. Da zudem die wirtschaftlichen Möglichkeiten eingeschränkt sind, kann man nur darauf hoffen, dass der restliche Kader halbwegs zusammenbleibt und nicht wieder ein langes Einspielen nötig ist.

Ein direkter Aufstieg wurde vor allem in der Hinrunde mit unglücklichen Ergebnissen und zu Beginn der Rückrunde mit den Punktverlusten bei Hertha BSC (2:2) und der blöden Pleite in Paderborn (3:4) vergeben. Es war mal wieder deutlich mehr drin. Schade, dass die Fortuna nicht die Eiseskälte hat, um im entscheidenden Moment zuzugreifen. Aber dann wäre es nicht dieser Verein, der für so viel Leidenschaft sorgt und den die Fans so lieben, wie sie es in ihrer besten Art nach dem Abpfiff gegenüber den Spielern mit ihrem lautstarken Trost zum Ausdruck gebracht haben. Fortunas Anhänger bleiben jedenfalls erstklassig.

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