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Seite an Seite mit dem Erzrivalen

Wie DEG und KEC gemeinsam für die neue Eishockey-Saison kämpfen.

Foto: Birgit Häfner

von Bernd Schwickerath

227 Mal sind sich die Düsseldorfer EG und die Kölner Haie schon in Pflichtspielen begegnet. Und mindestens ebenso viele Geschichten gibt es zur so genannten „Mutter aller Derbys“ im deutschen Eishockey zu erzählen. Von schnöden Testspielen über Duelle in der Hauptrunde oder Freiluftspiele in großen Fußballstadien bis zu entscheidenden Derbys um die Meisterschaft – zwischen DEG und KEC hat es alles schon gegeben. Manchmal klebt eine Band auch ein übergroßes Logo ihres Lieblingsvereins auf den Bus des anderen.

Außerhalb der Spieltage ist allerdings wenig von der gegenseitigen Abneigung zu spüren. Da wissen beide Seiten, was sie am alten Rivalen haben. Kein anderer Gegner garantiert ja so viele Zuschauer in der Halle, kein anderes Spiel auch nur ansatzweise ähnlich viel Aufmerksamkeit. Nicht zufällig gibt es in der spielfreien Zeit gern mal gemeinsame Aktionen, um im Gespräch zu bleiben.

Die gibt es auch in diesem Jahr – allerdings ganz anders, als man es gewohnt war. Nun werden keine Busse durch Innenstädte gezogen oder sonstige Spielchen gespielt, vielmehr kämpfen beide Klubs vereint darum, möglichst bald wieder Eishockey vor Zuschauern anbieten zu können. Ohne ist ihr Sport nicht zu finanzieren.

Also schlossen sich DEG und KEC mit Klubs aus diversen Hallensportarten in der Initiative „Teamsport NRW“ zusammen und führen seitdem gemeinsam Hintergrundgespräche mit Verbänden, Behörden und Politikern. Und nicht nur das: Vor rund zwei Wochen gaben die Geschäftsführer Stefan Adam (DEG) und Philipp Walter (Haie) ein Doppelinterview, das deutschlandweit zitiert wurde. Seht her, die Lage ist so ernst, dass sich sogar Erzrivalen zusammenschließen. Der gewünschte Effekt.

Auch dieser Tage sind Düsseldorfer und Kölner wieder fleißig dabei, um für ihre Anliegen zu kämpfen – zwar offiziell getrennt, aber eben doch gemeinsam. Am Wochenende gab Walter dem „Express“ ein großes Interview, am Montag lud die DEG in der Altstadt zu einer Talkrunde mit Funktionären und Spielern, am Dienstag schrieb Haie-Kapitän Moritz Müller einen emotionalen Beitrag bei Instagram. Jeden Tag etwas, und in allen Fällen war die Botschaft an die Öffentlichkeit die gleiche: Hört uns zu, denkt an uns, wir brauchen Hilfe, damit wir und unsere Liga in der jetzigen Form überleben.

Noch ist das fraglich. Denn wegen der Corona-Pandemie wurde nicht nur die alte Saison abgebrochen, auch die neue wurde verschoben. Statt wie üblich im September, soll die DEL erst am 13. November starten. Doch nicht mal das ist sicher. Vergangene Woche wurde das bundesweite Verbot für Großveranstaltungen bis Ende des Jahres verlängert. Was für Ernüchterung in der Szene sorgte.

Nicht jedoch bei den rheinischen Rivalen, die darauf verweisen, dass der Profisport explizit vom Veranstaltungsverbot ausgenommen ist – wenn die Klubs denn passende Hygienekonzepte für die ihre Hallen vorweisen können. Und weil sie das laut Eigenaussage können, ziehen sie sogar Mut aus den Entscheidungen von Bund und Ländern: „Ich bewerte sie als Antrieb, das Gaspedal weiter voll durchzudrücken“, sagt KEC-Chef Walter im „Express“. Auch für Adam sei das alles „keine negative Nachricht“. Denn sollte das Hygienekonzept für den Dome durchgehen, könne sich die Saison rechnen, sagt Adam. Zumindest dann, wenn das „Best-Case-Szenario“ eintritt und die DEG etwas weniger als die Hälfte der 13.000 Plätze besetzen darf. Allem Anschein nach aber nur Sitzplätze.

Adam fordert schnelle Lösung: Bei welchem Level ist was möglich?

Noch liegt das Konzept aber in der Schublade. Weswegen Adam fordert, von der „Theorie in die Praxis“ zu kommen. Soll heißen: Er braucht nun endlich verbindliche Ansagen aus der Politik, was ab wann wie möglich ist. „Wir brauchen schnelle Szenarien-Entscheidungen: Was ist bei Pandemielage A, B, C?“, sagt der DEG-Geschäftsführer und könnte sich eine Art Ampel wie in Österreich vorstellen: „Das wäre für den Sport eine sinnvolle Lösung, dass man wirklich wüsste: Bei welchem Pandemielevel kann man was tun.“

Noch fehlt so etwas. Erarbeiten soll das Konzept eine neue Arbeitsgruppe mit Vertretern von Bund, Ländern und Sport. Doch das Problem: Die Ergebnisse sollen erst Ende Oktober feststehen, knapp zwei Wochen vor dem geplanten Start, laut Adam „definitiv zu spät für alle professionellen Sportarten, die auf Heimspielerlöse angewiesen sind“. In so kurzer Zeit könne man eine Saison nicht seriös planen. Allein aus sportlichen Gründen brauche man „acht Wochen vorher“ Gewissheit, dass es losgeht, sagt auch DEG-Manager Niki Mondt. Und der Sport ist ja nur ein Teil. „Wir brauchen schnelle Prozesse und schnelle Entscheidungen“, sagt Adam.

Neu ist die Idee nicht, seit Wochen und Monaten fordern Adam und Walter einen konkreten Fahrplan, treffen sich mit der NRW-Staatssekretärin Andrea Milz, Landtagsabgeordneten oder Bürgermeistern. Kaum ein anderer Sportfunktionär in NRW ist derzeit so aktiv und präsent wie die beiden. Was allerdings nichts mit Geltungsdrang zu tun habe, wie Adam versichert. Er repräsentiere nun mal die DEG.

„Zwei große Marken des deutschen Sports“

Die wartet zwar seit fast 25 Jahren auf die neunte Meisterschaft und gewann in den vergangenen acht Jahren nur eine Play-off-Serie, aber sie „gehört mit den Kölner Haien zu den großen Marken des deutschen Sports außerhalb des Fußballs“, sagt Adam. Außerdem entspreche es „meiner Mentalität, sich zu engagieren und für seine Sache einzusetzen“. Es gehe dieser Tage eben darum, sich auf vielen Ebenen Gehör zu verschaffen: innerhalb des Sports, bei Fans und Sponsoren, in den Medien und vor allem in der Politik und bei den zuständigen Ämtern und Ministerien.

Bislang hätten er und seine Kollegen das sogar noch „diplomatisch, verständnisvoll und leise“ getan, sagt er. Denn bei allem Engagement für einen Neustart des Hallensports, stehe es völlig außer Frage, dass bislang andere Themen wichtiger waren: Gesundheit, Wirtschaft, Bildung. Das gelte noch immer, sagt Adam, aber ihn stört, dass der Profiport in der öffentlichen Debatte auf abgehobene Fußball-Millionäre begrenzt werde.

Dabei gehe es „ums große Ganze“, um Sport als Kulturgut, als Ablenkung vom Alltag für viele Menschen, als Arbeitgeber, und auch als Motor für den Breiten- und Nachwuchssport, der „ohne die Popularität des Profisports, ohne die Erlöse des Profisports“ nicht möglich wäre in seiner jetzigen Form, sagt Adam. Also sei jetzt „die Zeit gekommen, in der wir uns äußern müssen, in der wir unsere Interessen vertreten, unsere Meinung sagen und in der wir gegebenenfalls unser Unverständnis über Äußerungen und Entscheidungen auch lautstark vertreten“. Die DEG tut das nicht allein, sondern gemeinsam mit der eigentlichen Konkurrenz, vor allem der aus Köln. Es soll ja nicht zu lange dauern, ehe sich DEG Und KEC beim 228. Derby wieder angiften können.

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