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„Die Rückkehr war immer unser Traum“

Rhein-Fire-Cheftrainer Jim Tomsula im Interview

Foto: Nicole Janke

von Tobias Kemberg

Zum zweiten Mal nach 2006 ist der 54-Jährige wieder der Hauptverantwortliche an der Seitenlinie der Football-Franchise. Im ausführlichen Gespräch mit D.SPORTS lobt Tomsula die Fans, erklärt, warum er unbedingt nach Düsseldorf zurückkehren wollte und was seine Mannschaft am Sonntag im vierten Saisonspiel gegen Barcelona besonders gut machen muss, damit Rhein Fire in der European League of Football weiter ungeschlagen bleibt.

Herr Tomsula, willkommen zurück in Düsseldorf – es ist eine Weile her. Was hat sich im Vergleich zu Ihrem Rhein-Fire-Jahr 2006 hier verändert? Und wie haben Sie sich verändert?

Jim Tomsula: Vielen Dank. Es ist großartig, wieder in Düsseldorf zu sein. Gegenüber 2006 hat sich eigentlich nicht so viel verändert. Es gibt immer noch diese unglaublichen Rhein-Fire-Fans, die mit großer Leidenschaft für ihr Team brennen. Allerdings sind sie alle etwas älter und weiser geworden. Aber sie sind immer noch crazy – im besten Sinn natürlich. Was sich verändert hat, ist, dass noch einmal neue Gesichter hinzugekommen sind. Die Fans von damals haben jetzt ihre Kinder oder Enkelkinder dabei. Für mich ist es einfach wunderbar, gleich wieder diese Connection zu all diesen Menschen zu finden. Ich selbst habe inzwischen viel mehr graue Haare (lacht). Aber ansonsten bin ich vermutlich immer noch derselbe Typ.

Als die Gerüchte über Ihre Rückkehr aufkamen, gab es überall durchweg positive Reaktionen. Was bedeutet Ihnen das?

Tomsula: Das gibt meiner Familie und mir ein sehr schönes Gefühl. Es bedeutet uns eine Menge. Düsseldorf und die Region hier sind für uns ein ganz besonderer Teil von Deutschland und einfach ein Wohlfühlort. Schon vor 16 Jahren haben wir hier so viele tolle Menschen kennengelernt. Die Leute sind nett und offenherzig. Sie sagen, was sie meinen und sind authentisch. Und das gefällt mir. Wenn ich auf meiner Veranda sitze und am Laptop unsere Team-Calls vorbereite, schaue ich auf die Straße, sehe die Menschen vorbeilaufen und -fahren und freue mich, dass wir als Tomsulas jetzt wieder Teil dieser einzigartigen Community sind.

Foto: Nicole Janke

Das klingt so, als hätten die Verantwortlichen in Bezug auf Ihr neuerliches Engagement hier nicht viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Warum aber die ELF? Sie haben schließlich lange auf höchstem Niveau in der National Football League gearbeitet. . .

Tomsula: Die Entscheidung fiel mir überhaupt nicht schwer. Es war immer der Traum unserer Familie, eines Tages nach Europa zurückzukehren. Dafür haben wir über all die Jahre auch entsprechend Geld gespart – das erkennt man ja auch an meiner Garderobe (lacht). Meine Frau und mein Sohn sind mit hierhin gekommen und wir haben gleich wieder Anschluss gefunden. Mein Sohn spielt Golf in Meerbusch und meine Frau und ich haben uns schnell wieder an das Leben hier gewöhnt.

Wie hat sich der Footballsport in Deutschland Ihrer Meinung nach in den vergangenen Jahren entwickelt?

Tomsula: Schau mal, wie viele amerikanische Coaches in unserem Staff arbeiten. Ich bin der Einzige. Alle anderen Coaches sind aus dem deutschen Football. Das ist nicht nur Absicht der Franchise, sondern ein Beleg dafür, wie sehr sich der Sport in den vergangenen Jahren hierzulande entwickelt hat. Vor 15 oder 20 Jahren musstest du den Jungs quasi erst mal erklären, was ein Three-Point-Stance ist – also wie man sich vor dem Beginn des Spielzugs positioniert. Heute staune ich in jedem Teammeeting und jedem Training über das Fachwissen der Trainer und Spieler. Football ist in Deutschland immens gewachsen und das bereitet mir sehr viel Freude. Und irgendwie passen die bei uns wichtigen Attribute wie Disziplin, Belastbarkeit und freundliches Miteinander perfekt in das Mindset und die Kultur der Deutschen, oder?

Auf jeden Fall. Zum Sportlichen: Rhein Fire ist mit drei Siegen in drei Spielen optimal in die ELF-Saison gestartet. Wie weit sind Team und Organisation in ihrer Entwicklung?

Tomsula: Wenn man bedenkt, dass die Leute hinter den Kulissen vor einigen Monaten bei Null angefangen haben und das neue Rhein Fire sozusagen ein Startup ist, dann ist die Entwicklung absolut erstaunlich. Es ist so viel geplant und umgesetzt worden, das ist einfach lobenswert. Und das Team entwickelt sich Schritt für Schritt. Wir machen viele Dinge schon gut, aber im Teamsport gibt es bekanntlich immer Raum für Verbesserungen.

Am Sonntag geht es gegen die Barcelona Dragons. Was werden die Schlüssel zum Sieg ein?

Tomsula: Der erste Schlüssel zum Sieg in jedem Spiel ist immer gleich: Kümmere dich um dein Spiel und setze die Trainingsinhalte um. Wir machen immer noch einige Fehler und gegen ein gutes Team wie Barcelona müssen wir einige davon dringend abstellen. Die Dragons sind auf den Skill-Positionen in der Offense exzellent besetzt. Wenn du die Jungs auf Tape anschaust, dann springen sie dir aus dem Bildschirm heraus. So gut sind die. Insgesamt haben wir großen Respekt vor diesem Gegner, der stark in der Offense, Defense und bei den Special Teams ist. Wir müssen unseren besten Football spielen am Sonntag.

Foto: Nicole Janke

Haben Sie und das Team die Meisterschaft als klar formuliertes Ziel? Oder steht im ersten ELF-Jahr die Gesamtentwicklung im Vordergrund?

Tomsula: In jeder Saison meiner Trainerkarriere setze ich mich beim ersten Meeting vor der Saison hin und sage: Jungs, unser Ziel ist die Meisterschaft. Aber so einfach ist das logischerweise nicht. Im Football musst du jeden Tag hart arbeiten und einen Schritt nach dem anderen machen. Wichtig ist, dass du dein GPS eingeschaltet hast. Du musst wissen, wo es hingehen soll. Wenn du falsch abbiegst, dann bringt dich dein GPS wieder auf Kurs. Unsere nächste Abbiegung heißt Barcelona.

Es gibt Leute, auch im inneren Zirkel bei Rhein Fire, die sagen: Das kann der Beginn von etwas Großem sein. Stimmen Sie dem zu?

Tomsula: Ja. Wenn ich sehe, wie sich jeder innerhalb der Organisation reinkniet, dann stimme ich definitiv zu. Aber im Leistungssport schwingen auch immer Risiken und Unwägbarkeiten mit – sportlich und finanziell. Rhein Fire kann den Footballsport in der Region voranbringen. Doch wir wollen nichts von anderen Sportarten wegnehmen, sondern Teil der gesamten Sportkultur in Düsseldorf und der Umgebung sein. Mit der großen Leidenschaft aller Beteiligten werden wir das auch erreichen.

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