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„Sportvorstand – das war nicht von Anfang an mein Plan“

Uwe Klein hat eine schwere und zeitaufwendige Aufgabe bei der Fortuna übernommen. In unserem Interview beantwortet der 50-Jährige auch die Frage, wie es mit der Fortuna nach dem 30. Juni weitergehen kann.

Uwe Klein hat sich bestimmt nicht den leichtesten Job ausgesucht. Als Nachfolger von Lutz Pfannenstiel im Amt des Sportvorstandes bei Fortuna Düsseldorf wurde er am 1. Juni offiziell vorgestellt. Wir sprachen mit dem 50-Jährigen über den Klassenerhalt, die auslaufenden Spielerverträge und ob ihm noch Zeit für etwas anderes bleibt, als nur an die Fortuna zu denken.

Herr Klein, gegen Dortmund Punkte einzufahren ist mehr als schwer. Hätte man Spiele wie gegen Bremen, Paderborn oder Hoffenheim gewinnen müssen?

Uwe Klein: Es gibt keine Spiele in der Bundesliga, die man von vornherein gewinnen muss. Wir müssen allerdings den Klassenerhalt unbedingt schaffen. Wir hätten das unterschrieben, wenn man uns vor der Saison gesagt hätte, am 31. Spieltag noch in Schlagweite zu Teams wie Mainz, Augsburg und Union Berlin zu sein. Und wenn man sieht, wie Paderborn in Leipzig gespielt hat (1:1) und wir in unseren letzten elf Spielen nur gegen Gladbach und München verloren haben, sollte man nicht zu vorschnellen Urteilen gelangen. Auch gegen Dortmund hat man eine Chance. Viele Vereine – auch weiter unterhalb der Spitzengruppe – sind finanziell deutlich besser ausgestattet als wir und kämpfen genauso um den Klassenerhalt. Und selbst der VfB Stuttgart zahlt in der 2. Liga deutlich mehr Gehalt.

Wie waren denn die ersten Tage als offizieller Sportvorstand?

Klein: Die waren schon sehr intensiv. Da schon länger klar war, dass ich die Aufgabe als Sportvorstand übernehme, bin ich in die Prozesse involviert worden und war bei den Vorstandssitzungen bereits dabei.

Vor allem die Kaderplanung muss doch viel Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Wie passt das mit einem Vertragsende von 16 Spielern zum 30. Juni?

Klein: Wir hatten mit der DFL einige virtuelle Versammlungen. Da ist besprochen worden, dass es ein Formular beziehungsweise ein Musterarbeitsvertrag geben wird, der regelt, wie es weitergeht, wenn ein Verein in Quarantäne gehen muss oder in der Relegation spielt. Die DFL hat zugesichert, dass kein Spieler eine anderweitige Spielberechtigung bekommt, solange die aktuelle Saison noch nicht abgeschlossen ist. Es gibt also keinen Spieler, der am 30. Juni einen Verein verlässt und am 2. Juli dann in der Relegation für einen anderen Klub antritt.

Fortuna versucht, letztere Situation sicherlich zu vermeiden…

Klein: Wir werden unsere Hausaufgaben machen und auf jede Eventualität vorbereitet zu sein.

Fortuna hat 16 Spieler, deren Verträge zum Saisonende auslaufen. Was bedeutet das für den Verein?

Klein: Das ist sicherlich viel Arbeit, weil wir natürlich für die nächste Saison einen wettbewerbsfähigen Kader haben möchten und uns nach Möglichkeit sogar noch verbessern wollen. Es laufen Verträge von absoluten Stammspielern aus, die große Verstärkungen für uns waren. Wir stellen uns der Herausforderung.

War es fahrlässig, nicht früher schon Spieler längerfristig zu binden oder mehr Verträge bereits im Winter oder Frühjahr zu verlängern?

Klein: In der Winterpause haben wir uns Gedanken über eine Verstärkung der Mannschaft zur Rückrunde gemacht und in Mathias Jörgensen und Valon Berisha wichtige Spieler verpflichtet. Beide können wir über den Sommer nicht halten. Das war und ist uns angesichts der finanziellen Forderungen der Vereine nicht möglich. Die Kaderplanung für die neue Saison hat natürlich nach dem Ende der Transferperiode an Priorität gewonnen. Leider hat uns die Corona-Krise da einen Strich durch vielerlei Überlegungen gemacht. Andererseits können wir uns wegen der 16 auslaufenden Verträge auch ein stückweit neu aufstellen. Allerdings sind auch einige Spieler dabei, die wir gerne halten würden. Der Kader für die kommende Saison wird in jedem Fall kleiner sein. Da die Transferperiode in diesem Sommer länger gehen wird, verschiebt sich auch alles andere weiter nach hinten. Wir tun gut daran, jetzt nicht in Hektik zu verfallen. Das ganze Transfergeschäft wird sich verändern, weil sich die Vereine klar werden müssen, wie sich die Situation nach dieser Krise darstellt.

Kann also ein Erik Thommy überhaupt gehalten werden?

Klein: Das muss man abwarten, da sich die Vereine die Spieler genau ansehen, die sie ausgeliehen haben. Falls ein Spieler dann nicht eingeplant wird und er sich bei uns sehr wohl gefühlt hat, muss man sehen, was möglich ist.

Ist den Spielern bewusst, dass sie nun Gehaltseinbußen hinnehmen müssen? Wird sich das Transfergeschäft herunteregulieren?

Klein: Viele Spieler haben das Verständnis, dass alles unverändert bleibt. Aber auch die Berater sind mit dem Thema beschäftigt und wissen, dass es wohl auch in der neuen Saison zunächst ohne Zuschauer weitergeht und eventuell auch nicht alle Sponsoren den Vereinen treu bleiben werden. Die Mindereinahmen werden sich dann unweigerlich auch auf den Spieleretat auswirken. Es wird alle Vereine betreffen, es sei denn, es würden große Risiken eingegangen. Bis sich die Erkenntnis bei den Spielern durchsetzt, wird es also noch dauern. Wir werden mit einem gewissen Minus am Ende des Jahres auskommen. Aber das werden auch Berater und Spieler einsehen müssen.

Aber Fortuna wird in beiden Ligen eine wettbewerbsfähige Mannschaft stellen können?

Klein: Ja, davon gehe ich fest aus. Ich bitte einfach um Geduld. Ad hoc ist nicht viel möglich. Es werden Spieler auf den Markt kommen, mit denen man jetzt noch nicht rechnet. Und einige Spieler haben wir in der Vergangenheit auch erst auf den letzten Drücker verpflichtet wie Kaan Ayhan, Rouwen Hennings oder Benito Raman. Es könnte auch Ende September oder vielleicht im Oktober sein, dass die letzten Spieler zu uns stoßen.

Der Beginn Ihrer Tätigkeit hätte auch leichter sein können…

Klein: Diese Lage wirkt sich ja auf alle Vereine aus. Daher jammere ich nicht. In all den Jahren, in den ich für Fortuna tätig war, gab es selten einfache Situationen. Das ist jetzt eine neue Herausforderung und der stellen wir uns.

In der Kaderplanung ist nun eine Stelle frei geworden. Wird da aufgerüstet?

Klein: Wir können derzeit kein Live-Scouting machen. Daher werden wir uns zunächst im Bereich des Video-Scouting verstärken.

Wird sich nach dem 31. August in Sachen Zuschauer also nichts ändern? Wann werden die Fans wieder dabei sein?

Klein: Wir hoffen natürlich möglichst bald. Es muss in Absprache mit der Politik aber entsprechende Rahmenbedingungen geben. Wir wollen gerne wieder Stimmung ins Stadion bekommen.

Lässt die zusätzliche Vorstandsarbeit noch Zeit für etwas anderes?

Klein: Es ist durchaus spannend, die anderen Bereiche im Verein besser kennenzulernen. Daher ist das Teamwork im Vorstand spannend und abwechslungsreich. Und Thomas Röttgermann und Christian Koke haben durchaus großes Verständnis für die sportlichen Belange und haben das Interesse, ein Budget zusammenzustellen, um einen schlagkräftigen Spielerkader aufzustellen. Wir haben innerhalb des Vorstandes einen intensiven Austausch und harmonieren sehr gut. Wir werden aus der Krise gestärkt herauskommen und sagen können, dass wir etwas geschafft haben. Als Sportvorstand steht man mehr in der Verantwortung, arbeitet intensiv und muss für die Entscheidungen auch den Kopf hinhalten. Viel Zeit für etwas anderes bleibt dann nicht mehr. Zum Golfspielen hat es zuletzt mal vor einem Jahr mit Sascha Rösler in Maria Alm gereicht.

Wie ist der Austausch mit dem Trainer?

Klein: Der findet täglich statt. Was die Planung angeht, engagiert sich Uwe Rösler mit seinem Trainerteam ungemein. In der Kaderplanung arbeitet er sehr akribisch mit. Das bezieht sich auch auf die Verkleinerung des Kaders. Einige Leihspieler sind wie gesagt aber nicht zu finanzieren.

Sind Sie jetzt da, wo sie bei Fortuna hinwollten?

Klein: Ich muss sagen, das war nicht von Anfang an der Plan, als ich 2002 als Co-Trainer bei Fortuna angefangen habe. Da hätte ich mir das nicht vorstellen können. Nach dem Ausscheiden 2014 und dem nicht einfachen Engagement als Sportdirektor in Rostock habe ich Spaß an dieser Arbeit gefunden. Ich kann als ehemaliger Trainer auch nachvollziehen, was der Verantwortliche für die Mannschaft denkt. Deshalb glaube ich, dass die Zusammenarbeit mit Uwe Rösler davon profitiert.

(SD)

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