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Fortunas Moral wird diesmal nicht belohnt

Thioune-Team kann miese erste Hälfte nicht korrigieren

Foto: Imago

von Norbert Krings

Fortuna Düsseldorf hat erneut ein Spektakel geboten. Doch ein Happy End gab es diesmal für das Team von Daniel Thioune nicht. Nach einem 0:3-Pausen-Rückstand gab es eine 3:4-Niederlage beim SC Paderborn. Genügend Chancen hätten die Gäste gehabt, um dieses Spiel nicht zu verlieren. Doch die schwache Abwehrleistung vor allem auf der linken Seite vor der Pause kostete die Punkte und den Anschluss an die Spitzengruppe.

Daniel Thioune musste fast wie vor jedem Spiel wieder Hiobsbotschaften schlucken, diesmal waren es gleich zwei. Felix Klaus musste mit einer Innenbanddehnung passen, und für Tim Oberdorf hatte die kurze Vorbereitung nach seinen muskulären Problemen nicht gereicht, um rechtzeitig für den Spieltags-Kader fit zu werden. Dafür konnte Matthias Zimmermann anfangen, wie gewohnt auf der rechten Abwehrseite. Allerdings musste King Manu wieder in den Kader genommen werden, damit Fortuna zumindest mit 19 Spielern nach Ostwestfalen fahren konnte.

Für beide Mannschaften war die Ausgangslage ähnlich: Fortuna musste trotz des Kräfteverschleisses unter der Woche ebenso auf drei Punkte gehen wie die Gastgeber, um den Kontakt nach ganz oben nicht abreißen zu lassen. Denn der FC St. Pauli hatte überzeugend gewonnen, der HSV ebenso, nur Fürth (bei St. Pauli) und Kiel hatten Federn gelassen. Beim Blick auf die Aufstellung der Fortuna sah es auch nicht nach geballter Defensive aus, sondern eher nach einer aus der Not geborenen Offensive, die in Christoph Daferner zudem einen anderen zentralen Angreifer hatte. Vincent Vermeij saß dafür zunächst auf der Bank. Bei Paderborn war Filip Biblija wieder dabei, dafür fehlte Verteidiger Kai Klefisch.

Beide Teams starteten eher zurückhaltend, den ersten halbwegs gefährlichen Abschluss hatten die Platzherren, nachdem Fortuna zu überhastet Abspielfehler des SCP zuvor nicht zu Möglichkeiten hatte nutzen können. Sebastian Klaas schoss aber am Tor vorbei (8.). Fortunas erste Möglichkeit hatte Daferner zwei Minuten später, dessen Schuss aber noch abgeblockt werden konnte. Auch der Abschluss von Jona Niemiec, der im Strafraum abgezogen hatte (17.), war nicht platziert genug und wurde vom Paderborner Keeper Pelle Boevink pariert.

Nicht gegebenes Abseits vor dem 1:0 der Paderborner sorgt bei Fortuna für Ärger

Dann gab es eine Szene, die die Fortuna-Gemüter, zumindest auf der Bank, erhitzte. Denn der Linienrichter entschied auf Einwurf für Paderborn, statt das klare Abseits eines Paderborners anzuzeigen. In der Folge kam der nächste Angriff der Gastgeber, die so im Ballbesitz geblieben sind. Raphael Obermair flankte in den Rückraum, und David Kinsombi verwertete diese Vorlage leicht und locker zum 1:0 für die Paderborner. Der Ärger bei Fortunas Trainer war so groß, dass er die Gelbe Karte für seine Anmerkungen erhielt.

Erneut musste die Fortuna also einem Rückstand hinterherlaufen, und dabei sehr aufpassen, dass die schnellen Flügel des Gegners nicht immer wieder für Gefahr sorgten. Vor allem Nicolas Gavory hatte auf seiner linken Seite immer wieder Probleme und musste eine Flanke nach der anderen zulassen. Es war nicht so, dass Fortuna nur zuschaute. Ao Tanaka hatte in der 31. Minute die Kopfballchance zum Ausgleich. Aber SCP-Torwart Boefink lenkte den Ball noch so eben ab. Auf der anderen Seite hatten die Paderborner nach einem Pressball im Fortuna-Strafraum mehr Glück. Der Ball fiel Mattes Hansen vor die Füße, der zum 2:0 vollstreckte. Doch die Schreckmomente hörten für die Fortuna einfach nicht auf.

Drei Minuten später gab es den nächsten Angriff über die linke Seite, wieder sah Gavory im Raum sehr schlecht aus. In der Mitte konnte Filip Biblija locker zum 3:0 einschieben, nachdem Koen Kostos unbedrängt geflankt hatte. Diesmal hätte es vier Minuten bis zum nächsten Einschlag dauern können, allerdings brachte es Jona Niemiec nicht fertig, das leere Tor zu treffen oder einen der drei mitgelaufenen Mitspieler zu bedienen. Das hätte das 1:3 sein müssen. Doch bis dahin waren die Abwehrprobleme deutlich größer als die Schwächen in der Offensive. Trotzdem hatte Daferner in der 44. Minute die nächste klare Möglichkeit, die erneut Boevink vereitelte.

0:3 zur Pause ist schon ein Brett, wie die Spieler zu sagen pflegen. Aber das Spiel der Gäste war nicht so schlecht – nur solche Abwehr- und Stellungsfehler dürfen einfach nicht vorkommen. 5:3 nach klaren Chancen stand es nach 45 Minuten für die Fortuna, da auch die Paderborner Abwehr alles andere als sattelfest wirkte. Doch da könnte die Müdigkeit auf Fortuna-Seite eine Rolle gespielt haben, weil Effektivität und Konsequenz bei den guten Möglichkeiten gefehlt hatten. Insgesamt konnte auch die Belastung des Pokalspiels keine Ausrede darstellen. Vor allem die linke Abwehrseite bot den Paderbornern immer wieder Möglichkeiten, in die Lücken zu stoßen.

Isak Johannesson und Yannik Engelhardt können es nicht fassen, dass Fortuna einen Treffer kassiert hat. Foto: Imago

Zum Wiederbeginn hatte Fortunas Trainer Daniel Thioune seine Spieler nicht nur mit einer heftigen Ansprache wieder auf den Platz geschickt. Er stellte auch auf Dreierkette um und brachte in Joshua Quarshie, Dennis Jastrzembski sowie Marlon Mustapha zudem drei neue Spieler. Gavory, Tzolis und de Wijs – die komplette linke Seite – waren in der Kabine geblieben. Und das Ergebnis hatte auch nicht mehr lange Bestand. Nach einem schönen Angriff traf erst Niemiec wieder einmal die falsche Entscheidung, als er den Ball blind in die Mitte flankte. Doch die Fortunen blieben dran, und Yannik Engelhardt tauchte plötzlich vor Boefink auf und verwandelte aus acht Metern und spitzem Winkel zum 1:3.

Die Fortunen, angefeuert von über 2.000 Fans, blieben dran und drückten die nicht gerade sicher wirkende Abwehr der Platzherren zurück. Und Daferner hätte in der 54. Minute unbedingt zum 2:3 treffen müssen, als er völlig frei, fünf Metern vor dem leeren Tor den Ball nicht richtig traf und dieser links am Tor vorbeitrudelte. Doch es ging weiter nur in eine Richtung. Dann konnte sich Marlon Mustapha  durchsetzen und traf zum 2:3 gegen völlig aufgelöste Platzherren. Doch es dauerte, bis aus dem Kölner Keller die Entscheidung kam, dass der Treffer schließlich wirklich zählte.

Tennisbälle störten den Rhythmus der Fortuna

Da war sie wieder, die Spektakel-Fortuna. Innerhalb von zehn Minuten war die Fortuna also wieder dran. Und die Paderborner wirkten völlig verängstigt gegen einen Gegner, der mal wieder das Herz in beide Hände genommen hatte und alles riskierte. Dann unterbrachen nicht die Spieler der Paderborner den Rhythmus der Gäste sondern die heimischen Fans, die wegen des Protestes gegen den DFB und die DFL Tennisbälle auf den Rasen warfen und das Spiel zweimal, insgesamt für vier Minuten, unterbrochen werden musste.

Paderborn nutzte das auch zu Personalwechseln und konnte das Spiel wieder einigermaßen beruhigen, so dass die Gäste tatsächlich nicht mehr so überfallartig nach vorne kommen konnten. Zudem stabilisierte David Kinsombi die Abwehr der Platzherren. Fortuna versuchte trotzdem alles, um das Spiel zu egalisieren. Ein Angriff auf den anderen brachten sie nun gegen eine deutlich besser stehende Abwehr vor. Doch die Zeit spielte gegen die Fortunen, die nun nicht mehr so schnell nach vorne kamen. Langsam schwanden auch die Kräfte.

Und das zeigte sich auch in der 83. Minute, als Ilyas Ansah unbedrängt durch den Strafraum laufen konnte und Koen Kostons bedienen konnte. Unbedrängt durfte dieser zum 4:2 einschießen. Dabei sah Fortuna-Keeper Florian Kastenmeier nicht so besonders gut aus. Von Aufstecken konnte nicht die Rede sein, denn in der 90. Minute erzielte Dennis Jastrzembski das 3:4 und sorgte noch einmal für Hoffnung. Doch dieses Tor kam letztlich zu spät – und trotz der Aufholjagd und der großartigen Moral musste sich das Thioune-Team in die Niederlage fügen, die sie sich nach einer schwachen Defensivleistung dann auch selbst zuzuschreiben hatte.

Statistik:
Paderborn: Boefink – Curda, Musliu, Brackelmann (65. Heuer) – Obermair, Hansen (65. Schuster), Klaas, Brackelmann – Bilbija (84. Platte), Ansah, Kostons (84. Conteh)
Fortuna: Kastenmeier – Zimmermann (87. King Manu), Hoffmann, de Wijs (46. Quarshie), Gavory (46. Jastrzembski) – Engelhardt – Niemiec, Tanaka, Johannesson , Tzolis (46. Mustapha) – Daferner (76. Vermeij)
Kader: Niemczycki – Suso, Uchino
Schiedsrichter: Tobias Welz (Wiesbaden/Note: 3,5, ließ einige Szenen zu Unrecht laufen)
Zuschauer: 12.852
Tore: 1:0 (19.) Kinsombi, 2:0 (34.) Hansen, 3:0 (37.) Biblija, 3:1 (49.) Engelhardt, 3:2 (55.) Mustapha, 4:2 (83.) Kostons, 4:3 (90.) Jastrzembski
Gelbe Karten: Trainer Kwasniok / Trainer Thioune, Jastrzembski
Spielnote: 2,5
Beste Spieler: Obermair, Kinsombi / Tanaka
Besonderheit des Spiels: Das Paderborner Publikum hat genau in der richtigen Phase mit dem Werfen der Tennisbälle den Rhythmus der Fortuna gebrochen.
Spielfazit: Fortuna hat das Spiel aus zwei Gründen verloren: eine schlechte Verteidigungsleistung vor der Pause und sie konnte die Vielzahl der Chancen nicht nutzen, die locker zu einem Sieg gereicht hätten.

Noten der Fortuna-Spieler:
Kastenmeier 3,5 – Zimmermann 3, Hoffmann 3,5, de Wijs 4, Gavory 5 – Engelhardt 3,5 – Niemiec 4,5, Tanaka 3, Johannesson 3,5, Tzolis 4,5 – Daferner 4 /// Quarshie 3, Mustapha 2,5, Jastrzembski 3

Reaktionen:
„Aufgrund der ersten Hälfte war das maximal unglücklich. Da haben wir komplett die Ordnung verloren. Wir wollten über die Geschlossenheit kommen. Das, was wir uns vorwerfen müssen: wir haben nicht gut verteidigt und den Gegner eingeladen – vier Schüsse aufs Tor, alle waren drin. Wir hatten genüghend Torchancen sogar in der ersten Hälfte. Die Ansprache zur Pause war emotionaler und lauter als sonst in der Kabine. Es wäre völliger Quatsch, das alles mit der Müdigkeit zu erklären. Unfassbar, was meine Jungs für eine Moral gezeigt haben. Wir müssen aber mehr arbeiten, damit wir das abstellen, was uns vor der Pause passiert ist. Langsam nervt es.“
Daniel Thioune, Trainer der Fortuna

„Dass wir 3:0 in die Pause gehen, war schon pervers. Ich habe keinen solchen Unterschied gesehen. Nach dem 3:0 waren wir unclever in der Rückwärtsbewegung. Da hatten wir Glück. Wir sind happy, vor allem über das, was wir in der zweiten Hälfte geschafft haben, das Spiel zu gewinnen. Das Spiel hätte kippen können. Es war der Inkonsequenz der Düsseldorfer geschuldet, dass wir nicht mehr Tore kassiert haben.“
Lukas Kwasniok, Trainer des SC Paderborn

„Die Erklärungen sind gar nicht so schwer. Man kann kaum ein Fußball-Spiel auf der Welt gewinnen, wenn man vier Tore zulässt. Das Spiel wurde heute klar in der Defensive verloren. Wir müssen einfach mal wieder in Führung gehen. Jetzt stehen wir da und schauen uns alle an. Es war heute wesentlich mehr drin. Ich habe kaum ein Pflichtspiel erlebt, in dem meine Mannschaft so viele Torchancen hatte.“
Andre Hoffmann, Kapitän der Fortuna

„Der Frust ist schon sehr groß. Ich habe keine Antworten darauf, warum unsrere erste Halbzeiten fast immer so sind. Wir kamen nicht in die Zweikämpfe und konnten die Räume nicht schließen. Viele Angriffe gingen über unsere linke Seite, aber wir haben nicht durchgeschoben und es nicht kpompakt genug gemacht. Es war bitter, dass die Tennisball-Aktion kam. Aber es hat nicht daran gelegen, dass wir verloren haben. Wir haben noch viele Spiele, es war kein Do oder Die-Spiel.“
Yannik Engelhardt, Mittelfeldspieler der Fortuna

„Wir müssen einfach besser verteidigen, aber so viele Chancen wie heute, bekommen wir auch nie wieder. Wir konnten unseren guten Matchplan zu Beginn überhaupt nicht umsetzten. Wir haben zwar das Herz auf dem Platz gelassen, aber das galt nur für die zweite Hälfte.“
Matthias Zimmermann, Verteidiger der Fortuna

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