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Fußball

Mehr war für Fortuna nicht drin

Analyse: Qualitätsmängel, Verletzungspech und zu selten die richtige Einstellung

Von Norbert Krings – Mit einer großen Enttäuschung und Frust über eine indiskutable Leistung beim 2:4 in Magdeburg vor allem in der zweiten Hälfte ist die Saison für Fortuna Düsseldorf auf Rang sechs zu Ende gegangen. Die Aufarbeitung der Probleme ist noch im vollen Gange, aber einige Schwachpunkte der aktuellen Spielzeit sind überdeutlich zu erkennen, und fordern Konsequenzen. Zumindest beim TV-Geld gibt es keine Einbußen gegenüber einem Einlaufen auf Platz vier – falls Heidenheim nicht in der Relegation scheitern sollte.

Für die Macher von Fortuna Düsseldorf ist eine Frage nicht ganz so klar zu beantworten: Wurde das Saisonziel nun verfehlt oder nicht? Während Klaus Allofs „nur“ möglichst weit oben mitspielen wollte, hatte Daniel Thioune davon gesprochen, sich gegenüber der vergangenen Saison zumindest um einen Rang zu verbessern. Das ging mit Platz sechs nach dem Erreichen der Relegation letztlich ziemlich schief. Überhaupt muss sich der Fortuna-Trainer künftig verbal mehr zurücknehmen. Seine Ansage, dass die Fortuna auf jeden Fall die Relegation für sich entscheiden würde, falls sie in die Saisonverlängerung einziehen würde, war weder sinnvoll noch realistisch. Zudem hatte Thioune im Saison-Endspurt verlangt, dass das „Labbern“ seiner Spieler und von sich selbst ein Ende haben müsse, um sich auf die Spiele zu konzentrieren. 

Bleiben wir beim Trainer. Daniel Thioune blickt auch kritisch auf die Saison zurück, darf sich aber für seine mentale Aufbauarbeit nach dem verpassten Aufstieg loben lassen. Anders sieht es aus, was die Konzeptlosigkeit und die meist fehlende Balance im Spiel seiner eigenen Mannschaft angeht. Die Struktur, die das Spiel damals mit Yannik Engelhardt, Ao Tanaka und Christos Tzolis als Abschlussspieler hatte, war in dieser Saison nicht zu erkennen. Häufige Wechsel, Verletzungen, wechselnde Taktiken und immer wieder auftauchende Formschwächen der Spieler taten ein Übriges, um Spielfluss zu verhindern und eine große Zahl an Ballverlusten zu produzieren. Thioune hatte über die meiste Zeit keine eingespielte Mannschaft, wenig Ideen, keinen ausreichenden Mut für die Offensive und offensichtlich kaum Möglichkeiten, eine konkrete Spielidee umzusetzen. Dass es dann auch in einer insgesamt qualitativ schlechten 2. Liga noch so weit nach oben ging, war dann schon eher eine Überraschung.

Denn die Qualität der Mannschaft unterschied sich deutlich von der des Vorjahres. Mit Spielern wie Moritz Heyer, Giovanni Haag, (der enttäuschende) Valgeir Lunddal, (der meist verletzte) Nicola Gavory, (der lange schwer zu integrierende) Myron van Bredrode und Stürmern, die mehr verletzt als gesund waren, ist es nun mal schwer, qualitativ gut zu arbeiten. Da Dawid Kownacki kein spielender Mittelstürmer ist, der einzige Topspieler auf dem Feld, Isak Johannesson mehr oder weniger auf sich allein gestellt war, gab es offensiv viel zu wenig Aktionen – auch weil Shinta Appelkamp seinen nächsten Entwicklungsschritt offensichtlich verweigert. Bitter wäre es, falls Isak Johannesson seine Ausstiegsklausel ziehen würde und damit der beste Spieler der Saison noch den Verein verlassen würde – ungeachtet einer Einnahme, die wohl in der Nähe von 5 Millionen Euro liegen würde.

Fortunas Team ist zu spät zusammengewachsen

Offensichtlich hat es auch bis zum Frühjahr dieses Jahres gedauert, ehe dann endlich die Mannschaft auch als echtes Team funktioniert hat. Die Fans haben sich vielfach über das Auftreten ihrer Mannschaft geärgert, auch wenn der harte Kern der Anhänger die Spieler sogar in Magdeburg noch gefeiert hat. Es gab Leidenschaft bis zu einer gewissen Grenze in diesem Team. Spiele, in denen die Mannschaft bis zum Schluss alles gegeben hätte und dann mit fliegenden Fahnen unterzugehen statt hinten dauernd herumzuspielen und den Ball dann doch in der Vorwärtsbewegung zu verlieren, hätte den Anhängern viel mehr Spaß bereitet und Niederlagen wären eher verziehen worden. 

Der fehlende Mut, die wenigen Ideen und die geringe Zahl an gewonnenen Offensiv-Zweikämpfen – das wurde nur dadurch halbwegs wettgemacht, dass einige Spiele dann zum Schluss doch noch mal herumgerissen wurden. Einige Male wurde das Glück auch erzwungen. Direkt mehr Fußball spielen, statt hinterher noch alles wieder gerade biegen zu müssen, wäre bei den Fans deutlich besser angekommen. Zudem gelang mit dem 2:1 in Paderborn nur ein Sieg gegen ein Team aus den Top-Fünf der Liga. 

Für Dawid Kownacki könnte es eine Zukunft in Düsseldorf geben – noch ist er zu teuer

Rund 20 Stunden nach dem Abpfiff in Magdeburg präsentierte der Verein bereits eine (erste) Liste von acht Abgängen. Darunter befinden sich neben Nicolas Gavory, den Leihspielern (Pejcinovic, van Brederode, Kownacki, Kwarteng) und Torwart Robert Kwasigroch auch Marcel Sobottka sowie Andre Hoffmann. Vize-Kapitän „Cello“ Sobottka wird zwar noch einen besonderen Abschied wie auch Mannschaftsführer Andre Hoffmann erhalten, aber seine Enttäuschung wurde auch in der offiziellen Meldung der Fortuna ziemlich deutlich. Andererseits kann man auch den Verein verstehen, wenn mit einem Spieler, der rund ein Drittel der möglichen Einsätze vor allem wegen Verletzungen verpasst hat, nicht mehr geplant wird.

Sportdirektor Christian Weber und Sportvorstand Klaus Allofs waren für die abgelaufene Saison nicht so glücklich in der Kaderzusammenstellung wie im Jahr zuvor. Für das nächste Spieljahr gab Allofs dennoch aktuell das Motto „Bundesliga“ aus. In der neuen Saison geht es also erneut darum, einen Aufstiegsplatz zu erreichen. Dafür muss mehr Begeisterung, jugendlicher Schwung und Offensivfreude ins Team. Aber auch die Teamchemie und ein größerer Zusammenhalt werden entscheidend sein. Viel mehr wirtschaftliche Power als in diesem Jahr wird die sportliche Leitung dafür aber nicht erhalten, auch wenn der Sportvorstand um eine Aufstockung des Etats intern „kämpfen“ wird. Das macht die Sache für Daniel Thioune sicherlich nicht leichter. Trotz aller Probleme ist es sinnvoll, dem Trainer weiterhin zu vertrauen. Doch dieser muss künftig ein besseres Konzept auf den Rasen bringen und vielleicht dem einen oder anderem jungen Spieler mehr Vertrauen schenken. Der Druck für den Übungsleiter wird also somit nicht kleiner.