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Jobst: Fortuna sehnt sich nach Stabilität

Der Vorstandsvorsitzende will die nächsten Schritte gehen

Foto: Imago

von Norbert Krings

Fortuna Düsseldorf hat seit 404 Tagen einen neuen Vorstandsvorsitzenden. Alexander Jobst wurde beim Traditionsverein sicherlich nicht mit einer leichten Aufgabe betraut. Unser INTERVIEW gibt Antworten darauf, wie sich der 49-Jährige als Fortune eingewöhnt hat, wie er auf die sportlichen Schwankungen reagiert und wie er die vermeintlichen Zwistigkeiten mit der Stadt einschätzt.

Wie ist ihr Fazit nach einem Jahr Fortuna – kennen Sie den Verein schon in- und auswendig?
Alexander Jobst: Ist das eine Fangfrage? (lacht). Gremien, Mitglieder und Fans sowie die langjährigen Partner sind mir gegenüber sehr offen und haben es mir leicht gemacht, den Verein zu verinnerlichen. Das ist nicht selbstverständlich in einer schwierigen Zeit, aus der wir alle kommen. Nach über einem Jahr in der Verantwortung kann ich sagen: Ich bin nicht nur mittendrin, sondern geh mit jedem Tag diese große Aufgabe mit Freude an. Ich bin froh und dankbar über die Zusammenarbeit innerhalb des Vorstands. Und was mir manchmal zu kurz kommt: Der Verein hat tolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Verein leben. Das ist das Fundament für unsere gemeinsame Entwicklung.

Das Dreier-Team im Vorstand: Alexander Jobst, Sport-Vorstand Klaus Allofs und Finanz-Vorstand Arnd Hovemann. Foto: Kenny Beele

Was sind Ihre Ziele? Was konnten sie im ersten Jahr erreichen und was steht nun an?
Jobst: Mir geht es um die langfristige Entwicklung der Fortuna. Das ist auch der klare Auftrag des Aufsichtsrats an den neuen Vorstand. Für diese Aufgabe stehe ich jeden Tag auf. Der Verein sehnt sich insgesamt nach Kontinuität und somit Stabilität, das spürt man überall in und um den Verein. Stabilität haben wir gemeinsam in meinem ersten Jahr erreicht, nachdem wir im Februar 2022 sowohl sportlich als auch insgesamt in einer schwierigen Phase waren. Durch verschiedene Entscheidungen und viele Gespräche haben wir einen Grundstein legen können. 2023 gilt es jetzt den nächsten Schritt zu gehen und eine Entwicklung einzuläuten. Um diese umzusetzen, geht es um überzeugende und glaubwürdige Arbeit im Team.

Geben Sie uns mal ein Beispiel…
Jobst: Die Entwicklung im Bereich Mädchen- und Frauenfußball. Es macht richtig Spaß zu sehen, mit welchem Engagement das Team die Aufgaben annimmt und es ist dann besonders schön zu sehen, welches positive Feedback unsere U17-Mädchenmannschaft bekommt: Sowohl die Spiele am Flinger Broich, als auch die digitalen Kanäle, besuchen zahlreiche Fortunen. Daher planen wir auch künftig ausgewählte Spiele im Live-Stream zu zeigen. Ab Sommer startet dann unsere Damenmannschaft in der untersten Liga. Auch hier bekommen wir jetzt schon zahlreichen Zuspruch. Aber auch die hohe Durchlässigkeit vom NLZ zu den Profis und die Zuschauerentwicklung stimmen mich sehr positiv.

Wie genau bewerten sie die Zuschauerentwicklung?
Jobst: Noch vor einem Jahr mussten wir mit Corona-bedingten Zuschauer-Restriktionen kämpfen. Das war für uns und den gesamten Fußball eine gefährliche Phase. Die Geisterspiele haben zudem den Prozess der Entfremdung zwischen Fan und Fußballgeschäft weiter verstärkt. Daher war allen klar, dass wir nach der Pandemie nicht einfach die Arena wieder aufschließen, und alle sind wieder da. Wir mussten die Lust auf Fortuna wieder wecken. Das hat zum einen Daniel Thioune mit seiner Mannschaft geschafft, als auch das Team der Geschäftsstelle mit vielen fan-nahen Maßnahmen. Heute haben wir einen Zuschauerschnitt von über 28.000. Das zeigt, Düsseldorf hat Lust auf Fortuna. Ich glaube aber, da geht noch mehr. Das sollte auch unser Anspruch sein.

Sie haben die Entfremdung im Fußball angesprochen. Wie sehen sie Zukunft des Fußballs?
Jobst: Der Fußball – wenn ich es an dieser Stelle so verallgemeinern darf – muss sein Selbstverständnis des seit jeher überstrahlenden Sports mit uneingeschränktem Wachstum ablegen. Ich gehe einen Schritt weiter: Wir müssen uns im Fußball deutlich stärker hinterfragen, auch mit Blick auf das Gleichgewicht zwischen Kommerz und der Fankultur. Ich bin der festen Überzeugung, dass es möglich ist, den Fan und den Fußball wieder näher zusammenzubringen, ohne seine Stellung im Wettbewerb aufzugeben. Was heißt das für Fortuna? Ein schlüsselfertiges Konzept haben wir nicht, aber Ideen, wie das bei der Fortuna funktionieren kann und welche Haltung dabei der Verein hat. Zuhören ist entscheidend. Das haben wir intensiv getan, jetzt arbeiten wir an Lösungen.

Alexander Jobst wirbt für Vertrauen in die Vereinsführung. Foto: Beele

Wie ist Ihr Verhältnis zu den Mitgliedern und Fans der Fortuna?
Jobst: Wie gesagt: Zuhören ist sehr wichtig! Es liegt mir viel daran im Austausch mit Fans und Mitgliedern zu sein. Fortuna ist und bleibt ein eingetragener Verein, umso wichtiger ist die Teilhabe. Gleichwohl wünsche ich mir persönlich noch etwas mehr Zeit und Momente für den Dialog. Das ist bei dem Umfang der täglichen Vorstandsaufgaben nicht einfach. Aber daran arbeiten wir.

Es gibt und gab viele Präsidenten im Fußball, die sehr präsent sind und in der Öffentlichkeit stehen. Wie sehen Sie Ihre Rolle?
Jobst: Die Aufgaben und Herausforderungen im Fußballgeschäft werden immer komplexer, entsprechend ist auch der Verein in den letzten Jahren gewachsen. Sowohl das Amt des Vorstandsvorsitzenden bei der Fortuna als auch meine persönliche Art geben es nicht her, ein Lautsprecher sein zu müssen. Fortuna braucht keinen, der den „starken Mann“ spielen muss. Denn die Zeiten der „One-man-shows“ bei Clubs sind lange vorbei. Aus diesem Grund haben wir bewusst unsere Organisation verbessert und Führungsebenen etabliert. Personen im Fortuna-Umfeld, die mich kennenlernen, schenken mir Vertrauen und das gebe ich gerne zurück – ich bin dankbar für diesen großen Traditionsverein Verantwortung zu tragen.

Warum erscheint der kommunikative Austausch innerhalb des Vereins immer noch so unterentwickelt?
Jobst: Es gibt bereits zahlreiche Maßnahmen, bei denen wir Fans und Verein zusammenbringen, aber ja: wir wollen uns hierzu verbessern. Mitgliederforen und andere Veranstaltungen sind Schritte und es hat zu lange gedauert, die Dialogformate wieder einzuführen. Die Kritik von unseren Mitgliedern ist nachvollziehbar. Für die Zukunft wird für uns Partizipation noch wichtiger. Persönlich glaube ich, dass wir in unserer Vereinsstruktur da noch mehr tun können. Somit beziehen wir das in unsere langfristige Entwicklung und somit zukünftigen Projekte mit ein.

Warum ist die Fortuna, die von sich behauptet gesund zu sein, immer noch so klamm, wenn es um adäquate Verstärkungen im sportlichen Bereich geht?
Jobst: Eines vorweg: Fortuna Düsseldorf ist ein wirtschaftlich kerngesunder Verein mit einem nach wie vor positiven Eigenkapital. Wir waren in dieser Saison in der Lage, einen Personaletat zu stellen, der sich in den oberen Rängen der 2. Liga bewegt. Und wir werden das in der aktuellen Kaderplanung budgetär auch für die kommende Saison realisieren können. Wir geben aber nur das aus, was wir auch einnehmen. Zum Gesamtbild unserer wirtschaftlichen Planung und Verantwortung gehört auch: Wenn wir über langfristige Entwicklung und Kontinuität im Verein sprechen, haben wir neben dem Profikader weitere Bereiche: Infrastruktur für den Verein, Entwicklung unseres Nachwuchsleistungszentrums, Mädchen- und Frauenfußball, unsere weiteren Sportabteilungen, Digitalisierung – das sind Bereiche in den Fortuna sich weiterentwickeln muss. Fortuna Düsseldorf ist mehr als Profifußball. Und wir wollen uns in allen Bereichen weiterentwickeln.

Im Fußball muss für Alexander Jobst nicht immer alles nur bierernst ablaufen. Foto: Kenny Beele

Versuchen Sie ihre Vision von der Fortuna in fünf oder zehn Jahren mal in einfache Worte zu fassen?
Jobst: Fortuna Düsseldorf als größter Sympathieträger der Stadt begeistert seine Fans auf und neben dem Platz, steht für seine umfangreiche gesellschaftliche Verantwortung auch außerhalb des Profifußballs und wird dabei den digitalen Ansprüchen seiner Fans und Partner gerecht.

Wie stark hängt die Glaubwürdigkeit dieses Ziels vom sportlichen Erfolg ab?
Jobst: Als Fußballverein wird man in der Öffentlichkeit immer am sportlichen Erfolg gemessen, das ist unser Kerngeschäft. Um uns zukunftsgerichtet aufzustellen, müssen wir jedoch mehr als in Beine investieren. Daher sehe ich den sportlichen Erfolg nicht als alleiniges Kriterium zur Bewertung unserer Arbeit.

Wie schnell kann das geplante Funktionsgebäude umgesetzt werden oder begibt man sich dabei in die Abhängigkeit von einem Sponsor/Investor?
Jobst: Bei einem Projekt der vor zwei Jahren geplanten Größenordnung sind nach meiner Einschätzung alle Vereine – außer vielleicht die Top 4 der 1. Bundesliga – von externen Möglichkeiten abhängig. Das wir uns infrastrukturell verbessern müssen, steht außer Frage. Aber: In Zeiten von Energiekrise, Krieg, Post-Corona und Inflation wäre es für uns unverantwortlich aktuell auf den Startknopf zu drücken.

Warum gibt es immer wieder Zoff zwischen der Stadt und der Fortuna?
Jobst: Die Fortuna und die Stadtspitze haben einen sehr guten und vertrauensvollen Austausch. Wir verstehen unsere beidseitigen Interessen und arbeiten in vielen Bereichen sehr eng zusammen. Eine starke Fortuna schafft Verbindung in der Stadt und stärkt die Strahlkraft der Landeshauptstadt, deshalb ist die Zusammenarbeit so wichtig. Die Verbindung ist stabil und zielgerichtet. Wie die Situation in der Vergangenheit war, kann ich nicht beurteilen.

Was reizt Sie so an der Arbeit für die Fortuna – es gibt doch sicherlich leichtere Jobs?
Jobst: (lacht): Einfach kann jeder. Im Ernst: Ich sehe die große Kraft der Fortuna und es macht tagtäglich Spaß mit dem gesamten Team zu arbeiten. Ich spüre den Anspruch im und für den Verein in dieser Stadt. Das ist ein großer Ansporn, den ich langfristig sehe.

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