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Der Tom Brady des Rollhockeys

Andi Paczia mischt mit 40 Jahren weiter mit

Foto: Horstmüller

von Tobias Kemberg

Seit mittlerweile 25 Jahren spielt der Kapitän des TuS Nord Rollhockey auf höchstem Niveau. Acht große Titel hat er während seiner Karriere gewonnen. Am Samstag starten Paczia und die personell veränderte Mannschaft in die neue Bundesligasaison.

Zugegeben, ganz so viel Ruhm und Ehre wie dem größten Quarterback aller Zeiten wurde Andi Paczia nie zuteil. Natürlich sind Rollhockey und Football allein schon durch die etwas unterschiedlich ausgeprägte Medienpräsenz nicht vergleichbar. Und doch darf der „Capitano“ des TuS Nord an dieser Stelle durchaus mal als der Tom Brady des Rollhockeysports bezeichnet werden. Warum? Einerseits gehört Paczia auch im hohen Alter noch immer zu den Besten seines Fachs, andererseits stehen acht große Titelgewinne in seiner sportlichen Vita.

„Damit habe ich dann wohl einen mehr als Brady“, sagt der Spielmacher der Grün-Weißen aus Unterrath und lacht. Paczia ist am Dienstag 40 Jahre alt geworden, an das Karriereende denkt er deswegen jetzt aber nicht. „Das ganze Mannschaftsleben hält mich immer noch ein Stück weit jung. Gerade nach dem Corona-Jahr kam es für mich überhaupt nicht infrage, den Schläger jetzt in eine Kiste zu packen und zu sagen: ,Das war’s‘. Ich stehe noch immer gerne auf Rollschuhen, auch wenn ich bestimmt nicht mehr jedes Training so geil finde wie mit 20 oder 25.“

Wenn die Bundesligamannschaft des TuS Nord am Samstag (16 Uhr) bei der IGR Remscheid in die neue Spielzeit startet, dann beginnt für Andi Paczia die 25. Saison im Seniorenbereich – für Football-Legende Brady, den siebenfachen Super-Bowl-Champion, ist 2021 übrigens „erst“ das 22. Jahr als Profi. „Ich kann und möchte mit meiner Erfahrung immer noch helfen und habe richtig Bock auf die Saison. Mir ist bewusst, dass ich nicht ständig im Strafraum stehen und 30 Buden erzielen werde. Aber ich bin gewiss auch nicht als Aushilfskellner dabei.“

2014 kehrte der „verlorene Sohn“ zurück zu seinem TuS Nord

Fünf Mal ist Paczia in seiner langen Karriere Deutscher Meister geworden. Als junges Talent im Jahr 1997 mit seinem Klub, dann je zwei Mal mit der ERG Iserlohn sowie dem RSC Cronenberg. Mit den langjährigen Bundesligakonkurrenten der Unterrather gewann er darüber hinaus je einmal den Pokal und während seiner Zeit beim RHC Friedlingen in der Schweiz durfte Paczia auch eine nationale Meisterschaft im Ausland feiern.

„Bei manchen Themen
in der Kabine komme ich
tatsächlich nicht mehr mit.“

Über weitere Top-Adressen in Italien und in der Schweiz führte ihn sein Weg 2014 schließlich wieder zum TuS Nord. „Der verlorene Sohn ist zurück“, titelte die Westdeutsche Zeitung damals über den WM- und EM-Teilnehmer, der in unzähligen Europapokalspielen mitwirkte und in Deutschland zu den bekanntesten Gesichtern seiner Sportart gehört. „Meine Prioritäten sind inzwischen andere als vor 15 oder 20 Jahren, gerade auch im Privaten. Aber das ist ja ganz normal. Ich gebe trotzdem immer noch genauso viel Gas wie früher“, sagt Paczia über seinen Antrieb.

Flapsige Sprüche oder sogar Witze über sein Alter fürchtet der 40-Jährige nicht. „Die kommen zum Glück bisher nicht, aber das liegt vielleicht zum Teil daran, dass die jüngeren Spieler grundsätzlich noch etwas stiller sind“, sagt Paczia, der hofft, auch künftig um Spitznamen wie „Rollhockey-Opa“ herumzukommen. „Ich habe kein Problem damit, der Älteste zu sein. Das wäre ja auch Quatsch. Aber bei so manchen Themen oder Begriffen beim Training und in der Kabine komme ich tatsächlich nicht mehr mit. Zum Glück geht es aber nicht nur mir so. Da gucken dann auch andere mal doof in die Runde“, berichtet Paczia lachend.

Und wenn irgendwann mal der Tag kommt, an dem mit Rollhockey auf absolutem Top-Niveau Schluss ist, dann ist klar: Andi Paczia bleibt seinem TuS Nord definitiv verbunden. „Das liegt ja bei uns in der Familie. Wir sind tief im Verein verwurzelt und das wird sich nicht ändern.“ Jetzt geht es aber erst einmal wieder los. Mit einer neuen Saison und dem (fast wieder) normalen Rollhockeybetrieb.

Foto: Horstmüller

Der Kapitän gibt die Play-off-Teilnahme als Saisonziel aus

„Wenn du auf der Bahn stehst, ist es tatsächlich wie früher. Dieses besondere Gefühl nach der langen Corona-Pause ist bei uns allen wieder da“, sagt Paczia. „Unsere Mannschaft sieht eben nur etwas anders aus.“ Hinter der Bandentür steht zwar weiterhin Trainer Robbie van Dooren, aber innerhalb jener Banden hat sich personell einiges verändert. Tarek Abdalla fokussiert sich auf seinen beruflichen Werdegang, Paczias jüngerer Bruder Tobi wird aus privaten Gründen zumindest den ersten Teil der Saison verpassen und erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingreifen.

Zu den gestandenen Spielern wie Jan Kutscha, André Beckmann und Charlie Gatermann kommen mit Stan Holtzer (Walsum) und Marlon Angenendt (Recklinghausen) zwei Neue zum TuS Nord, der neben den noch immer jungen Nick Heinrichs und Ben Barnekow jetzt auch dessen Bruder Mats Barnekow sowie Louis Weber aus dem eigenen Nachwuchs ins Bundesligateam integriert. „Unser Kader ist etwas ausgedünnt. Daher sind wir froh, dass Sven Beckmann aus der zweiten Mannschaft noch einmal ein Bundesliga-Comeback gibt“, erklärt Paczia.

„Vielleicht spielen wir nicht zwingend um die Meisterschaft, aber die Play-offs sind unser Ziel. Dazu müssen wir mindestens Vierter unter den nur noch sechs Teams werden. Das ist meiner Ansicht nach machbar. Wir haben jedenfalls alle richtig Bock und sind happy, dass es wieder losgeht.“ Vergleichbares sagte vor einigen Wochen übrigens auch Tom Brady, der wie Andi Paczia noch immer jeden Tag für seinen Sport „brennt“ und sich ebenso der Hochachtung von Teamkollegen sowie Kontrahenten gewiss sein kann. „Ich? Der Rollhockey-Brady? Das ist auf jeden Fall besser als Rollhockey-Opa“, sagt der „Capitano“.

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