D.SPORTS

Home of Sports

Düsseldorfs berühmteste Beifahrerin

Frauke Feess ist Co-Pilotin bei Rallyes in aller Welt

Foto: Alberto Alcocer

von Bernd Schwickerath

Vor zehn Jahren entdeckte Frauke Feess eher zufällig ihre Leidenschaft für Rallyes. Seitdem ist sie Co-Pilotin bei Oldtimer-Rennen in aller Herren Länder. Da rast ihr Team bei der berühmten „Carrera Panamericana“ auch mal mehr als 3500 Kilometer in sieben Tagen durch Mexiko. Angst? Kennt die Düsseldorferin nicht.

Die wichtigste Frage zuerst: Ist Frauke Feess im Alltag eine anstrengende Beifahrerin? Eine, die ständig mitbremsen will, alle zehn Sekunden „pass auf!“ sagt und immer die angeblich besten Abkürzungen kennt? „Nein, nein“, sagt die 48-Jährige lachend, „mein Vater ist viel schlimmer.“

Foto: Jochen Rolfes

Die Frage ist berechtigt. Denn es dürfte schwer werden, in Düsseldorf eine erfahrenere Beifahrerin zu finden als Frauke Feess, die seit zehn Jahren als Co-Pilotin bei Rallyes in aller Welt an den Start geht. Und wie so oft im Leben, kam sie eher zufällig dazu. Feess, im Hauptberuf Unternehmensberaterin, half damals dabei, eine Luxus-Uhrenmarke aufzubauen. Und weil es dafür „kein großes Marketingbudget“ gab, war Kreativität gefragt. Die Lösung: Wir organisieren „Champagner-Rallyes mit Oldtimern“ für potentielle Kunden.

„Da habe ich spontan zugesagt“

Für schicke Autos hatte Frauke Feess schon immer etwas übrig, allerdings ahnte sie damals wohl kaum, wie sehr die Marketingidee ihr Leben verändern würde. Denn nach der Rallye sprach sie einer der Teilnehmer an. Man könne doch mal gemeinsam in Mexiko fahren, bei der berühmten „Carrera Panamericana“. „Das hat mich gleich gereizt“, erinnert sie sich, „da habe ich spontan zugesagt.“

Foto: Eugenio Robleda

Der Startschuss einer außergewöhnlichen Leidenschaft, seitdem ist Frauke Feess ständig unterwegs, organisiert ihre eigene Rallye durch Deutschland oder gibt die Kommandos, wenn ihre Fahrer in historischen Sportwagen mit mehr als 200 Sachen über die Straßen jagen. In Frankreich und Italien, in Österreich und der Schweiz, in den Niederlanden und Belgien, in den USA und eben in Mexiko.

Die dortige „Carrera Panamericana“ hat es der gebürtigen Berlinerin, die im Ruhrgebiet aufwuchs und seit gut zehn Jahren in Düsseldorf lebt, besonders angetan. Wahrscheinlich, weil es ihre erste richtige Rallye war, aber auch, weil die zu den ganz großen des weltweiten Motorsports gehört. Seit 1950 gibt es das Rennen über den mexikanischen Teil der Panamericana, der berühmten Schnellstraße vom nördlichsten Nordamerika bis ins südlichste Südamerika. Früher war die Rallye Teil der Sportwagen-WM, galt als eins der härtesten Rennen Welt. Nicht nur der Porsche Carrera hat seinen Namen daher, auch die Carrera-Bahn aus Kinderzimmern in aller Welt. „Ich habe also gleich mit dem Mount Everest angefangen“, sagt Feess lachend.

Foto: Oscar Islas

Das heutige Rennen ist allerdings ein anderes. Bereits 1954 wurde die ursprüngliche Version wegen zu vieler tödlicher Unfälle eingestellt, seit 1988 gibt es etwas Neues für Oldtimer. An der Faszination hat das aber wenig geändert. Wenn es jeden Herbst in sieben Tagen mehr als 3500 Kilometer durch Mexiko geht, sind auch mal ehemalige Formel-1-Fahrer wie der Belgier Thierry Boutsen oder der mexikanischen Rallye-Weltmeister Benito Guerra dabei. Und an der Strecke und in den Städten jubeln tausende Fans mit. Feess musste schon Autogramme geben und für Selfies posieren, selbst Säuglinge wurden ihr in die Arme gedrückt. Das sei schon etwas verrückt, aber es wiegt auch die Strapazen auf.

Monatelange Planung

Denn auch wenn man bei den Rallyes an außergewöhnliche Orte kommt, seltene Autos sieht und Menschen aus aller Welt kennenlernt – mit Urlaub oder Erholung hat das nichts zu tun. Allein die Planung für Mexiko dauert Monate. Viel Papierkram für die Reise oder wenn man das Auto verschiffen muss, die konkrete Vorbereitung auf die Strecke, und erst recht die körperliche. „Man muss geistig und körperlich fit sein“, sagt Frauke Feess.

Der typische Rallye-Tag beginnt schon in den frühen Morgenstunden „Man geht die Strecke vor seinem geistigen Auge durch, dann muss das Auto technisch gecheckt werden.“ Um7 Uhr geht es auf die Strecke, und das kann auch mal zehn, zwölf Stunden dauern. Ohne Essen. Bei harten Bedingungen. „Morgens in den Bergen ist es mal 7 Grad, mittags dann mal 40, 50 Grad, und man sitzt da in feuerfesten Anzügen und trägt einen Helm. Das ist anstrengend, aber man muss die ganze Zeit extrem konzentriert sein. Unser Sport hat eine Null-Fehler-Toleranz.“

Onboard-Kamera: Karlo Flores

Fehler passieren aber natürlich trotzdem mal. Und dann gibt es Unfälle, die böse enden können. Auch Frauke Feess und Franck Trouillard, mit dem sie seit 2017/18 zusammen trainiert, sind schon im Straßengraben gelandet, passiert ist bis auf ein paar Beulen am Auto aber zum Glück nichts. Und danach ging es gleich wieder auf die Strecke. Der Respekt sei natürlich immer da, aber Angst habe sie grundsätzlich nicht, sagt Frauke Feess, „bin ein mutiger Mensch“. Also stören sie weder die „Speed Stages“ – abgesperrte Streckenabschnitte, auf denen es kein Tempolimit gibt – noch die eigentlich weitaus gefährlicheren Phasen, in denen die Rennen im normalen Straßenverkehr stattfinden.

„Unsere Leben hängen voneinander ab“

Der Grund ist das „hundertprozentige Vertrauen“ zwischen ihr und Franck Trouillard. Das gehe gar nicht anders, „unsere Leben hängen voneinander ab“. Sie muss sich darauf verlassen, dass er sie sicher über die Piste bringt, er muss sich darauf verlassen, dass sie ihm stets die richtigen Kommandos und Infos über die Strecke gibt. Gerade in Serpentinen oder kurvenreichen Waldgebieten.

Foto: Frauke Feess

Ob sie denn nicht selbst mal hinter dem Steuer sitzen will? „Ich fahre gern Auto, wo es erlaubt ist, auch mal schnell, aber im Rennen ist meine Position der Navigator, ich sage gern an.“ Das sei in etwa mit einem Torwart zu vergleichen, der habe ja auch eine andere Aufgabe als die Stürmer und schieße selbst keine Tore, sei aber trotzdem unverzichtbar. Und die Autos könne sie auch so genießen. Den Porsche 356 etwa, den sie eine „echte Rallye-Blechbüchse“ nennt. Oder den Porsche 911 3.0 Liter RS, „ein echtes Geschoss auf der Straße und mit eleganter Kurvenlage in den Serpentinen“.

Teures Hobby

Ein besonderes Highlight gab es im Herbst 2020: die Rallye durch Frankreich im Porsche 906-101 Carrera 6 von 1966. „Der erste in Serie gebaute 906er und noch vollständig original.“ Mit dem müsse man aber „vorsichtig“ fahren, der Wagen sei weit mehr als eine halbe Million Euro wert. „Da riskiert man keinen doofen Unfall.“ Generell ist Geld natürlich ein Thema. Rallyefahren ist ein teures Hobby. Erst recht, weil man stets ein Techniker-Team dabei haben muss. Genaue Zahlen nennt Frauke Feess nicht, was sie jährlich investiert, nur ein Wort: „Viel.“

Zuletzt war sie aber weniger unterwegs, die Corona-Pandemie hat natürlich auch den Motorsportkalender durcheinandergewürfelt. „Im Moment habe ich keinen festen Plan, ich würde gern noch mal nach Mexiko, aber es gibt viel Unsicherheit mit Reise- und Quarantäne-Vorschriften. Und man müsste jetzt schon für Oktober planen. Das kostet immer viel Zeit und finanziellen Aufwand, das Risiko geht man momentan nicht ein.“ Aber aufgegeben hat sie den Traum natürlich noch nicht. Dann will sie wieder dabei sein, wenn es sieben anstrengenden Tagen mehr als 3500 Kilometer über eine der berühmtesten Straßen der Welt geht.

Ein TV-Beitrag aus dem Jahr 2020 über die Rallye von Frauke Feess:

Teilen

Verpasse keine News mehr und abonniere unseren Newsletter