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Milan Andresen: Das ist jetzt unsere Bühne

Invictus Games nutzen, um auf Probleme hinzuweisen

Foto: Krings

von Norbert Krings

Milan Andresen gibt nicht auf. Der frühere Sanitäter der Bundeswehr kämpft gegen seine psychischen Probleme an und will irgendwann wieder ganz gesund sein. Doch der Weg für ihn ist noch lang und beschwerlich, weil das, was hinter ihm liegt, ihn noch sehr belastet. Umso wichtiger ist für Milan Andresen, dass er bei den Invictus Games teilnehmen und zeigen kann, wie wertvoll diese Veranstaltung für jeden Teilnehmer und auch jedes Familienmitglied ist, das die Sportler nach Düsseldorf begleitet und dort unterstützt.

“Das Miteinander ist das Besondere an den Invictus Games. Dass die Familie dabei sein kann, bedeutet mir hier zudem sehr viel“, betont Andresen, der unter einer posttraumatischen Störung leidet, nachdem er als Sanitäter auf einer Begleit-Fregatte im Indischen Ozean 2009 von Piraten als Geisel genommen worden war. „Das hat sich bei mir im Kopf und der Seele geradezu eingebrannt.“ Die Ereignisse plagen den 37-Jährigen noch zu oft und von dieser leidvollen Erfahrung kann er sich psychisch nicht so einfach lösen. „Ich freue mich, dass die Invictus Games inzwischen so viel Aufmerksamkeit erlangen“, meint der deutsche Invictus-Sportler, der in Harrislee bei Flensburg sein Zuhause hat und die Atmosphäre der Spiele in Düsseldorf sehr genießt – aber auch ein wichtiges Anliegen neben seinem Sport hier hat.

Es herrscht in und um die Arena eine ganz besondere Stimmung

Bei der Vorstellung der Straßenbahn mit dem Invictus-Schriftzug war er im Frühjahr bereits mit seinem Sohn in Düsseldorf vor Ort gewesen. Da hat er dann auch kurz die Stadt kennengelernt und war beeindruckt. „Jetzt wird man hier in Düsseldorf an jeder Ecke auf die Invictus Games aufmerksam gemacht“, sagt Andresen, der berichtet, dass die Beachtung der Spiele erst spät an Dynamik zugelegt hat. Jetzt aber genießt er diese besondere Stimmung und tatsächlich auch das Miteinander der im Einsatz versehrten Sportler aus 22 Nationen. 

Der 37-Jährige ist stolz, dass sein Land diese Spiele ausrichtet. „Wir möchten natürlich die Nationen toppen, die vor Deutschland die Invictus Games ausgerichtet haben. Wir hoffen auf über 100.000 Zuschauer in dieser Woche“, sagt er, der zum ersten Mal Deutschland bei den Invictus Games vertritt und seit 2016 in der Sporttherapie bei der Bundeswehr in Warendorf behandelt wird. Im März war er angerufen und gefragt worden, ob er bei den Spielen in Düsseldorf teilnehmen wolle. „Ich fühlte mich natürlich riesig geehrt, dabei sein zu dürfen“, sagt Andresen, der auch die Gelegenheit nutzen möchte, die Verantwortlichen in der Politik darauf aufmerksam zu machen, dass die Hilfsangebote durchaus noch ausgeweitet werden könnten. „Dafür haben wir jetzt unsere Bühne. Meine Frau hat die Gelegenheit genutzt, um einem General zu erklären, was in der Betreuung der betroffenen Soldaten nicht so gut funktioniert.“ Es sei notiert worden auf diesem Weg – nach dieser direkten Ansprache von Angesicht zu Angesicht. 

Foto: D.LIVE/Engelhardt

Um weiterhin die Hoffnung zu haben, als Berufssoldat die weitere Karriere in der Bundeswehr zu machen, gibt es für Andresen allein die Möglichkeit, komplett gesund zu werden. Die Gesetzeslage ist schwierig, weil die Reha garantiert, aber die Versorgung nicht gesichert sei. „Es könnte so kommen, dass man irgendwann auf der Straße steht.“ Für Andresen ist die Veranstaltung also eine wichtige Möglichkeit, um auf die Probleme der versehrten Soldaten in Deutschland aufmerksam zu machen. Es gehe ihm nicht nur um Sport und Medaillen.

Alle 14 Tage steht die Therapiesitzung an, hinzu kommt für ihn als Teilnehmer der Invictus Games noch eine Sporttherapie. „Ich werde oft gefragt, Dir müsste es jetzt doch besser gehen“, sagte Andresen. „Ich antworte dann, dass es immer noch tief in meinem Kopf festsitzt, was ich da erlebt habe.“

Völlig entgegengesetzt waren dann die Emotionen, als er mit der deutschen Mannschaft am vergangenen Samstag bei der feierlichen Eröffnung in die Arena eingezogen war. „Ich war so geflasht, was für eine Stimmung hier herrscht. Und die Organisation ist perfekt, es wurde an alles gedacht, sogar auf jeder Mülltonne sind hier die Aufkleber der Invictus Games zu finden“, erklärt der 37-Jährige. Alle Teilnehmer seien fröhlich und zuvorkommend.

Die Eröffnungsfeier hat alle emotional sehr bewegt

Eigentlich wolle hier jeder eine Umarmung oder ein „High Five“, um zu zeigen, wie wohl man sich hier in Düsseldorf und in dieser Gemeinschaft fühlt. Dazu hat auch der Auftakt der Games maßgeblich beigetragen. „Die Eröffnung schuf reines Gänsehaut-Feeling.“ Das lag für Milan Andresen selbst auch daran, dass seine Tochter die deutsche Flagge tragen durfte. „Das war für mich völlig überwältigend. Ähnlich wie bei einer Fußball-WM. Aber jetzt bin ich hier ein Darsteller und eine Hauptperson.“

Andresen tritt übrigens in drei Sportarten an. Teil seiner Therapie sei aber gewesen, nicht immer alles nur für den Sieg zu geben. „Hier steht die Gemeinschaft im Vordergrund“, sagt er. „Mein Ziel ist es, besser zu sein als im Training. Nur auf den Medaillenspiegel zu schauen, ist nicht mein Ding.“ Im Rudern geht es auf dem Ergometer darum, die Kräfte über eine Minute optimal einzusetzen. Im Schwimmen startet er über 50 und 100 Meter Freistil und in der Staffel. Am letzten Tag will er mit dem Bogenschießen wieder ein wenig runterkommen und vielleicht danach doch noch mal Düsseldorf selbst genießen.

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