Von Norbert Krings – Fortuna Düsseldorf hat auch das vierte Heimspiel der Saison nicht gewinnen können. Die Partie gegen die bisher so glücklosen Nürnberger ging sogar mit 2:3 verloren. Da halfen auch die beiden ersten Tore vor heimischem Publikum nichts. Jetzt muss Trainer Daniel Thioune wieder um seinen Job bangen, denn die komplette erste Hälfte wurde von seinen Spielern völlig verschlafen. Und die heftigen Pfiffe zur Pause und zum Ende sind keine Sympathie-Kundgebung für den 51-Jährigen. Sportvorstand Klaus Allofs will in Ruhe analysieren
Daniel Thioune hatte bereits angekündigt, dass er seine Aufstellung vom Sieg in Bochum nur geringfügig ändern würde. Für den verletzten Valgeir Lunddal kam also Matthias Zimmermann ins Team. Ansonsten sollten die Sieger von vergangenem Samstag es richten. Auf der Bank saßen zwei Spieler weniger, als erlaubt. „Ich wollte keinen Spieler aus der U23 jetzt so kurzfristig hochziehen“, hatte Daniel Thioune im Vorfeld als Reaktion auf die vielen aktuellen Verletzungen erklärt. Es kommen in der anschließenden Länderspielpause auch Luca Raimund, Shinta Appelkamp und vielleicht auch Lunddal wieder ins Training zurück. Der zweite Stürmer saß also diesmal wieder auf der Bank, Zan Celar hoffte allerdings, im zweiten Durchgang zum Zuge zu kommen.
Nürnberg hatte zu Beginn deutlich mehr Ballbesitz. Darüber wollten sich die Franken Sicherheit holen. Die Gastgeber warteten dagegen eher ein wenig ab und wollten mit schnellem Spiel nach vorne den Gegner überraschen. Das passte wegen der Ungenauigkeit der Pässe in die Spitze in den ersten 45 Minuten überhaupt nicht. So tat sich die Fortuna erneut insgesamt sehr schwer, das Spiel aufzuziehen. Erneut lag wohl die Priorität auf der Defensive und der Vermeidung eines Gegentores. Natürlich mussten auch die Nürnberger gewinnen, um ihren Trainer Miroslav Klose nicht im Regen stehen zu lassen. Immerhin blieben auch die Fans lange geduldig, wollten aber durchaus, dass die Fortuna den Gegner deutlich früher attackierte, als ihn so leicht durchs Mittelfeld kommen zu lassen. Offensiv gab es von der Fortuna in der ersten Viertelstunde keinerlei gefährliche Aktionen, dafür war alles viel zu ungenau, und wenig Zielgerichtetes war zu erkennen. Die ersten 20 Minuten sind mit „langweilig“ noch relativ positiv beschrieben. 
Und so kam es, wie es kommen musste. Ein einziger Angriff brachte Fortunas Defensive dann in so große Probleme, dass die Nürnberger mit einem einfachen und schnellen Manöver in Führung gehen konnten (24. Minute). Mohamed Zoma lief auf Fortunas Abwehr zu, schickte dann Rafael Lubach auf die Reise. Der als Innenstürmer aufgelaufene Mittelfeldspieler schloss unhaltbar für Florian Kastenmeier zum 1:0 für die Gäste ab, weil ihn Tim Breithaupt letztlich läuferisch nicht folgen und auch nicht foulen konnte. Für manche Düsseldorfer Fans war das ein Zeichen, der Mannschaft mit Pfiffen zu zeigen, dass ihnen der Spielvortrag überhaupt nicht gefiel. Es sah auf dem Rasen genauso aus wie in der drei Heimspielen zuvor: ein Spiel ohne Ideen, mit wenig Tempo, sowie keine Torgefahr und kaum Energie zu sehen. Da fragt man sich, was im Training unter der Woche passiert ist, um endlich mehr Spielfluss zu erzeugen.
Auch wenn Pfiffe einer Mannschaft nicht unbedingt helfen, kann man alle Fortuna-Fans verstehen, die sich bei diesem Gekicke mit den Missfallensäußerungen beim Pausenpfiff nicht zurückhalten konnten. Das war schon ein Armutszeugnis. Ex-Fortune Simon Terodde brachte es bei Sky auf den Punkt: „Das war schon eine große Enttäuschung bisher.“
Daniel Thioune war offensichtlich wenig „amused“ vom Vortrag seiner Spieler. In Danny Schmidt brachte er für Sotiris Alexandropoulos einen weiteren Offensivspieler und forderte seine Mannschaft auf, mehr Mut zu zeigen – viel mehr Mut. In der 55. Minute gab es dann endlich mal eine Szene, die die Fortuna-Fans mal aufweckte. Danny Schmidt kam von der rechten Torraumecke zweimal zum Abschluss, raufte sich aber danach die Haare, weil er diese Doppel-Chance zum 1:1 nicht nutzen konnte (55.). Immerhin hatte Fortuna mal ein wenig mehr Druck erzeugen können, leider schien das kein Dauerzustand zu sein. Doch Danny Schmidt zeigte, dass er mehr als nur Ersatz ist. Nach einer langen Flanke von Florent Muslija legte der eingewechselte Offensivspieler punktgenau auf Anouar El Azzouzi ab. Und der Marokkaner traf tatsächlich zum 1:1 (67.) und dem ersten Heim-Treffer der Saison. Wenig später war wieder Schmidt mit einem Kopfball zur Stelle. Doch diesmal war Club-Keeper Jan Reichert auf dem Posten.
Rasmussen gleich schnell wieder zum 2:2 aus – doch auch das half nicht
Bei Fortuna lief es jetzt endlich besser, auch in der Offensive. Doch eine Elfmeter-Diskussion im Strafraum der Fortuna sorgte dann für Stress, zum Glück entschied sich Schiedsrichter Haslberger für ein faires Eingreifen von Tim Oberdorf gegen Diop. Doch es gab wenig später erneut eine Diskussion um einen möglichen Elfmeter, weil El Azzouzi eindeutig mit der Hand zum Ball gegangen war. Julian Justvan ließ sich die Chance zur zweiten Führung für den Klub nicht entgehen. Fortuna wechselte noch zweimal, um das Spiel nicht doch noch zu verlieren. Und tatsächlich war die Fortuna wenig später wieder auf der Höhe. Christian Rasmussen erzielte nach einem schönen Anspiel von El Azzouzi das 2:2.
Es war nicht der Schlusspunkt, denn die Nürnberger legten wieder nach, weil sie die Unordnung der Fortuna-Abwehr erneut ausnutzen konnten. Finn Ole Becker erzielte das 3:2, und das war angesichts der Schwäche der Fortunen durchaus in Ordnung. Fortuna riskierte in der Nachspielzeit von elf Minuten (!) zwar viel, aber alles Anrennen half nichts, um die nächste Heim-Enttäuschung abzuwenden. Was für eine bittere Erkenntnis – hinzu kommt, dass die Diskussion um den Trainer nun wieder Fahrt aufnimmt. Und die Mähr, dass dies nur in den Medien passiert, kann nun niemand mehr glauben. Denn die heftigen Pfiffe nach dem Abpfiff gingen allen Fortunen unter die Haut. Gerüchte machten nach Spielschluss schon die Runde, dass Daniel Thioune nach dem Wochenende nicht mehr Trainer der Fortuna sein könnte.
Statistik:
Fortuna: Kastenmeier – Zimmermann (77.K Schmidt), Oberdorf, Daland (81. De Wijs), Heyer – El Azzouzi, Breithaupt (81. Celar), Alexandropoulos (46. D. Schmidt) – Iyoha (69. Rasmussen), Muslija – Itten
Kader: Lotka – Suso
Es fehlten: Schock, Rossmann, Appelkamp, Egouli, Lunddal (alle verletzt), Anhari, Lenz, Raimund, Affo (alle im Aufbau)
Nürnberg: J.Reichert – Drexler, Gruber, Lochoshvili, Yilmaz – Markhiev, Diop (77. Biron)– Justvan (83. Knoche), Becker, Lubach, Zoma (83. Grimaldi)
Schiedsrichter: Wolfgang Haslberger (St. Wolfgang)/Note: 3,5, / machte eigentlich alles richtig, wurde nur vor dem möglichen Foulelfmeter vom VAR korrigiert.)
Zuschauer: 38.204
Tore: 0:1 (25.) Lubach, 1:1 (67.) El Azzouzi, 1:2 (80. H.E.) Justvan, 2:2 (81.) Rasmussen, 2:3 (85.) Becker
Gelbe Karten: El Azzouzi (2.) , Oberdorf (2.), Breithaupt (1.), Thioune / Markhiev
Chancen: 7:8
Spielnote: 3,5 (es war in der zweiten Hälfte tatsächlich ein spannendes Spiel, das aber durch die Fehler der Fortunen letztlich entschieden wurde.)
Beste Spieler: D. Schmidt, El Azzouzi, / Zoma, Justvan
Spielfazit: Fortuna hat eine Hälfte völlig verschlafen und dann das Spiel selbst in die Tonne geworfen, weil auch ein eigentlich harmloser Gegner wie die Nürnberger stark gemacht wurde.
Besonderheit des Spiels: Endlich fiel das erste Heimtor für die Fortuna. Zu einem Punktgewinn reichte das traurigerweise aber auch nicht.
Benotung der Fortuna-Spieler:
Kastenmeier 3,4 – Zimmermann 4, Oberdorf 3,5, Daland 4, Heyer 4 – El Azzouzi 2,5, Breithaupt 5, Alexandropoulos 5 – Muslija 4, Iyoha 5 – Itten 4,5
Reaktionen:
“Es war alles andere als das, was wir uns vorgenommen haben. Wir wollten an die Vorwoche anknüpfen. In der 2. Hälfte habenwir alles versucht. Viel zu einfach haben wir dann die Tore bekommen und sie quasi herzuschenken. Das kompakte Verteidigen im Block wollten wir, um den Ball in den eigenen Reihen zu halten. So schlecht darf man nicht verteidigen. Wir müssen jetzt sehr hart und fokussiert arbeiten.”
Tim Oberdorf, Vizekapitän der Fortuna
“Das war absolut ein Schlag in die Magengrube. Es ist extrem bitter und enttäuschend. Dass wir nach dem 2:2 nicht bereit waren, tut sehr weh, weil wir dann das 2:3 kassieren. Wir hatten gute Phasen, die müssen wir durchziehen und nicht so dumme Fehler machen. Wir waren eingentlich wieder dran. Aber wenn man so die Spiele verliert, dann hilft das natürlich nicht.”
Cedric Itten, Stürmer der Fortuna
“Es fällt mir sehr schwer, die richtigen Worte zu finden. Ich muss mich diplomatisch ausdrücken. Es war dumm, naiv und zu wenig. Wenn man direkt nach einem Anstoß ein Treffer kassiert oder einen Konter im eigenen Stadion zulassen muss, reicht das nicht. Wir können nicht jede Woche reden, es muss auch jeder mal den Kopf einschalten und zudem alles auf dem Platz lassen, was man hat. Eigentlicvh steht es gut um das Team, aber jede zweite Woche nach irgendwelchen Erklärungen zu suchen, funktioniert das nicht. Es liegt an uns Spielern. Wir müssen ruhig und sachlich bleiben, aber es wird wohl außerhalb des Platzes nun nicht mehr so harmonisch bleiben."
Florian Kastenmeier, Torhüter der Fortuna
“Ich bin sehr glücklich, dass wir uns endlich mal belohnt haben. Ich bin sehr zufrieden mit der Einstellung meines Teams.”
Miroslav Klose, Trainer des Clubs
“Ich bin natürlich nicht glücklich, ich hatte erwartet, dass die Mannschaft deutlich energetischer Auftritt. Unsere Lösungen waren immer rückwärtsgewandt. Es war zwar eine Reaktion meiner Mannschaft zu sehen. Wir sind aber maximal enttäuscht über das, was wir letztlich dageboten haben und über das Ergebnis. Wir haben mehr als nur ein Spiel verloren, sondern auch die Unterstützung der Fans.”
Daniel Thioune, Trainer der Fortuna
“Es war ein verunsicherter Gegner, gegen den man eigentlich gewinnen sollte. Wir haben 45 Minuten lang keinen Druck gemacht. In Bochum war das geschehen, was wir sehen wollten. Heute konnten wir den Schritt in die richtige Richtung nicht weitergehen. Wir werden jetzt analysieren und Gespräche führen und schauen, welchen Weg wir als den richtigen ansehen. Bei dem Druck und Strömungen, die von außen kommen, werden wir ruhig bleiben. Wir werden die Analyse mit denen machen, die ganz nahe dran sind. Entscheidungen und Signale wird es dann geben, wenn wir es für richtig halten.”
Klaus Allofs, Sportvorstand der Fortuna
