D.SPORTS

Home of Sports

@DEG-Fans: Locker bleiben

Zum Start der Eishockey-Saison

Foto: Kenny Beele

von Bernd Schwickerath

Am Freitag startet die DEG in die neue Eishockey-Saison. Und die Erwartungen sind nach der starken Vorsaison und einigen überraschenden Transfers hoch. Zu hoch? Unser Kommentar.

Dass es mit dem Langzeitgedächtnis im Sport so eine Sache ist, ist jetzt keine neue Erkenntnis. Wer gestern noch überragend war, sollte heute lieber ganz schnell das Weite suchen. Funktioniert natürlich auch umgekehrt: Die Versager von heute sind die Helden von morgen.

Rund um die Düsseldorfer EG ist das dieser Tage wieder besonders zu erleben. An diesem Donnerstag beginnt die 29. Saison der Deutschen Eishockey Liga, die DEG startet am Freitag (19.30 Uhr) gegen Ingolstadt. Und wer so hört und liest, was manche (!) im Umfeld des Klubs für Erwartungen haben, muss denken, dass es den Sommer 2021 nie gegeben hat.

Damals schien die DEG dem Untergang geweiht. Sparkurs, diverse Abgänge, ersetzt mit Zweitligaspielern oder solchen, die die Konkurrenz nicht mehr brauchte. Da war das Urteil schnell gefällt: Absteiger. Am besten gleich zurück an die Brehmstraße und in der Oberliga starten. Doch knapp zwei Dutzend O’Donnell-Tore und ein Haukeland-Transfer später klingt es, als seien die Neunziger zurück, als sollte die DEG schon mal Meistershirts in Auftrag geben.

Der neue Star im Team: Henrik Haukeland. Foto: Birgit Häfner

Ist natürlich etwas zugespitzt, ganz so schlimm ist es nicht. Aber grundsätzlich gilt: Wer vergangenes Jahr „Abstieg“ gerufen hat, sollte jetzt nicht „Halbfinale“ brüllen. Wie wäre es mit locker bleiben? Einfach mal schauen, wie das so alles funktioniert mit einem neuen Trainer, einem neuen Torwart, aber ohne den alten Abwehrchef. Warum immer vorschnelle Urteile? 2021 war nicht alles schlecht, 2022 ist nicht alles gut.

Viertelfinale + besserer Kader = Halbfinale?

Nicht falsch verstehen: Natürlich dürfen Fans (und Sponsoren) träumen. Im Sport ist die Vorfreude auf eine Saison, ein Turnier oder ein großes Spiel ja häufig schöner als die Ereignisse an sich. Das soll niemandem genommen werden. Erst recht niemandem, der viel Zeit und Geld in den Verein steckt. Und im speziellen Fall der DEG ist der Wunsch nach einer erfolgreichen Saison auch nachvollziehbar. Erstens grundsätzlich, weil die letzte Meisterschaft zwar mehr als ein Vierteljahrhundert her ist, aber vielen noch präsent ist. Zweitens, weil es zuletzt ins Viertelfinale ging und die DEG heute einen (auf dem Papier) stärkeren Kader hat. Da scheint der eine Schritt weiter ins Halbfinale ja nur logisch.

Was aber nicht vergessen werden darf: Die DEG hat vergangene Saison gehörig über ihre Verhältnisse gespielt. Das geben die Protagonisten sogar zu. „Wir haben überperformt“, haben Manager Niki Mondt und Kapitän Alexander Barta erst dieser Tage wieder gesagt. Was auch daran lag, dass zahlreiche andere Teams (auch wegen Corona-Ausbrüchen) unter ihren Möglichkeiten blieben. Aber machen sie das jetzt wieder? Schlägt die DEG also wieder reihenweise Teams, die mehr Geld haben?

Torjäger Brendan O’Donnell. Foto: Birgit Häfner

Mondt schätzt seinen Klub rund um Platz zehn in der Etattabelle ein. Ob’s stimmt? Man weiß es nicht, die Zahlen sind ja nicht öffentlich. Aber dass die DEG finanziell nicht zu den Topteams der Liga gehört, steht außer Frage. Trotzdem kann man natürlich mehr reißen. Wenn Haukeland alles hält, Järvinen alles wegblockt und O’Donnell alles trifft, ist ein Platz unter den ersten Sechs drin. Vielleicht in den Play-offs sogar das Halbfinale. Das darf auch der Wunsch sein. Aber der Anspruch?

Gerade im Eishockey kann so viel passieren. Laut wissenschaftlichen Studien spielen Glück und Zufall in keiner anderen Mannschaftssportart eine so große Rolle. Ein unerwartet springender Puck, ein gebrochener Schläger im falschen Moment, häufig entscheiden Millimeter über Jubel oder Trauer. In der vergangenen Saison traf die DEG 42 Mal Pfosten oder Latte. Gleichzeitig flog der Puck 57 Mal gegen das eigene Gestänge. Diverse Spiele hätten völlig anders laufen können. Und dann erst reden wir über Verletzungen und Schiedsrichterentscheidungen.

Das soll natürlich alles kein Freifahrtschein sein für Manager, Trainer und Spieler. Natürlich gibt es Erwartungen, die es zu erfüllen gilt. Die Play-offs sollen es schon sein. Aber wenn die über Platz sieben bis zehn erreicht werden, ist das kein Weltuntergang.

Teilen

Verpasse keine News mehr und abonniere unseren Newsletter