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Thioune: Wir wollen nach Berlin

Ausgerechnet Leverkusen steht Fortunas Träumen im Weg

Foto: Kenny Beele

von Norbert Krings

44 Jahre nach dem denkwürdigen Erfolg im DFB-Pokal gegen den 1. FC Köln 1980 (2:1) und damit dem letzten Titelgewinn für die Profis von Fortuna Düsseldorf hat sich der ganze Verein inklusive aller Fans unbändig auf diesen Tag gefreut. Doch das heutige Pokal-Halbfinale soll nur der vorletzte Schritt sein, um am Ende den Pokal in Berlin in die Höhe strecken zu können. Wie immer bei einem Traum kann es ein böses Erwachen geben, wenn der Gegner im Halbfinale kurzen Prozess mit den Fortunen machen sollte. Doch Daniel Thioune hat versprochen, dass seine Mannschaft bis zu letzten Sekunde darum kämpft, das Finale zu erreichen und in Leverkusen, bei der „besten Mannschaft Europas“, wie es Fortunas Chefcoach ausdrückte, zu bestehen. Leider passiert das ohne Ao Tanaka, der am Blinddarm operiert werden musste und ausfällt.

Wie schön wäre ein Heimspiel gewesen oder eine lösbare Aufgabe gegen Saarbrücken oder Kaiserslautern. Nein, es musste der schwerste Brocken sein, der sich in der Lostrommel bei der Halbfinal-Auslosung befand. Die Vorfreude auf diesen unmöglichen Auftrag lassen sich die Fortunen aber nicht verderben. Einerseits sind schon mehr als 5 Millionen Euro in die Kassen der Fortuna durch die erfolgreiche Pokal-Saison geflossen. Andererseits haben die Düsseldorfer rein gar nichts zu verlieren. Da sich die Mannschaft in guter Form befindet, zuletzt wenig Tore kassierte und obendrein fast alle Mann an Bord sind, lässt man sich von 39 ungeschlagenen Spielen in Folge des Gegners nicht groß beeindrucken.

Fortuna hat heute die Möglichkeit, etwas fürs Image zu tun, auch weil die Aufmerksamkeit für dieses Pokal-Halbfinale bundesweit sehr groß ist. „Es ist ein besonderes Spiel für die Fortuna, weil wir etwas Historisches erreichen können“, beschrieb Sportdirektor Christian Weber die Bedeutung des Spiels. Die Vorfreude im Umfeld und in der Stadt sei überall zu spüren. „Auch deswegen sind wir maximal motiviert, um den Leverkusenern einen harten Kampf zu bieten.“ Man wolle sich maximal gut präsentieren. „Das wird unsere Aufgabe sein“, meinte Weber. „Das Pokal-Halbfinale ist ein Highlight, aber auch der insgesamt von uns eingeschlagene Weg führt in die richtige Richtung. Und den können wir nun deutschlandweit präsentieren.“ Hinzu kommt die wirtschaftliche Bedeutung, die Zusatzeinnahmen dienen dazu, dass Fortuna mit diesem Zubrot einige Themen vorantreiben kann.

Direkt nach dem Spiel in Kaiserslautern hat sich Daniel Thioune mit dem „unmöglichen Auftrag“ auseinandergesetzt, den er ebenso erfüllen möchte, wie es Ethan Hunt, alias Tom Cruise, in bisher allen Verfilmungen mit diesem Titel geschafft hat. „Alle schauen derzeit mit viel Respekt nach Leverkusen, wo eine Bayer-Mannschaft spielt, die zurecht oben steht“, erklärte Thioune. „Früher hätte ich gesagt, dass wir neun von zehn Spielen verlieren würden, aktuell sieht es so aus, dass wir wohl 99 Begegnungen von 100 verlieren würden. Aber da gibt es ja noch einen ganz kleinen Prozentsatz, dass es möglich ist.“ Fortunas Chefcoach vergleicht das auch mit seinem Weg und den geringen Chancen überhaupt Fußball-Profi zu werden oder sogar einer von 36 Erst- und Zweitligatrainern im Profibereich. „Und das war zuvor auch noch unwahrscheinlicher als ein Pokal-Erfolg von uns in Leverkusen.“

Teamgeist und gegenseitige Unterstützung ist jetzt in Leverkusen ganz besonders gefragt. Foto: Kenny Beele

Fortuna habe maximalen Respekt und gehe das Ganze demütig an. „Aber wir wollen dem Gegner einen Pokalfight liefern, und wir rechnen uns dann schon etwas aus, nachdem 39 Mannschaften zuvor gescheitert sind, der Werkself eine Niederlage beizufügen“, sagte Thioune, der sich in der Taktik schon deutlich mehr nach dem Gegner richten wird als in normalen Ligaspielen. „Eine grundsätzliche Taktik haben wir allerdings, aber die hatten andere Mannschaften zuvor gegen Leverkusen auch.“ Die individuelle Qualität des Gegners ist höher, und daraus leitet Thioune ab, dass Bayer entscheiden wird, wie das Spiel laufen werde.

Heute können die Fortunen zeigen, wie weit sie bereits sind

„Wir müssen dann darüber entscheiden, in welchen Räumen wir sie Fußball spielen lassen und was wir machen, wenn wir das Spielgerät haben werden.“ Passwege sollen blockiert, keine frei Füße beim Gegner in Tornähe erlaubt werden, und eine maximal hohe Intensität gegen den Ball muss laut Thioune bei seiner Mannschaft gegeben sein – ebenso wie der Spaß an dieser besonderen Aufgabe. „Wir sind sehr gespannt, wie sich die Jungs mit diesem Gegner messen, auch weil wir immer in der Lage waren, Tore zu erzielen“, sagte der Sportdirektor.

Die komplette Selbstverständlichkeit in den Spielen der Leverkusener – so wie in der Hinrunde – sieht Fortunas Trainer nicht mehr. Man sollte aber auf jeden Fall eine Rote Karte verhindern, um die Chancen nicht noch mehr zu schmälern. „Und man sollte darauf achten, dass man selbst ein Tor schießt, weil die Leverkusener es immer wieder geschafft haben, zum Schluss ein Spiel noch zu drehen“, sagt Thioune. „Das brutale Selbstverständnis, noch immer das Ruder rumreißen zu können, zeichnet Bayer aus.“

Daniel Thioune geht völlig gelassen ins Spiel. Während der 90 Minuten oder mehr) wird das anders aussehen. Foto: Kenny Beele

Personell gab es bis gestern weder einen längeren Zettel mit den Namen der Verletzten noch größere Probleme, den Kader auf die erlaubte Zahl von 20 Profis zu bringen. Nicolas Gavory (muskuläre Probleme) und King Manu (Entzündung) waren zunächst die beiden einzigen Spieler, die der Trainer in Leverkusen nicht zur Verfügung hat – exklusive den Spielern, die er noch streichen muss. Doch an diesem Morgen sprach es sich schnell herum, dass auch Ao Tanaka fehlen wird. Aufgrund einer akuten Blinddarm-Reizung und einer folgenden Operation noch am späten Dienstag steht er nicht zur Verfügung. Ein bitterer Ausfall für die Fortuna.

Marcel Sobottka ist wieder fit genug, um mit in Leverkusen zumindest auf der Bank dabei zu sein. Vielleicht muss er nun sogar von Beginn an ran. Kräftemäßig wäre der Routinier auf jeden Fall eine Option, wie er selbst einräumt. Nach dem Anschwitzen am Morgen will der Trainer endgültig entscheiden, wie der Kader besetzt ist und letztlich auch die Mannschaft auflaufen wird. „Es sind brutal schwere Entscheidungen, wer nicht im Kader stehen wird“, sagt Fortunas Trainer. „Da wird mir keiner in die Arme fallen, weil ich so ein toller Mensch bin“, Ich will, dass die bestmögliche Elf dann auf dem Rasen stehen wird.“

Grundsätzlich könne er eigentlich gar nichts falsch machen.“ Thioune bezeichnet es als ultimativ, als Mannschaft bei sich zu bleiben. „Wir müssen nichts Besonderes machen“, sagte er und bezog das auf die Taktik und die Aufstellung. Das gelte auch für Christos Tzolis. „Es wird seine Bühne sein. In der 2. Liga hat er es gezeigt, jetzt darf er es mit seinem Team gegen das beste Team Europas zeigen. Ich lasse ihn los, er hat keinen Auftrag, er will sowieso nur den Ball ins Tor schießen. Das passt und deckt sich mit meinen Ideen.“

Mögliche  Aufstellung:
Kastenmeier – Oberdorf, Hoffmann, Siebert, Iyoha – Engelhardt, Zimmermann – Klaus, Johannesson, Appelkamp – Tzolis
Kader: Niemczycki – Uchino, de Wijs, Sobottka, Daferner, Vermeij, Mustapha, Jastrzembski, Niemiec

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