von Norbert Krings
Fortuna Düsseldorf hat einen sehr guten Start in die neue Zweitliga-Saison hingelegt. Die Mannschaft von Daniel Thioune ist Spitzenreiter, hat zwei Punkte Vorsprung und ist nun seit 21 Ligaspielen ohne Niederlage. Also müsste es eigentlich nur Gewinner in diesem Verein geben. Das ist allerdings nicht ganz richtig so. Einige Protagonisten stechen schon noch aus dem Kollektiv heraus, und an anderen Stellen läuft es (noch) nicht gerade optimal. Nach dem ersten Fünftel der Saison lohnt sich bereits eine Standortbestimmung in unserem D.SPORTS INSIDE.
Die Gewinner:
Daniel Thioune hat sich als sehr guter Verlierer nach dem verpatzten Relegations-Rückspiel gezeigt. Er blieb damals bei sich, räumte eigene Fehler ein und wälzte die Schuld nicht auf einzelne Spieler oder die Mannschaft ab. Er baute ein neues Wir-Gefühl auf, vermittelte den Eindruck, dass alle Fortunen gemeinsam den Karren schnell wieder aus dem Dreck ziehen können und schuf damit diesen Zusammenhalt im Team und im Verein, der so wichtig ist. Den schweren Rucksack nach dem Scheitern hat er seinen Spielern, sich selbst und dem Verein eindrucksvoll von den Schultern genommen – und das ohne unglaubwürdige Kampfansagen. Seinen Blick nach vorne haben alle übernommen.
Florian Kastenmeier hat noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht. Auch wenn es nach sieben Spieltagen bei der Beurteilung einer Torwartleistung noch viel zu früh ist, zählt „Kaste“ zu den besten Keepern der Liga, wenn er nicht inzwischen sogar der Beste ist. Seine frühere Ungeduld ist einer Bärenruhe gewichen, und viele spektakulär abgewehrten Torschüsse haben dafür gesorgt, dass die gegnerischen Stürmer noch mehr Respekt vor ihm entwickelt haben. 4,7 Paraden pro Spiel sowie 34 gehaltene Torschüsse sind der Bestwert in der 2. Liga.
Andre Hoffmann wurde nach der vergangenen Saison nicht mehr allzu viel zugetraut. Da er nicht selten verletzt war, haben sich einige „Experten“ schon gewundert, dass sein Vertrag verlängert wurde und der Trainer ihn auch erneut zum Kapitän befördert hat. Seine Abgeklärtheit und seine Art, Räume zu schließen, haben in Verbindung mit der Klasse von Kastenmeier und Tim Oberdorf bisher dazu geführt, dass die Fortuna bisher die wenigsten Gegentore erzielt hat. Vom langsamen Spielaufbau und den vielen Rückpässen hat sich Fortunas Kapitän verabschiedet. Zudem hat Hoffmann ligaweit mit 94,49 Prozent die beste Passquote.
Tim Oberdorf ist die Überraschung des Jahres 2024 bei Fortuna Düsseldorf. Früher sprach man nur vom Bruder von Nationalspielerin Lena Oberdorf. Inzwischen ist der 28 Jahre alte Spätstarter im Profibereich eine feste Größe unter den deutschen Abwehrspielern geworden. Auch wenn ihm in Fürth ein blöder Fehler unterlief, ist Oberdorf in der Abwehr eine echte Bank, weil er unspektakulär spielt, seine Aufgaben mehr als zufriedenstellend löst und im Zweikampf kaum mehr zu bezwingen ist.
Matthias Zimmermann ist der älteste Spieler im Kader der Fortuna. Und der 32-Jährige erlebt in Düsseldorf seinen bisher besten Saisonstart. Als Außenverteidiger zählte er zu den besten Spielern in der Liga, als Sechser überzeugt er nun und stellt seine universelle Einsatzmöglichkeiten unter Beweis. Was seine Laufleistung angeht, liegt er auf Platz 13 in der 2. Liga. Auch bei ihm war es der richtige Schritt, frühzeitig den Vertrag zu verlängern, auch weil sich der Dauerrenner absolut mit diesem Verein identifiziert und alles für seine Mannschaft und den Trainer tut. Ihm kann man diesmal nur eine längere verletzungsfreie Zeit wünschen.
Isak Johannesson hat seinen besten Kumpel nach Brügge gehen lassen müssen. Doch seine positive Art hat er nach dem Abschied von Christos Tzolis deshalb nicht verloren, weil er sich unglaublich wohl in der Fortuna-Familie fühlt. Falls es irgendwann einmal eine gewisse Schüchternheit bei ihm gegeben haben sollte, was die Mannschaftskollegen vehement dementieren, so hat sich der Isländer in der Mannschafts-Hierarchie gleich um ein paar Stufen nach oben geschoben. Mit der Übernahme einer Führungsrolle hat er auch sein Verantwortungsgefühl für die Mannschaft in den Spielen gesteigert. Mit seiner Laufleistung bisher von 83,46 Kilometern ist er ligaweit auf Rang 3 gelistet. Er wirkt in der neuen Saison deutlich präsenter als in der Vorsaison. Wie er den Elfmeter-Versuch für sich beanspruchte und diesen in Fürth zum Siegtreffer auch verwandelte, zeigt, dass in Düsseldorf gewachsen ist und wohl auch zeitnah zur Startelf der Isländer im Nationalteam zählen wird.
Tim Rossmann hat bereits Anfang des Jahres den Vertrag bei der Fortuna unterschrieben. So wurde er, auch weil er aus einer Verletzung kam und nur wenige Spiele für Karlsruhe als Profi absolviert hatte, kaum als ein ernsthafter Anwärter auf einen Startelf-Platz angesehen. Doch sein Tempo, sein Selbstvertrauen, seine mannschaftsdienliche Art und seine Spielfreude überzeugten den Trainer, so dass „Rossi“ sein Glück auf dem linken Fortuna-Flügel gefunden hat. In dieser Form muss er sich auch nicht vor Myron van Brederode verstecken, der als Konkurrent auf Rossmanns Position immerhin U21-Nationalspieler der Niederlande ist. Denn mit zwölf erfolgreichen Dribblings ist er in der Liga-Rangliste auf Platz 14 notiert. Kein anderer Fortune ist in dieser Hinsicht so stark wie er.
Die Verlierer:
Jordy de Wijs brennt darauf, zu zeigen, dass sein Platz auf der Ersatzbank zu Beginn der Pflichtspiele nicht der richtige Ort für einen kampfstarken und robusten Abwehrspieler darstellt. Hoffmann hat gegenüber de Wijs die Nase derzeit vorne. Und auch Jamil Siebert ist ein ernstzunehmender Konkurrent für einen Posten in der Innenverteidigung. Daniel Thioune bedauert zwar, dass er den Niederländer auf der Bank lassen muss. Aber die Spieler, die derzeit auflaufen, zeigen überzeugende Leistungen, so dass der Trainer keine Erklärung hätte, auf de Wijs zurückzugreifen.
Shinta Appelkamp ist immer im Hinterkopf des Trainers – sagt dieser jedenfalls. Doch auf dem Rasen sieht man den Deutsch-Japaner in letzter Zeit selten. Die Nicht-Berücksichtigung im Relegations-Rückspiel spielt im Innenverhältnis zwischen Trainer und Spieler angeblich keine Rolle mehr. Aber Appelkamp muss enttäuscht sein, dass er als einer der besten Vorbereiter der Liga in der vergangenen Saison nicht mehr Spielanteile erhält. Auch da kann man nur sagen, die Spieler, die im Mittelfeld derzeit Stammplätze haben, machen es eben nicht allzu schlecht. Allerdings wird Appelkamp im Verlauf der weiteren Saison sicherlich noch dringend gebraucht. Nicht von ungefähr ist er ein gefährlicher Standardschütze und in den paar Minuten, die er gegen Köln eingreifen durfte, holte er sich den Scorerpunkt mit der Vorlage auf Last-Minute-Torschütze Jona Niemiec. Zehn Tore hatte er für Fortuna in der vergangenen Saison vorbereitet, kein Teamkollege schaffte mehr.
Fortunas Vorstand steht nicht unbedingt in der Kritik, weil er schlechte Arbeit leistet. Aber in Sachen Transparenz hätten Mitglieder und Fans unbedingt ein wenig mehr Durchblick von der Vereinsführung vermittelt bekommen müssen. Dabei geht es vor allem um die Transferausgaben und -einnahmen. Fortunas Führung war bisher nicht in der Lage zu erklären, wo der große Transferüberschuss gelandet ist und wie das Geld verwendet wird, wenn es offensichtlich nicht in großem Maße in die Verstärkung der Mannschaft fließen kann. Mehr und spezifiziertere Aufklärung wäre nötig, und das hatten sich Jobst, Hovemann und Allofs auf der letzten Mitgliederversammlung eigentlich auf die Fahnen geschrieben. Wäre der Saisonstart danebengegangen, hätten sich die Vereins-Verantwortlichen einiges an Kritik und Fragen anhören müssen. So ist das Thema erst einmal bis zur Mitgliederversammlung zurückgestellt, ohne geklärt zu sein.
Die Pechvögel:
Marcel Sobottka ist aktuell sehr gebeutelt. Nach seinen Erkrankungen und einem nicht heilen wollenden Muskelfaserriss konnte er zu Saisonbeginn endlich wieder schmerzfrei spielen. Dann jedoch zog er sich eine leidige Wadenverletzung zu, die immer noch nicht so weit verheilt ist, dass er wieder trainieren kann. Zudem hat er inzwischen erst einmal seinen Stammplatz verloren, Zimmermann und Giovanni Haag überzeugen jedenfalls als Sechser. Dennoch kann die Mannschaft auf ihren Vizekapitän nicht verzichten.
Dzenan Pejcinovic war mit den Folgen eines Mittelfußbruches nach Düsseldorf gekommen. Den hatte er dann auskuriert, um nach seinem Treffer in Ulm zum 1:1 beim 2:1-Sieg und zwölf Minuten Jokerzeit gegen Hannover direkt wieder auszufallen. Der Meniskusriss trifft den talentierten Stürmer hart, weil er sich zunächst für die Mittelstürmer-Position in Düsseldorf empfehlen wollte, um danach im kommenden Spieljahr beim VfL Wolfsburg endgültig durchzustarten. Das Talent dazu hat er, und wenn er dann mal von Verletzungen verschont bleibt, kann er auch der Fortuna noch helfen.
Mit D.SPORTS INSIDE liefern wir regelmäßig tiefergehende Analysen und Insights rund um die Düsseldorfer Topklubs und den Düsseldorfer Spitzensport.
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