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„Platz eins bis fünf ist drin“

Johannes Frey vom JC 71 Düsseldorf fährt selbstbewusst zu Olympia

Foto: Kenny Beele

von Bernd Schwickerath

Johannes Frey ist am Ziel: Der Judoka vom JC 71 Düsseldorf fährt mit großen Zielen zu Olympia nach Tokio. Und nicht nur das: Auch Karl-Richard Frey ist nominiert. Das hatten die Brüder vor Jahren genauso geplant – und sind einen ungewöhnlichen Weg gegangen.

Seit ein paar Tagen hat Johannes Frey vom TEAM 2021 Düsseldorf endgültig Gewissheit: Seitdem weiß der 24-Jährige, dass er den Deutschen Judo-Bund in der Klasse über 100 Kilogramm bei den Olympischen Spielen in Tokio vertreten wird. Nun mögen sich manche fragen: Habe ich das nicht schon mal gelesen? Ja, im Februar 2020 war das, da stellte der Verband zum ersten Mal seinen Tokio-Kader vor, und auch da war Johannes Frey vom JC 71 Düsseldorf dabei.

„Nach meinem zweiten Platz beim Grand Prix in Düsseldorf habe ich es verkündet bekommen“, erinnert sich Frey, „aber dann kam Corona, die Nominierung wurde aufgehoben.“ Die Gleichung war recht simpel: kein Olympia = keine Athleten. Lange Zeit war nicht mal klar, ob die 2020 ausgefallenen Sommerspiele überhaupt nachgeholt werden.

Mittlerweile wissen wir: Sie finden trotz vieler kritischer Stimmen (vor allem aus Japan selbst) statt, irgendwie zumindest. Und Frey hat keine Sekunde gezweifelt, dass er es noch mal ins deutsche Team schaffen würde: „Ich war mir sicher, dass ich dabei bin.“ Nun hat er es offiziell.

Ganz so einfach waren die vergangenen Monate allerdings nicht. Wenige Einzelwettkämpfe, keine Liga, auch im Training waren diverse Dinge zu beachten. Und als es dann endlich wieder so etwas wie Normalität im internationalen Judo geben sollte und der Grand Slam in Georgien anstand, infizierte sich Frey selbst mit Corona. „Starke Kopfschmerzen, Schlappheit, Müdigkeit, Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn – ich lag fast zwei Wochen im Bett.“

Wochenlange Pause

Vor allem verbrachte er den Großteil davon in einem georgischen Hotelzimmer. Nach zehn Tagen und einem negativen Test durfte er nach Hause, musste aber auch dort noch in Quarantäne. Erst als er das „Return to sport“-Protokoll mit diversen Untersuchungen über mögliche Langzeitfolgen erfolgreich absolviert hatte, durfte er wieder auf die Matte.

„Das hat mich natürlich zurückgeworfen“, sagt Frey heute. Der geschwächte Körper, der Trainingsausfall, die fehlenden Wettkämpfe. „Ich hätte zwei Turniere kämpfen sollen, das in Georgien und danach noch mal in der Türkei. Die sind für weggefallen.“ Was auch bedeutete: Er konnte keine Punkte sammeln, nach denen die Setzliste für Olympia berechnet wird.

Foto: Kenny Beele

Nun ist das aber alles Vergangenheit: Frey ist nicht nur nominiert, er auch „wieder topfit und gesund, ich merke von der Infektion gar nichts mehr.“ Der Beweis war sein dritter Platz im Mai im russischen Kasan. Ein Comeback, das ihn optimistisch auf Tokio blicken lässt. Und das sollte er auch sein, denn die Ziele könnten kaum größer sein.

„Ich fahre da nicht hin, um eine Runde im Stadion zu laufen“, sagt Frey, „ich fahre dahin, um um die Medaillen zu kämpfen. Platz eins bis fünf ist drin. Ich habe es auch schon bewiesen, habe schon viele starke Leute geschlagen.“ Ob das wieder klappt? Abwarten, wichtig sei nur eins: „Wenn ich da von der Matte komme und mein Bestes gegeben habe, dann habe ich alles richtig gemacht. Was am Ende dabei herauskommt, das schauen wir dann.“

Ein jahrelanger Plan geht auf

Einer wird das sogar direkt aus der Nähe sehen können: sein fünf Jahre älterer Bruder Karl-Richard Frey. Auch der hat es in den Olympia-Kader geschafft, in der Klasse bis 100 Kilogramm. Zwei Brüder, die ihren Weg seit Jahrzehnten gemeinsam bestreiten und es nun zum größten Sportevent der Welt schaffen – das sei „natürlich etwas richtig Tolles“, sagt Johannes Frey. Und es ist das Ziel, auf das sie jahrelang hingearbeitet hatten.

Foto: Kenny Beele

Allerdings gab es da ebenso jahrelang ein Problem: Jedes Land darf pro Gewichtsklasse nur einen Kämpfer schicken, und beide kämpften in der bis 100 Kilogramm. Also setzten sich die Brüder, ihr Vater und Bundestrainer Richard Trautmann vor drei Jahren zusammen und schmiedeten einen Plan: „Ich hab extra die Gewichtsklasse gewechselt, damit wir beide hinfahren können.“

Das war natürlich nicht ohne Risiko. Frey war 21 Jahre alt und gerade dabei, sich bei den Männern zu etablieren. Nun sollte er wechseln, sich nicht nur auf neue Gegner und ihre Techniken einstellen, sondern selbst auch an Masse zulegen, während er nichts von seiner Athletik verlieren durfte. Doch wenn es gemeinsam zu Olympia gehen sollte, dann muss einer wechseln.

Der Rest der Familie fiebert von zu Hause aus mit

Dass die Entscheidung auf Johannes fiel, war allen Beteiligten sofort klar. Erstens ist er jünger und größer, zudem war Karl-Richard in seiner Entwicklung weiter, hatte bereits WM-Medaillen gewonnen und war bei Olympia 2016 Fünfter geworden. Nun, fünf Jahre später, fahren sie gemeinsam zu den nächsten Sommerspielen.

Der Rest der Familie wird allerdings nicht dabei sein. „Mein Vater und mein mittlerer Bruder wollten eigentlich auch kommen, aber ausländische Zuschauer sind nicht erlaubt. Jetzt werden sie uns von zu Hause aus anfeuern“, sagt Frey, der umso glücklicher ist, mit seinem Bruder eine Vertrauensperson an seiner Seite zu haben. „Wir können uns gegenseitig unterstützen.“

Bereits vorher sind sie zusammen. Derzeit wird zweimal am Tag in Köln trainiert, am Sonntag geht es nach Kienbaum unweit von Berlin ins „Olympische und Paralympische Trainingszentrum für Deutschland“, wo der Kader zur „unmittelbaren Vorbereitung“ zusammenkommt, wie Frey sagt. „Danach bin ich noch mal ein paar Tage zu Hause, und dann geht es auch schon los.“

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