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Engagierte Pioniere auf Krücken

Wie Fortuna Amputierten-Fußball fördert

Foto: Bath/Moers

von Norbert Krings

Fortuna Düsseldorf hat einen Goalgetter, der wohl in seiner Klasse zu den Besten in seiner Sportart zählt. Er heißt Djalilou Agbere und spielt in einer Mannschaft des Fußball-Zweitligisten, die es seit 2019 gibt und inzwischen über die Grenzen Düsseldorfs und Nordrhein-Westfalens einen großen Zulauf hat. Mit unglaublichen 14 Toren schoss er seine Mannschaft zu vier Siegen an einem Spieltag der improvisierten ersten Liga im September 2020. Djalilou Agbere aus Togo hat ein Handicap, eine Oberschenkelamputation auf der rechten Seite, spielt in der Amputierten-Mannschaft der Fortuna und ist der Star dieses Teams. Noch hat dieser Spieler mit einer sehr bunten Lebens-Geschichte keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Allerdings bemüht sich der Verein darum, dass Agbere eine Ausbildung in einem Sanitätshaus als Orthopädie-Techniker erhält…

Training am Flinger Broich. Foto: Fortuna

Im Rahmen des von „Anpfiff Hoffenheim“ ins Leben gerufene Modellprojekts „Amputierten-Fußball im Verein“ gründete Fortuna ebenfalls eine eigene Amputierten-Fußballmannschaft. Dank des besonderen Engagements von Stefan Felix konnte der Spielerkader bereits vergrößert werden, so dass die Mannschaft in der Liga teilnehmen kann und Spieler auch zur Nationalmannschaft abgestellt werden können. Stefan Felix war ursprünglich als Behindertenfanbeauftragter mit Schwerpunkt Blinde und Sehbehinderte für die Fortuna tätig und kümmert sich nun als Verantwortlicher Inklusion mit großem Engagement unter anderem um das Projekt Amputiertenfußball.

Corona bremste auch die Amputierten-Fußballer aus

„Wir trainieren inzwischen in Flingern, haben dort im alten Gebäude, unter der Geschäftsstelle, unsere Kabine mit unseren Materialien“, erklärt Stefan Felix, der ein wenig einführt, was Amputierten-Fußball bedeutet. Um ans Spielen zu kommen, wurden die Mannschaften aus drei Feldspielern und einem Torwart (mit Arm oder Handamputation) gebildet. Der Platz wurde verkleinert auf eine Größe von 40 mal 20 Meter wie in einer Cageball-Halle. Es wurde zunächst mit Banden gespielt. Gespielt wurde teilweise auch auf der Anlage der TuRU mit den Sondermarkierungen, allerdings dort ohne Bande. Dort wurde auch das Heimspielwochenende im Pokal im Oktober 2020 ausgetragen. Fortuna ist auch Pokalsieger geworden. Das Turnier musste lediglich verkürzt werden, da der letzte Spieltag in Braunschweig coronabedingt ausfallen musste. 

Problematisch – oder positiv ausgedrückt pionierhaft – gingen die Mannschaften mit der Regelfindung um, die zumindest im deutschen Amputierten-Fußball nicht von Anfang an in Stein gemeißelt war. Allerdings gibt es eine Nationalmannschaft, die zunächst von den Spielern aus Hoffenheim gestellt wurde sowie internationale Verbände und Regeln, so dass es auch ohne Corona eine Europameisterschaft 2020 in Polen gegeben hätte. Als dann Anpfiff Hoffenheim beim Pokal-Turnier auch dank des besagten Torjägers dreimal in vier Spielen von der Fortuna geschlagen worden war, erkannte man auch im Süden, dass auch andere Amputierten-Fußball nach vorne bringen können. „Für uns war es so, dass wir uns in unserer Arbeit bestätigt gefühlt haben“, erklärt Stefan Felix. Das ist auch ein Erfolg der Düsseldorfer Trainer Sinisa Nedljkovic sowie Dirk Hilgers.

Mit Riesenspaß sind alle dabei. Foto: Bath/Moers

Aber es geht weiter, weil sich die Amputierten-Fußballer gerne einem Verband anschließen möchten. Und es sieht so aus, als würde das über die Sepp-Herberger-Stiftung beim Deutschen Fußball-Bund auch funktionieren, wo der Blindenfußball ebenfalls angesiedelt ist. Das heißt, dass die Infrastruktur der Blindenfußball-Bundesliga genutzt werden soll für die Spielrunden des Amputierten-Fußball wie Anfang September in Trier, nachdem eine Veranstaltung in Bonn noch im Mai abgesagt werden musste. Die nächste Spielrunde wird dann in Braunschweig stattfinden.

Spielt Fortuna bald in der Champions League?

„Was wir in Düsseldorf schon stemmen könnten: Falls wir Deutscher Meister werden, könnten wir an der Champions League teilnehmen“, erklärt Felix, der erläutert, dass viele Länder schon deutlich weiter sind als Deutschland mit der Entwicklung dieser Sportart. Es gibt Welt- und Europameisterschaften, da passt man sich auch den Regeln an. Das würde aber bedeuten, dass man über einen halben Platz mit sieben Spielern antritt. „Das wäre die Zukunft, aber ob wir das schon nächstes Jahr schon in Deutschland schaffen, muss man sehen.“ Dazu müsste die Qualität insgesamt noch besser werden. „Im Idealfall hoffen wir darauf, dass in Hamburg und Berlin etwas entsteht, Braunschweig stärker wird mit einer Art Spielgemeinschaft Nordost, so dass alles noch attraktiver wird.“

Weiteres Ziel ist, mehr Jugendliche durch eine bessere Infrastruktur für den Sport zu gewinnen. „Wir haben auch zwei, drei sehr gute und engagierte Jugendliche im Team“, sagt Stefan Felix „Mit Jonas Lappe haben wir sogar einen Jugendspieler, der dabei ist, auf den Zug Europameisterschaft 2021 in Polen aufzuspringen. Höchstwahrscheinlich wird ab Juni auch eine erste Spielerin unseren Kader verstärken.“ Ganz so leicht darf man sich das nicht vorstellen, da das Training mit Krücken stattfindet und auch eine Kraftfrage ist.

„Unsere Spieler haben einen Riesen-Ehrgeiz“, beschreibt Felix die Aktiven, die sehr dankbar sind, sich in diesem Rahmen engagieren zu können. Alle seien „top drauf“ und sehr motiviert. Die Spieler seien sehr flexibel und nicht in ihrer Mobilität eingeschränkt. „Die drei ersten Vereine im Amputierten-Fußball, zu denen auch wir zählen, leisten absolute Pionierarbeit und sind auf einem Superweg“, sagt Stefan Felix, der hofft, dass die Nationalmannschaft dann auch irgendwann sich richtig findet und gemeinsam trainieren kann. Zudem glaubt Felix fest daran, dass bald auch in Düsseldorf wieder normales Training – auch unter Einhaltung der Hygieneregeln – wieder möglich sein wird.  

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