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„Ich kann den Sportlern nur empfehlen, den Sport wegen des Sports zu treiben. Nicht nur wegen möglicher Erfolge…“

Uli Eicke, Goldmedaille Olympische Spiele 1984 im Kanu

Uli Eicke (Kanu) Aufn. 8.85 © HORSTMÜLLER

Olympia fällt aus. Frühestens 2021 werden die Olympischen Spiele in Tokio stattfinden. Für viele Sportler bedeutet das eine Verschiebung ihres großen Traums. Was das mit der Motivation und dem Trainingsplan macht, das weiß Uli Eicke aus eigener Erfahrung. Er erlebte den Olympia-Boykott 1980 hautnah als Athletensprecher. Trotzdem erlebte der frühere Weltklasse-Kanut des WSV Rheintreue zwei Olympische Spiele und gewann sogar Gold. Ein Gespräch über Motivation.

Herr Eicke, wie haben Sie die vergangenen Wochen erlebt?

Ich arbeite als Heilpraktiker in Düsseldorf und habe die Praxis drei Wochen lang aus eigenen Stücken geschlossen. Als Heilpraktiker arbeite ich ja manuell. Seit knapp zwei Wochen ist aber wieder auf unter Berücksichtigung aller Vorsichtsmaßnahmen wie Desinfektion aller Klinken und Liegen, regelmäßigem Händewaschen und ich arbeite mit Mundschutz.

Während Ihrer Pause wurde auch über die Olympia-Verschiebung entschieden. Wie fanden Sie die Entscheidung?

Sie kam gerade noch rechtzeitig, so rechtzeitig, dass sich als Sportler darauf einstellen kann. Es ist natürlich eine riesige Entscheidung, die macht man sich ja nicht leicht. Ähnlich wie beim Oktoberfest, die haben ja auch ein wenig rumgeeiert. Was da so dran hängt mit Verträgen, was Thomas Bach alles bedenken muss, bis so eine Entscheidung fällt. Da habe ich schon Verständnis, dass das nicht übers Knie gebrochen wird.

Was bedeutet so eine Absage für Sportler und ihre Motivation. Die Situation ist ja schon vergleichbar mit dem Olympiaboykott 1980…

Der Vergleich liegt ja auf der Hand. Olympia fällt aus und als Sportler hast du es nicht in der Hand. Also: Was nun? Bei mir war nach der Absage damals erst einmal der Dampf raus, ich habe mit weniger Motivation weiter gemacht. Allerdings hatte ich Kanusport ohnehin wegen des Kanusports betrieben und eine intrinsische Motivation. Auch ohne Olympia war für mich ein Tag ohne Kanu nicht vorstellbar. Deshalb habe ich den Blick dann schnell wieder auf die nächsten Olympischen Spiele gerichtet.

Konnten Sie den Boykott damals nachvollziehen?

Absolut nicht. Ich war ja Aktivensprecher für die Kanusportler. Wir mussten boykottieren, weil die Russen in Afghanistan einmarschiert waren. Was das mit Olympia zu tun haben sollte, das war für uns schwer einzusehen. Wir hatten dann alles mögliche versucht, um doch teilnehmen zu können, waren sogar hoch bis zu Bundeskanzler Schmidt. Aber der hat uns nur abgekanzelt und war richtig brummig zu uns.

Mit welcher Begründung?

Das habe ich Jahre später erfahren. Sein damaliger Kanzleramtsminister war später ein Patient bei mir. Und der hat mir erklärt, dass Helmut Schmidt immer dann schlecht gelaunt war, wenn er wusste, dass er etwas Falsches tut. Er hatte das Gefühl, dass der Olympiaboykott die falsche Entscheidung war. Aber es gab damals wohl zu viele Konflikte mit dem amerikanischen Präsidenten und wollte nicht auch noch das Fass Olympia aufmachen.

Was haben Sie statt Olympia gemacht?

Wir sind statt Olympia zu einer Drachenbootregatta in Malaysia eingeladen worden. Drachenboot, das war damals sehr exotisch und das haben wir dann einfach darein geschoben. Das war ein großer Spaß und ein guter Ausgleich. Das hätte ich mir nicht geleistet, wenn Olympia gewesen wäre. So habe ich es etwas lockerer gemacht in der Saison. Ein Jahr später war dann WM, da bin ich wieder voll eingestiegen.

Vier Jahre später haben Sie bei Olympia dann sogar Gold gewonnen. Eine Extraportion Motivation durch den Boykott?

Ich glaube schon. 1984 war ich 32 und das galt damals als alt. Ich erinnere ich an ein Gespräch mit dem Bundestrainer kurz nach dem Boykott. Da sagte er: ´Du Uli, ich hab kein Interesse an einem alternden Sportler, der nochmal Weltmeisterschaft fahren will, aber nicht mehr Olympia. Du stehst jetzt erst einmal nicht vorn auf meiner Liste.´ Da hab ich nur gedacht: Was soll das jetzt und geantwortet: Pass auf, Georg, ich bereite mich gerade auf meine nächsten Olympischen Spiele vor. Und damit war die Sache klar.

Können Sie Sportlern einen Tipp geben, wie sie am besten mit so einer Sache umgehen?

Ich kann den Sportlern nur empfehlen, den Sport wegen des Sports zu treiben. Nicht nur wegen möglicher Erfolge. Bei Kindern spricht man manchmal von Gummibärchen-Motivation. Das heißt, sie tun nichts, so lange sie nichts bekommen für ihre Leistung. Aber besser ist es, wenn die Motivation von innen heraus kommt und sie den Sport wegen des Sports machen. Ich erinnere mich an die Frage eines Journalisten, als Boris Becker gerade Wimbledon gewonnen hatte. Da wurde ich gefragt, ob ich es bedaure, Kanusport zu machen und nicht Tennis, weil da mehr Geld zu holen sei. Da habe ich aus vollen Herzen gesagt Nein! Kanu steckte immer in mir, das musste raus.

(PK)

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