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Hockey

D.SPORTS INSIDE: Hockeyhauptstadt Düsseldorf?!

Die große Analyse: Wieso der Hockeysport in Düsseldorf boomt. Welche Perspektiven ergeben sich für den Leistungssport? Und wieso das Wachstum begrenzt ist...

Wer an Hockey denkt, ist schnell bei Hamburg. Doch den inoffiziellen Titel als Hockeyhauptstadt Deutschlands könnte ihr Düsseldorf schon abgeknöpft haben. Der Hockeysport boomt in der Sportstadt. Nur wie lange noch? Und was bringt das den Leistungsteams in den Bundesligen?

Es sind beeindruckende Zahlen. Regelmäßig werden die Mitgliederzahlen der deutschen Hockeyclubs veröffentlicht und miteinander verglichen. Und mit Blick auf die Jugendabteilungen im größten Verband Deutschlands, zeigt sich aus Düsseldorfer Sicht Erstaunliches.

Im Westdeutschen Hockeyverband stellt der Düsseldorfer Hockey Club längst die größte Jugendriege, noch größer als die vom Kölner Traditionsclub Rot-Weiß. Dahinter dann aber wieder zwei Düsseldorfer Vereine: Auf Platz drei der DSC 99, direkt dahinter der DSD. Düsseldorf rockt die Mitgliedertabelle.

DHC ist bei Jugendspielern Spitze

Mit anderen Worten: Die drei größten Düsseldorfer Clubs dominieren in dieser Hinsicht das Geschehen in Westdeutschland. Beim DHC sind rund 600 Kinder und Jugendliche mit dem Schläger unterwegs. Im DSC mittlerweile etwa 530 und der DSD bringt es auf weitere knapp 500 Nachwuchshockeyspieler.

Dazu spielen beim Hellerhofer SV weitere rund 175 Kinder und Jugendliche Hockey. „In Hamburg gibt es mehr als zwei Dutzend kleinerer Vereine, da verteilt sich die Masse anders. Bei uns in Düsseldorf ist das im Vergleich alles geballter“, sagt DSD-Hockeyabteilungsleiter Swen Poloczek. „Düsseldorf ist längst eine deutsche Hockeyhauptstadt“, meint Jugendwart Rolf Schrickel vom DSC 99.

Der Zulauf bei den Düsseldorfer Vereinen ist so groß, dass sie längst nicht mehr alle Hockeyinteressierten aufnehmen können. „Ja, wir möchten für den Sport und das Zusammenleben im Verein begeistern. Aber wir wollen in unseren Mannschaften auch das Clubleben und das Gefühl für die Gemeinschaft etablieren, und vor diesem Hintergrund haben wir unsere Kapazitätsgrenzen erreicht“, meint Akim Bouchouchi, Jugendvorstand beim Platzhirsch DHC. „Hockey hat einfach ein Riesenpotenzial in Düsseldorf.“

Die Grenzen der Kapazität sind erreicht

Im DHC bedeutet das ganz konkret, dass in vielen Nachwuchsteams unfreiwillig ein Aufnahmestopp verhängt worden ist. Die Mannschaftsgrößen sprengen die Kapazitäten, sowohl was Trainingsflächen als auch was fachgerechte Betreuung durch Trainer angeht. Im DSD gilt das auch, schließlich hat der Verein anders als der DHC und DSC nur eine große Kunstrasenfläche als Trainingsstätte zur Verfügung und muss im Winter auch ohne eigene Halle auskommen.

„Wir nehmen schon jetzt mehr auf, als wir eigentlich versorgen können“, sagt Swen Poloczek vom DSD. Auch beim DSC ist der Zulauf enorm, aktuell nimmt der Verein aber noch Mitglieder in allen Altersklassen auf. Akim Bouchouchi vom DHC weitet den Blick: „Bei uns im linksrheinischen Gebiet erleben wir, dass unser Einzugsgebiet ganz generell an die Kapazitätsgrenzen stößt“, erklärt er. Auch der SC West und der CfR Links im Fußball würden schließlich einen Mitgliederansturm in der Jugend erleben. 

„Wir erleben super Unterstützung durch die Stadt und den Stadtsportbund. Langfristig muss sich aber etwas mit Blick auf die Stadtgestaltung ändern, wenn hier weitere Wohngebiete entstehen“, meint Bouchouchi. „Schon jetzt haben die Vereine hier Wartelisten und können den Bedarf nicht abdecken.“ Im Osten der Stadt liegen DSC und DSD räumlich dicht beisammen, beide Vereine haben aber viel Zulauf und betonen, dass sie sich gegenseitig nicht in die Quere kommen.

DHC auch sportlich an der Spitze

„Jeder Jugendliche, der zu uns kommt ist ein Gewinn. Und jede Stunde auf dem Hockeyplatz, ist eine weniger am Handy“, sagt Rolf Schrickel vom DSC 99. Die gesellschaftliche Bedeutung des Hockeybooms in Düsseldorf steht für sich. Aber natürlich streben alle Clubs auch nach Erfolg. „Natürlich wollen wir kurz- und mittelfristig so erfolgreich wie möglich sein, aber das funktioniert nur mit langfristiger Arbeit und stimmigen Konzepten“, erklärt Schrickel.

Die erfolgreichste Jugendabteilung ist weiter die des DHC. Nachwuchsteams aus Oberkassel haben weit über 50 Finalteilnahmen bei Deutschen Endrunden geschafft und viele Titel auf dem Feld und in der Halle eingefahren. Der DHC ist dabei in fast allen Altersklassen und bei Mädchen- und Jungenteams in Westdeutschland ganz vorne mit dabei. 

„Es zählen nicht nur Titel in der Jugend, das ist zu einfach gedacht“, stellt Akim Bouchouchi vom DHC klar. „Es geht um eine ganzheitliche Ausbildung und wir vermitteln auch Werte abseits des Platzes.“ Ähnlich äußern sich auch die Vertreter der anderen Clubs. Die haben in den vergangenen Jahren mit Blick auf den sportlichen Erfolg aufgeholt.

DSD bei Jungen stark, DSC bei Mädchen

Beim DSD feiern sie vor allem im männlichen Nachwuchsbereich regelmäßig Erfolge und haben in einigen Altersklassen den DHC überholt. „Wir kommen aus dem Breitensport und nehmen die Spitze gerne mit“, sagt Swen Poloczek vom DSD. „Gerne wollen wir mit all unseren Jugendteams in der höchsten Liga spielen, kriegen das aber noch nicht durchgängig hin.“ 

Ein Ziel beim Club von der Altenbergstraße ist die Stärkung des weiblichen Bereichs, wo der Verein aktuell hinter der Düsseldorfer Konkurrenz zurückhängt. „Wir haben da Rückstand, holen aber Schritt für Schritt auf“, erklärt Poloczek. Wenige hundert Meter weiter an der Diepenstraße beim DSC 99 ist die Situation fast spiegelverkehrt. 

Die Schwarz-Weißen sind besonders mit ihren weiblichen Jugendteams erfolgreich, in einigen Altersklassen auch stärker als die Teams des DHC. Zuletzt erreichte die WU16 das Final4 um die Deutsche Feldmeisterschaft und bescherte dem Verein die erste Ausrichtung einer Feld-Jugend-DM in der Geschichte. 

In Hellerhof ist das Hockey anders aufgestellt

„Wir sind unheimlich glücklich, dass sich unsere Anstrengungen auch in konkreten, sportlichen Erfolgen ablesen lassen“, sagt DSC-Jugendvorstand Rolf Schrickel, der aber auch feststellen muss, dass sein Club im männlichen Bereich nicht mit den anderen Düsseldorfer Vereinen mithalten kann. 

Beim Hellerhofer SV fahren sie dagegen einen anderen Ansatz. „Wir verstehen uns als Talentschmiede und wissen genau, dass wir sportlich nicht mit den drei anderen Düsseldorfer Clubs konkurrieren“, erklärt HSV-Sportleiterin Kerstin Schickenberg. Der Verein allerdings verzeichnete zuletzt Erfolge in unteren Jugendligen und erreichte durch Zusammenarbeit mit Kindergärten in den anliegenden Stadtteilen größeren Zulauf. 

Ganz generell eröffnet die breite Basis an Kindern und Jugendlichen den Vereinen viele Möglichkeiten. „Wir haben mittlerweile vier hauptamtliche Jugendtrainer unter Vertrag, die wir über die Mitgliedsbeiträge finanzieren können“, sagt Rolf Schrickel vom DSC. In dieser Hinsicht gleichen sich die drei großen Clubs. Bei der Trainerqualität erkennen sie den größten Hebel für Erfolg.

Gerade auch weil sich gesellschaftlich die Bedeutung des Sports in der Jugend offenbar gewandelt hat. „Die Eltern sind viel mehr involviert als früher, der Leistungsgedanke spielt eine große Rolle und ist nicht immer förderlich für das Erreichen von Zielen“, stellt Akim Bouchouchi fest. Das zu steuern, verstehe er auch als eine wichtige Aufgabe der Vereine.

Trainer sind der Schlüssel zum Erfolg

„Bei uns hat sich der gesamte Stab an Coaches toll entwickelt und dadurch motivieren sich die Trainer mittlerweile gegenseitig“, so Swen Poloczek vom DSD. Dort ist Herrentrainer Tobias Bergmann auch in der Jugend als Coach aktiv. „Jugendarbeit ist mittlerweile auch für den Erwachsenenbereich wieder wichtiger. Durch den Wechsel zu G9 bleiben Talente länger im Verein, vorher sind sie viel zu früh weg gewesen und ins Ausland oder fürs Studium weggezogen“, sagt Bergmann. 

Die Hoffnung aller Düsseldorfer Clubs ist dabei dieselbe: Durch hervorragende Jugendarbeit wollen sie auch Erfolg in ihren Seniorenteams garantieren. Denn nur die Damen des DHC stehen aktuell für deutsches Spitzenhockey, feierten in den vergangenen Jahren mehr als ein halbes Dutzend Deutsche Meisterschaften und dominieren das Frauenhockey in Deutschland. 

Die Herren des DHC spielen aktuell nur zweitklassig. Beim DSD sind sie mit Damen und Herren in der zweiten Liga vertreten, in der Halle könnte sich das schon an diesem Wochenende ändern. Die DSD-Damen stehen fast sicher als Aufsteiger in die erste Hallenliga fest. Auch die Herren haben noch gute Chancen diesen Sprung zu schaffen. 

Direkte Auswirkungen auf den Erfolg bei Herren und Damen

Der DSC 99 gilt als Beispiel dafür, wie sich eine weniger erfolgreiche Jugendarbeit auf den Seniorenbereich auswirken kann. Vor wenigen Jahren noch spielten die DSC-Herren in der Spitzengruppe der Feld-Regionalliga und zweiten Hallen-Bundesliga, ehe eine erfolgreiche Generation den Schläger an den Nagel hing und kaum Talente aus dem eigenen Nachwuchs nachrückten. Der Verein rauschte bis in die Niederungen der Verbandsliga ab und erholt sich seitdem nur in kleinen Schritten.

„Wir sind auf einem sehr guten Weg, mit einem Trainerteam, das qualitativ noch nie so stark war“, erklärt DSC-Jugendvorstand Schrickel. „Wir sind uns sicher, dass unsere Anstrengungen im Jugendbereich sich schon bald im Damen- und Herrenbereich auszahlen.“ 

Und auch beim DSD wissen sie genau, dass es ohne erfolgreiche Jugendarbeit nicht funktioniert. „Alle Vereine, die im Westen erfolgreich sind, setzen auf den eigenen Nachwuchs. Mit einer gekauften Truppe im Seniorenbereich erreichst du keine Identifikation und entwickelst im Verein gar nichts“, sagt Swen Poloczek. 

Und Akim Bouchouchi vom DHC formuliert es so: „ Wenn wir erfolgreiche Jugendarbeit machen, nehmen wir mit unseren Talenten automatisch an wichtigen Endrunden teil und bekommen so Spielerinnen und Spieler, die langfristig Bundesligahockey im DHC ermöglichen. Natürlich wollen wir auch mit den Herren möglichst bald wieder erstklassig spielen.“ Es wäre das fehlende Puzzleteil, das Düsseldorf noch zum inoffiziellen Titel als Hockeyhauptstadt Deutschlands fehlt.