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Fortunen kämpfen in Kiel ohne Glück

Kompakt stehender Gegner war so nicht zu bezwingen

Foto: Imago

von Norbert Krings

Fortuna Düsseldorf kann den direkten Aufstieg in die Fußball-Bundesliga nicht mehr erreichen. Nach dem 1:1 in Kiel bleibt dem Team von Daniel Thioune nur der verdiente dritte Platz und die Relegation. Es fehlten der Mannschaft an diesem Tag die entscheidenden Ideen und letztlich auch die Durchsetzungskraft. Allerdings hätte es direkt nach dem 1:0 der Kieler auch Handelfmeter und einen Platzverweis für den Gastgeber geben müssen.

Daniel Thioune hatte sich für Felix Klaus und zunächst gegen den zuletzt leicht angeschlagenen Marcel Sobottka entschieden. Der Vizekapitän saß aber auf den Bank. Jordy de Wijs spielte wie erwartet für den verletzten Jamil Siebert in der Innenverteidigung. „Wir wollen hier nicht die Nerven verlieren, denn wir fahren unser eigenes Rennen“, hatte Daniel Thioune vor dem Spiel erklärt. „Natürlich werden wir alles dafür tun, um noch auf Platz zwei zu kommen. Wir wollen kompakt stehen, die Mannschaft ist maximal entspannt, weil wir nichts mehr zu verlieren haben.“ So war klar, dass die Fortunen defensiv und kontrolliert beginnen würden, bevor sie nach und nach versuchen würden, ihre Chancen nach vorne zu suchen.

Die Kieler hatten auch einen Plan, indem sie möglichst früh ein Tor vorlegen wollten, um sich, die Nerven und ihre Zuschauer zu beruhigen. Genau das wollten die Gäste verhindern, um die Stimmung unter den 15.000 Zuschauern möglichst zu dämpfen. Bei der KSV Holstein fehlten Becker (wegen eines Bänderrisses) sowie Nicolai Remberg und Jann-Fiete Arp (beide Bank).

Für Fortuna hätte das Spiel nicht schlechter anfangen können. Der zweite Angriff der Kieler führte über die linke Seite direkt zum 1:0. Tim Rothe flankte ideal, Jordy de Wijs stand zu weit vom Gegenspieler Benedikt Pichler weg. Der Kieler konnte ungestört einköpfen, weil auch Felix Kastenmeier nicht auf die Idee gekommen war, den Ball im Fünfmeter-Raum abzufangen. 

Der nicht gegebene Elfmeter war ein krasser Fehler des Schiedsrichters

Völlig unverständlich und fast schon ein Skandal war dann die Wertung der nächsten Szene bei einem Angriff der Fortunen (4. Minute). Kiels Torwart Timon Weiner und Fortune Felix Klaus prallten zusammen. Der Ball flog weiter zu Vincent Vermeij, und der Niederländer köpfte aufs leere Tor. Patrick Erras lenkte den Ball am Tor vorbei – und das überaus eindeutig mit der Hand. Warum Schiedsrichter Sven Jablonski keinen Platzverweis aussprach und nicht auf Elfmeter entschied, war ein Rätsel. Er hatte sich die Szene mehrfach am TV-Bildschirm auf Intervention des Kölner Kellers angesehen. Diese Entscheidung war ein absoluter Witz.

Ganz Kiel konnte aufatmen. Die Fortuna ließ sich nichts anmerken, die Spieler blieben überraschend ruhig, und dass obwohl sogar Klaus ausgewechselt werden musste nach dieser Szene. Sie spielten weiter nach vorne gegen früh pressende Gastgeber, die sich nach und nach auf Ballhalten und Sicherheit verlegten. Fortuna wartete und griff nicht früher als an der Mittellinie an. So wurde daas Spiel statischer, auch weil die Fortunen noch kein zu großes Risiko eingingen. Die Platzherren warteten ab und setzten Kontrolle.

Und dann kam die Chance, auf die die Mannschaft von Marcel Rapp gewartet hatte. De Wijs ließ sich rausziehen und öffnete den Raum. Alexander Berhardsson setzte sich zu einfach gegen Iyoha durch und tauchte frei vor Kastenmeier auf. Der behielt die Nerven im Gegensatz zum Kieler Stürmer, der den Ball links am Tor vorbeischoss und nicht seinen Nebenmann bediente (36.). Zwar hat sich die Fortuna 11:3-Torschüsse herausgespielt, verzeichnete sieben Ecken, aber ein Tor wollte auch gegen einen schwachen und unentschlossenen Torhüter der Platzherren nicht gelingen.

Das Pausen-Interview mit Fortunas Sportvorstand ging in eine klare Richtung in Bezug auf die Handspiel-Entscheidung. „Das geht so nicht, der Ball geht klar ins Tor, wenn die Hand da nicht im Weg ist“, sagte Klaus Allofs zur Pause. „Wir erleben jede Woche abenteuerliche Interpretationen von Handspielen. Der Schiedsrichter hatte sich offensichtlich schon vorher festgelegt.“

Tim Oberdorf (links) und Lewis Holtby kämpfen um den Ball. Foto: Imago

Unverändert ging es auf beiden Seiten nach der Pause weiter. Fortuna musste allerdings jetzt mehr riskieren, um das angestrebte Ziel noch zu erreichen. Denn nur ein Dreier zählte, um sich die Chance zu erhalten, einen direkten Aufstiegsplatz zu belegen. Großartig anders sah das Spiel auch in der ersten Phase der zweiten Hälfte nicht aus. Fortuna bemühte sich, doch mit hohen Bällen war gegen diese Kieler Abwehr nichts zu gewinnen. Es fehlte zudem an Kreativität im Spiel nach vorne, weil auch Ao Tanaka keine richtige Bindung zum Spiel hatte.

Daniel Thioune musste langsam reagieren, denn es fehlen die Abschluss-Situationen für die Gäste. Es war kein guter Tag für die Fortuna bis dahin. Das Gefühl, dass alle unbedingt den Sieg wollten, war in dieser Phase nicht so richtig zu erkennen. Zwar erhöhten die Gäste langsam das Risiko, was auch an der Zahl der Konter der Kieler zu erkennen war. Und dann kam die Fortuna zumindest tasächlich zu einem Foulelfmeter. Nach langem Videostudium von Schiedsrichter Jablonski nach einem Foul von Lewis Holtby an Jona Niemiec gab der Unparteiische den Strafstoß. Christos Tzolis verwandelte eiskalt zum Ausgleich.

In der letzten Viertelstunde hatte Fortuna nur noch eine Chance durch Tzolis

20 Minuten hatte die Fortuna also noch Zeit für einen weiteren Treffer, um sich die Chance auf den direkten Aufstieg zu erhalten. Zwar kassierten die Kieler eine Ecke nach der anderen und alle, die scharf aufs Tor gezogen wurden, waren gefährlich, weil Torwart Weiner große Probleme dabei hatte. Die Spannung nahm zu, weil die Kieler das Ding unbedingt über die Zeit bringen wollten. Fortuna bemühte sich, aber auch die Gäste hatten nun nicht mehr die Kraft und die Konzentration, um noch einmal für gefährliche Situationen vor dem gegnerischen Tor zu sorgen. So blieb es nach einer einzigen guten Abschluss-Chance von Christos Tzolis trotz der Nachspielzeit von sechs Minuten bei einer insgesamt für Fortuna enttäuschender Punkteteilung und der sicheren Qualifikation für die Relegationsspiele.

Statistik:
Kiel: Weiner – Johansson, Erras, Ivezic – Rosenboom, Sander, Holtby (85. Mees), Rothe – Machino (74. Arp), Pichler (63. Remberg) – Bernhardsson (86. Schulz)
Fortuna: Kastenmeier – Zimmermann, Oberdorf, de Wijs (83. Hoffmann), Iyoha – Engelhardt (83. Mustapha) – Klaus (8. Niemiec), Tanaka, Appelkamp (74. Johannesson), Tzolis – Vermeij  (74. Daferner)
Kader Fortuna: Niemczycki – Quarshie, Sobottka, Gavory
Schiedsrichter: Sven Jablonski (Bremen/Note: 5, schwache Leistung, es war ein krasse Fehlentscheidung, den klaren Hand-Elfmeter in der vierten Minute nicht zu geben. Und auch weitere Unsicherheiten und Fehler prägten die Spielleitung des Unparteiischen. Holtby hätte Gelb nach einem Foul an Tzolis sehen müssen. Den Foulelfmeter musste sich Jablonski auch noch lange ansehen, bevor er dann endlich richtig auf Elfmeter entschied)
Zuschauer: 15.000 (ausverkauft)
Tore: 1:0 (2.) Pichler, 1:1 (70. F.E.) Tzolis
Gelbe Karten: Sander / Iyoha (5.), Hoffmann (3.)
Beste Spieler: Ivizic, Jahanssen / Tzolis
Spielnote: 3
Chancen: 5:8
Besonderheit des Spiels: Dieser Handelfmeter, der nicht gegeben wurde, hatte große Auswirkungen auf dieses Spiel.
Spielfazit: Fortuna erwischte einen Horrorstart und lag nach zwei Minuten 0:1 zurück. Dann wurde ihr der Ausgleich verwehrt. Nach dem dann späten 1:1 in der 70. Minute ging zu wenig, um gegen die kopfballstarke Abwehr des Gastgebers etwas zu erreichen.

Benotung der Fortuna-Spieler:
Kastenmeier 3 – Zimmermann 3, Oberdorf 2,5, de Wijs 4,5, Iyoha 4,5 – Engelhardt 4 – Klaus 3, Tanaka 4, Appelkamp 4, Tzolis 2,5 – Vermeij 4,5 / Niemiec 4

Reaktionen:
„Die Leistung unserer Mannschaft war sehr gut. Die Daten sprechen für sich. Wir sind enttäuscht, wir wollten gewinnen, das ist uns nicht gelungen. Die Elfmeterentscheidung war ärgerlich. Das war absolut ein strafbares Handspiel. Der Schiedsrichter hat mir erklärt, wenn es die rechte ausgestreckte Hand gewesen wäre, hätte er auf Elfmeter entschieden. Wir sind aber ein fairer Verlierer, daher geht ein Glückwunsch an die Kieler für den direkten Aufstieg.“
Christian Weber, Sportdirektor der Fortuna

„Mehr Elfmeter und Handspiel geht nicht.“
Torsten Mattuschka, Experte bei Sky

„An erster Stelle, Glückwunsch an Kiel und St. Pauli. Das ist schon sehr bitter, und die Enttäuschung überwiegt. Wir haben den direkten Aufstieg aber nicht heute verspielt, sondern in anderen Spielen unnötig Punkte liegen gelassen. Wir konnten heute nicht nach dem Sieg greifen, obwohl wir ein Riesenspiel gemacht haben. Und Letzteres sollte uns Mut für die nächsten zwei drei Wochen geben. Wir haben die fragwürdige Entscheidung gut weggesteckt. Dass wir dann normal weitergespielt haben, obwohl uns auch noch Felix Klaus ausgefallen ist, das zeichnet uns aus.“
Florian Kastenmeier, Torhüter der Fortuna

„Wir werden von den Schiedsrichtern jedes Jahr geschult. Mir wurde also erklärt, wo ich meine Hände haben muss im Strafraum. Bei einem solchen Handspiel gibt es für mich keine zwei Meinungen – da gibt es Elfmeter und die Rote Karte. Das war eine spielentscheidende Szene. Die Erklärung, die ich da bekommen habe, macht nicht so viel Sinn.“
Andre Hoffmann, Kapitän der Fortuna

„Es macht nicht so viel Spaß, den Kielern beim Jubel zuzuschauen. Trotzdem geht nach einer starken Saison ein Glückwunsch an diese Mannschaft. Die Kieler können sehr glücklich mit diesem Spielausgang sein. Uns haben ja nur zwei Minuten gefehlt – nämlich die ersten beiden. Ich habe noch kein Bild gesehen, ich muss es jetzt so nehmen.Erst nach unserer Intervention beim vierten Offiziellen hat der Schiedsrichter, der erst auf Eckball entschieden hatte, sich das Ganze erst angesehen. Aus Köln kam offensichtlich nichts. Da kann sich nun jeder selbst eine Meinung bilden. Ich akzeptiere es letztlich. Die Präzision bei unseren Abschlüssen hat fast immer gefehlt. Ansonsten war es ein unfassbar gutes Spiel. Hätte Christos Tzolis kurz vor Ende getroffen, wäre ich nackt durchs Stadion gelaufen. Aber St. Pauli muss jetzt auch noch zweimal spielen.“
Daniel Thioune, Trainer der Fortuna

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