Von Norbert Krings – Wenn über den Torhüter von Fortuna Düsseldorf gesprochen wird, kommen schnell Superlativen zur Sprache: „Florian Kastenmeier ist der beste Keeper der 2. Liga“, „kein Torhüter im deutschen Fußball kann besser mit dem Ball am Fuß umgehen“ und „Kastenmeier ist der verrückteste Typ im Profi-Fußball". An all diesen Aussagen ist sicherlich etwas dran. Florian Kastenmeier ist in den vergangenen zwei Jahren reifer, ruhiger und mannschaftsdienlicher geworden. Das hat seiner sportlichen Qualität nicht geschadet. Er ist auch im Tor gewachsen…
Anhand von zwei Szenen, die sich beide in Hannover bei zwei Fortuna-Spielen dort in einem Abstand von über zweieinhalb Jahren abgespielt haben, ist diese Entwicklung des inzwischen 27 Jahre alten Torhüters am besten zu verdeutlichen. Die besondere Szene des ersten der beiden Spiele ist vielen Nutzern von Social Media in bester Erinnerung. Denn damals nahm Kastenmeier den Ball, der von einem 96-er abgefeuert war und über ihn aus 50 oder 60 Metern fliegen sollte, überaus geschickt mit dem Fuß an und jonglierte ihn drei- oder viermal und spielte ihn dann erst weiter.
An vergangenen Sonntag stand Kastenmeier wieder im Mittelpunkt - und zwar in der allerletzten Szene. Er boxte eine Freistoß nicht ausreichend weit genug weg. Der Ball landete einem Hannoveraner genau vor den Füßen. Während dieser das Spielgerät noch richtig auf seinen starken Fuß legte, war Kastenmeier wie ein Derwisch aus dem Tor gestürmt und warf sich ohne Rücksicht auf mögliche Verletzungen in diesen letzten Schuss. Damit zeigte er erneut, wie sehr er sich inzwischen auch als Kapitän für sein Team einsetzt. Im Anschluss erklärte Kastenmeier in der Mixed-Zone, dass er beim Kinderturner seiner Tochter genau aufgepasst habe und daher mit einem Rückwärts-Purzelbaum den harten Fall auf den Boden abfedern konnte.
Als Vize-Kapitän trägt Kastenmeier auch mehr Verantwortung
Kastenmeier ist nicht mehr der bärbeißige Hallodri, der zunächst nur auf seine Leistung schaut. Das muss auch früher nicht so gewesen sein, kam aber durch seine damals noch abweisende Art gegenüber jedermann so rüber. Nun spüren auch die Fans, dass der 27-Jährige Verantwortung übernehmen will. So ist er nicht umsonst vom Trainer für den Mannschaftsrat und als Vizekapitän ausgewählt worden. „Das bedeutet mir etwas“, sagt Fortunas Torhüter kurz und knapp. Dann dreht er sich mitten in diesem Interview (vor dem Hannover-Spiel) um und hört, dass ein Ball bei den letzten (freiwilligen) Trainingsübungen über den Fangzaun und über das Funktionsgebäude geflogen war. Er schaut ganz genau hin, und versucht zu ergründen, wer das war. „Der Junge wird zahlen müssen“, sagt der Kassenwart der Mannschaft, verrät aber nicht den Namen, den es dann trifft. Und im Gespräch knüpft Kastenmeier problemlos dort an, wo er zuvor unterbrochen hatte.
Kastenmeier nimmt kein Blatt vor den Mund und beschönigt auch die Lage nicht. „Ich würde behaupten, die Stimmung bei uns ist gut, aber darauf dürfen wir uns nicht ausruhen“. Er spricht von einer wenig prickelnden spielerischen Leistung in den vergangenen Spielen. Aber das hat nichts damit zu tun, dass er sich den Blick auf die Tabelle erspart. „Das interessiert mich aktuell nicht, wichtiger ist, dass wir uns weiterhin verbessern.“ Aus seiner Sicht wäre es dann auch schön, „mal wieder kein Gegentor zu kassieren“. Es nervt ihn einfach, obwohl dann am Ende drei Punkte auf der Habenseite stehen.
Fortuna Nummer 1 ist nun ein Muster-Profi, der sich ideal auf den Gegner vorbereiten will
Er geht aber bekanntermaßen kritisch mit seinen eigenen Leistungen um. So heißt es schon etwas, wenn er mit dem Saisonverlauf „ganz zufrieden“ ist. „Bis auf die zwei Ausrutscher, einmal gegen Kaiserslautern und dann gegen Elversberg, ist es ganz gut gelaufen“, sagt der 27-Jährige. Aber es sei noch Luft nach oben und noch mehr Konstanz möglich. In der verbleibenden Saison will er das durchaus beweisen. Dabei spielt es für ihn keine große Rolle, ob eine Dreier- oder Viererkette vor ihm spielt. Viel wichtiger seien auch künftig die Leidenschaft und die Mentalität, die die Mannschaft im Aufstiegskampf aktuell und künftig zeigt. Er selbst bereitet sich auf die Stürmer der jeweiligen Gegner sehr gut vor. Die beiden Video-Analysten bearbeiten die Szenen so gut, dass die Stärken derjenigen, die am jeweils kommenden Wochenende auf Kastenmeier zukommen, deutlich zu erkennen sind.
Auch deshalb liegt Kastenmeier in diversen Torhüter-Ranglisten der Liga vorne. Fortunas Keeper wehrte mit 87 Bällen mehr ab als jeder seiner Konkurrenten. Seine Fang-Quote liegt bei 75,9 Prozent, wobei er allein von Kölns Schlussmann Schwäbe übertroffen wird. Auch die Zahl von 4,1 Paraden im Schnitt bei Großchancen ist die beste Wert in der Liga. Auch daher wird deutlich, dass wir nicht die Vereinsbrille aufsetzen und nur deshalb behaupten, dass Florian Kastenmeier zu den Top-3-Torhütern in der 2. Liga zählt. Fortunas Nr. 1 hat auch in dieser Saison dafür gesorgt, dass seine Mannschaft ohne ihn um ein wichtiges Qualitätsmerkmal ärmer wäre – in sportlicher und menschlicher Hinsicht.