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Wenn niemand Handball kennt…

Überzeugungsarbeit in den USA in Detroit

Foto: Andrew Acciaioli

von Jan Wochner

In der Sportstadt im CASTELLO laufen in diesen Tagen die German International Youth Championships (GIYC) – ein Handball-Nachwuchsturnier auf allerhöchstem Niveau mit europäischen Topteams. Es gibt auch einen Kooperationspartner Übersee in den USA. Doch während hier in Europa Handball zu den beliebtesten Sportarten zählt, müssen die Aktiven vom Detroit Handball Club erst Überzeugungsarbeit für ihre Leidenschaft leisten.

„Als ich Handball mit 16 Jahren bei den Olympischen Spielen gesehen habe, habe ich mich sofort verliebt“, sagt Joe Williams. Der 25-Jährige ist der Vorsitzende des Detroit Handball Club, einem ambitionierten Projekt im US-Bundesstaat Michigan. Das GIYC in der Sportstadt Düsseldorf unterstützt sein Verein als Social-Media-Kooperationspartner.

Den Detroit Handball Club gibt es seit zwei Jahren. Bis zur Gründung mussten Handballspielerinnen und Handballspieler aus der Region sechs Stunden Fahrtzeit bis zum nächstgelegenen Handballverein in den USA in Kauf nehmen. In Chicago wird Handball gespielt, die Region in und um Detroit war ein schwarzer Fleck auf der ohnehin spärlich besiedelten Handball-Landkarte in Amerika.

Joe Williams, Leiter des Detroit Handball Club. (Foto: Andrew Acciaioli)

Williams: „Es gibt mehr Quidditch- als Handballspieler in den USA“

„Wir sorgen für ein Angebot für Erwachsene und den Nachwuchs und arbeiten auch mit Schulen und Jugendorganisationen zusammen. Unsere erste Mannschaft nimmt an der nationalen Meisterschaft teil“, erklärt Joe Williams, der den Verein mit aufgebaut hat. Er selbst ist ein Handball-Begeisterter. Er lief für die US-amerikanische U21-Auswahl auf und zog zeitweise sogar nach Dänemark, mit dem Ziel Profi zu werden.

„Ich habe in Dänemark gesehen, wie Handball-Infrastruktur selbst in einer kleinen Stadt aussehen kann“, erzählt Williams. „Da gab es mehr Infrastruktur als in den gesamten USA. Das hat mich inspiriert und angestachelt, in mein Land zurückzukehren und ähnliches aufzubauen.“ Auf seiner Tour auch Europa machte Williams auch in Flensburg und Veszprem Halt. Der Amerikaner war spätestens jetzt infiziert mit dem Handball-Fieber.

Der Detroit Handball Club will ein Mini-Flensburg werden

In seiner Heimat ist Handball nicht mehr als eine kleine Randsport. Gerade einmal 200 bis 500 Aktive gibt es in einem Land mit weit über 200 Millionen Einwohnern. „Es gibt mehr Menschen, die Quidditch spielen in den USA“, sagt Williams mit einem Augenzwinkern. Quidditch wohlgemerkt ist der Sport, der aus den Geschichten von Harry Potter nachempfunden ist. „Wir haben Fortschritte gemacht, der Sport wird langsam auch bei uns populärer, aber er hat noch längst nicht den Stellenwert von Volleyball, Lacrosse und sogar nicht von Quidditch“, stellt Joe Williams klar. 

Sein Ziel mit dem DHC ist klar: Handball-Hauptstadt der USA zu werden. „Wir wollen so etwas wie ein Mini-Flensburg werden“, erklärt der Vorsitzende. Schließlich würden mehr als sechs Millionen Menschen im weiteren Einzugsgebiet rund um Detroit leben: „Wenn wir Erfolg haben, dann aber richtig“, ist er sich sicher. „Nach unseren Vorstellungen kann Detroit so etwas wie der Motor für die Entwicklung von Handball in den USA sein und werden.“

Zusammenarbeit mit Detroits Schulen verspricht viel Zulauf

Foto: Andrew Acciaioli

Die Herausforderungen aber sind riesig. Viele Menschen in den USA haben noch nie von Handball gehört, kennen den Sport überhaupt nicht. Williams und seine Mitstreiter müssen nicht nur Überzeugungsarbeit leisten, sondern häufig die einfachsten Grundlagen ihres Sports erklären. Immer wieder auf’s Neue. „Es ist schwierig, die Leute zu begeistern, wenn sie nicht wissen, wofür überhaupt“, sagt Williams.

Fortschritte hat der Verein aber schon gemacht. Das Niveau sei im Vergleich mit deutschen Ligen maximal unterklassig. Aber der Detroit Handball Club startet in der höchsten amerikanischen Spielklasse. Mit Veszprem und Sporting Lissabon hat das Projekt internationale Kooperationspartner gefunden. Und mit dem lokalen Schulamt gibt es nun auch eine Zusammenarbeit, die Handball zukünftig rund 50.000 Kindern näher bringen soll.

Williams träumt von einer goldenen Zukunft in den USA. „Und vielleicht haben wir unter den 50.000 Kindern ja den nächsten Karabatic mit dabei“, scherzt er: „Wir müssen ihn nur finden…“ 

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