von Norbert Krings
Fortuna Düsseldorf macht es möglich, diesmal mit einem unmöglichen Glückstor. Damit retteten die Gastgeber mit einem Glückstor das erste rheinische Derby gegen den 1. FC Köln nach viereinhalb Jahren. Das 2:2 war absolut glücklich gegen einen starken Gegner von der anderen Rheinseite, aber es war für das Thioune-Team wie ein gefühlter Sieg – für die großartigen Fans war es das auch, weil sie ein sehenswertes Derby erlebten mit einem Happy End. So bleibt Fortuna auch weiterhin ungeschlagen.
Daniel Thioune setzte auf Konstanz und Stabilität. So sah Fortunas Trainer kein Bedürfnis, die siegreiche Mannschaft von Berlin und gegen Hannover zu verändern. So spielte Matthias Zimmermann wieder im Mittelfeld und auch die Viererkette war von ihm nur insoweit verändert worden, dass Tim Oberdorf zentral rechts spielte und Andre Hoffmann links von ihm. Dafür saß ein Spieler auf der Ersatzbank, für den die Saisonpremiere anstand. Vincent Vermeij stand im Kader statt Dennis Jastrzembski. Joshua Quarshie, Karim Affo und der genesene Sima Suso waren diesmal zur U23 abkommandiert. Taktisch wollte der Trainer ebenfalls nicht viel ändern. Allerdings hatte er seiner Mannschaft deutlich gemacht, dass sie auf die überlagerte Mitte des Gegners aufpassen musste, wo sich wohl bei den Geißböcken die größte Qualität offenbart.
Natürlich war es ein besonderes Spiel. Im ersten Rhein-Derby seit viereinhalb Jahren war die Stimmung großartig, die Kölner Kurve war mit 5.000 Anhängern komplett gefüllt, und die restlichen 46.500 Zuschauer in der MERKUR SPIEL-ARENA sorgten dafür, dass ihr komplett in rot gekleidetes Team eine großartige Rückendeckung auch nach der sehenswerten Choreografie spürte. Das Spiel begann auch stimmungsvoll, wobei beide Teams es mit ruhigem Aufbau und möglichst viel Ballbesitz versuchten. Dass es nicht auf Anhieb ein spielerisches Spektakel werden würde, war allen bewusst. Der erste Schuss aufs gegnerische Tor (8. Minute) von Emmanuel Iyoha verfehlte dieses deutlich. Die erste Möglichkeit der Kölner war dagegen schon deutlich gefährlicher. Luca Waldschmidt hatte aus 14 Metern abgezogen, und Florian Kastenmeier konnte den platzierten Schuss noch so eben mit einer Glanzparade um den langen Pfosten lenken (10.).
Fortuna versuchte es, über die Flügel hinter die Kette der Kölner zu kommen, doch die Domstädter strahlten mit ihren schnell und zielsicher vorgetragenen Angriffen mehr Gefahr aus, weil sie jedenfalls immer wieder über die Seiten Räume fanden. So war die Führung der Kölner fast schon eine Folge dieser Überlegenheit. In der 21. Minute war es dann so weit. Nach einem abgewehrten Schuss flog eine Flanke zu Eric Martel, der per Kopf das Tor zum 0:1 erzielte. Diese Führung war nach dem Spielverlauf auch nicht unverdient, weil Fortuna bis dahin keine Mittel gefunden hatte, die Angriffe entschieden zu unterbinden und auch in der Defensive die richtige Zuordnung vermissen ließ.
Die Begegnung war ein Spitzenspiel mit klaren Vorteilen für die Gäste
Die eigenen Angriffe der Fortuna waren bis dahin nicht besonders kreativ vorgetragen worden. Doch vier Minuten nach der Kölner Führung hieß es bereits 1:1. Tim Rossmann setzte sich auf der linken Seite durch, passte nach innen und fand Dawid Kownacki. Doch während der Pole noch am Torschuss gehindert werden konnte, rauschte dahinter Emma Ioyha an und traf in die lange Ecke zum Ausgleich. Das tat der Stimmung im Stadion natürlich sehr gut und auch das Spiel der Fortunen schien zielgerichteter zu werden. Kownacki hatte wenig später aus spitzem Winkel den nächsten Abschluss. Das Spiel hatte jetzt deutlich mehr von einem Spitzenspiel, weil es hin und her ging, sowie deutlich an Tempo gewonnen hatte.
Die nächste große Tormöglichkeit hatten dann wieder die Kölner, als Kastenmeier zu weit nach rechts aus seinem Tor gelockt worden war. Den Schuss aufs Tor von Leart Pacarada wurde aber spektakulär von Andre Hoffmann per Kopf kurz vor der Linie geklärt. Die Gäste hatten weiterhin mehr vom Spiel, letztlich mit 57 Prozent Ballbesitz in der ersten Hälfte. Sie kamen aber nun nicht mehr so leicht in die gefährlichen Zonen vor dem Düsseldorfer Tor. Zuvor hatten die Fortunen auch ungewohnt hoch attackiert. So ging das Spiel, in dem die Kölner bis dahin tatsächlich deutliche Vorteile hatten, dann mit dem 1:1 in die Pause.
Fortuna wechselte und brachte in Giovanni Haag für Danny Schmidt die defensivere Mittelfeld-Variante, um das defensive Zentrum zu stärken. Die Kölner hatten aber weiterhin die besseren Möglichkeiten in diesem Spiel, während Fortuna nur selten den Gegner in Gefahr bringen konnten. Waldschmidt und Damion Downs scheiterten allerdings aus gefährlicher Distanz, weil sie den Ball nicht richtig trafen und weil Kastenmeier erneut auf dem Posten war, um einen Downs-Schuss abzuwehren. Zudem liefen die Gastgeber auch noch in Konter der Kölner, wie in der 60. Minute, als sie mit 3 gegen 1 aufs Düsseldorfer Tor zuliefen. Diesmal wurde es nicht gefährlich, weil sich die Fortunen in den Ball warfen. Doch eine Minute später saß der Abschluss, als der starke Linton Maina, aufs Tor zulief, von Hoffmann nicht gestoppt werden konnte und auch Kastenmeier diesmal keine Abwehrchance hatte.
Lattenschuss von Haag war dann doch nicht die einzige große Chance in der Schlussphase
Erneut waren die Fortunen gefordert, der spielerischen Klasse der Gäste etwas entgegenzusetzen. Das Problem blieben die Konter der Kölner – wie in der 68. Minute, als erneut Kastenmeier gegen Waldschmidt und Lemperle das Schlimmste verhindern konnte. Dann wechselte Thioune beide Außenverteidiger und schickte mit Jona Niemiec eine weitere Offensivkraft auf den Rasen. Zimmermann ging zurück auf die rechte Seite, Valgeir Lunddal verteidigte fortan auf der linken. Und tatsächlich übernahm der Gastgeber nach und nach das Kommando, musste aber weiterhin auf die Kölner Konter aufpassen.
Es scheiterte überhaupt nicht am Willen, aber einige Fortunen hatten nicht ihren besten Tag und Thioune versuchte das mit weiteren Wechseln zu kompensieren. Vermeij kam ebenso ins Spiel wie Shinta Appelkamp. Es ging auch verstärkt nach vorne und es gab einige Strafraumaktionen für die Platzherren, die immer wieder allerdings durch kleine Ungenauigkeiten und zu hektische Aktionen den Ball nicht an einen Mitspieler bringen konnten. Nur eine Großchance gab es noch, als Haag im Durcheinander der letzten Sekunden den Ball noch an die Latte schoss.
Und alles schien also nun verloren für die Gastgeber. Doch dann kam der Moment, in dem das Stadion eine noch nie (oder ganz selten) erlebte Begeisterung entfachte. Jona Niemiec flankte von rechts auf Kownacki oder Vermeij – so meinte er es jedenfalls hinterher. Doch der Ball wollte woanders hin, hinter Kölns Keeper Jonas Urbig zum 2:2 ins Tor der völlig verdutzten und überraschten Geißböcke. Es war so typisch: Köln kann die Chancen nicht nutzen, und Fortuna sorgt auch in der letzten Sekunde noch für ein Spektakel.
Statistik:
Fortuna: Kastenmeier – Iyoha (70. Lunddal), Oberdorf, Hoffmann, Gavory (70. Niemiec) – Zimmermann, Johannesson – Klaus (78. Appelkamp), Rossmann (78. Vermeij)- Schmidt (46. Haag) – Kownacki
Kader Fortuna: Kwasigroch – van Brederode, de Wijs, Mbamba
Köln: Urbig – Thielmann, Hübers, Pauli, Pacarada (90. + 4 Heinz) – Martel, Huseonbasic, Waldschmidt, Maina – Lemperle, Downs (63. Tigges)
Schiedsrichter: Christian Dingert (Burglichtenberg/Note: 2, sorgte schnell mit zwei Gelben Karten für klare Verhältnisse und ließ keine Hektik aufkommen. Ansonsten eine souveräne Leistung).
Zuschauer: 51.500
Tore: 0:1 (21.) Martel, 1:1 (25.) Iyoha, 1:2 (62.) Maina, 2:2 (90. +5) Niemiec
Gelbe Karten: Schmidt (1.), Niemiec (2.) / Waldschmidt, Struber (Trainer), Thielmann
Beste Spieler: Kastenmeier, Rossmann / Maina, Waldschmidt
Spielnote: 2 (spannend, abwechslungsreich, vor allem bis zur letzten Sekunde)
Besonderheit des Spiels: Es waren zwei besondere Momte: 1. die Leistung von Torwart Florian Kastenmeier, der sein Mannschaft lange im Spiel hielt und alles, was irgendwie haltbar war, entschärfte. Und dieses Tor war einfach nur der Wahnsinn, auch wenn Jona Niemiec eine Flanke geplant hatte, wie er es selbst später zugegeben hat.
Spielfazit: Fortuna hatte der spielerischen Überlegenheit der Kölner zu wenig Gleichwertiges entgegenzusetzen. Die erfahrenere Mannschaft spielte ihre Vorteile immer wieder aus und hätte das Spiel früh deutlicher für sich entscheiden können. Doch die Mentalität der Fortuna versetzt Berge – selbst in einem Derby.
Fortuna-Noten: Kastenmeier 1,5 – Iyoha 3, Hoffmann 3, Oberdorf 2,5, Gavory 4 – Zimmermann 3,5, Johannesson 3,5 – Klaus 3,5, Rossmann 2,5 – Schmidt 4 – Kownacki 4
Reaktionen:
„Es ist vieles so aufgegangen, was wir uns vorgenommen haben. Wir konnten das Spiel kontrollieren über weiter Strecken. Wir haben dominiert und hatten erneut viele Möglichkeiten. Wir müssen uns vorwerfen, den Sack nicht zugemacht zu haben. Das Glück mit diesem letzten Schuss hat gereicht, um uns zwei Punkte zu stehlen. Wir haben große Leidenschaft gezeigt und kaum Chancen zugelassen. Nur ein Punkt, das lässt uns nicht feiern. Wie wir gespielt haben, gibt uns aber das Zutrauen, dass sich die Siege und Punkte einstellen werden.“
Gerhard Struber, Trainer des 1. FC Köln
„Ich glaube, dass wir glücklich sein müssen mit dem Punkt – auch wie er zustande kommt. Wir haben heute gegen die beste Mannschaft der Liga gespielt. Wir hatten große Probleme, das Spiel zu kontrollieren. Es war kein guter Vortrag, das Passspiel war nicht gut, und in den Zweikämpfen waren wir zu oft nur zweiter Sieger. Ich muss meiner Mannschaft ein Kompliment machen, dass sie alles versucht hat, um nicht als Verlierer vom Platz zu gehen. Ich habe jetzt noch einige Arbeitsaufträge. Die Ergebnisse stimmen, die Spielweise nicht, daran müssen wir arbeiten. Es ist noch ein weiter Weg.“
Daniel Thioune, Trainer der Fortuna
„Für uns war es eing gefühlter Sieg, vor allem, als wir gesehen haben, dass die Kölner mit geknickten Köpfen in ihre Kurve gegangen sind.“
Felix Klaus, Angreifer der Fortuna
„Es war natürlich eine geplante Flanke. Ich habe das Ding aber dann fliegen sehen, und ich dachte, der könnte, der könnte – und es hat geklappt. Neben meinem ersten Profitor, war das das schönste Erlebnis meiner Karriere.“
Jona Niemiec, Torschütze zum 2:2
„Der Punkt ist etwas glücklich zustande gekommen, weil Köln die bessere Mannschaft war. Wir können mit dem Punkt leben und müssen usn nicht dafür schämen.“
Christian Weber, Sportdirektort der Fortuna
„Wir haben natürlichj jetzt ein breites Grinsen im Gesicht, weil der Punktgewinn natürlich glücklich war. Das was wir da erlebt haben, und wie glücklich die Menschen auf der Tribüne waren, gibt uns ein sehr gutes Gefühl für die Saison. Kompliment an die Mentalität unserer Truppe.“
Andre Hoffmann, Kapitän der Fortuna
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