Von Norbert Krings
Fortuna Düsseldorf hat das letzte Spiel des Jahres mit 2:5 gegen Magdeburg verloren. Die letzte halbe Stunde des Spiels stand allerdings unter besonderen Vorzeichen, weil ein schreckliches Ereignis auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt das Spiel eindeutig beeinflusst hat. Ein Fahrzeug war in eine Menschengruppe gefahren. Der Sport trat auch nach dem Spiel in den Hintergrund, die Pressekonferenz fiel dann im Anschluss ans Spiel aus, weil sich unter anderem Freunde und Familien der Magdeburger Spieler auf dem Weihnachtsmarkt befunden hatten.
Daniel Thioune wollte eigentlich mit derselben Aufstellung wie im Spiel auf Schalke beginnen. „Ich habe mir im Abschlusstraining eine leichte Verletzung im Oberschenkel zugezogen und wir wollten nichts riskieren“, erklärte Emmanuel Iyoha vor dem Spiel. So setzte Fortunas Trainer dann auch statt auf den gebürtigen Düsseldorfer auf Tim Rossmann, ohne die taktische Formation verändern zu müssen. Er bewies damit zunächst ein glückliches Händchen, wie sich später herausstellen sollte. Ansonsten ähnelte die Ausrichtung tatsächlich der Spielweise in Gelsenkirchen.
Doch der Plan war, sich natürlich nicht so weit zurückzuziehen oder nach hinten drängen zu lassen, wie es den Schalkern am vergangenen Samstag gelungen war. Auch Myron van Brederode agierte wieder in der Rolle hinter der einzigen Spitze, Dawid Kownacki. Gegenüber dem Unentschieden gegen Paderborn gab es beim 1. FC Magdeburg zwei Veränderungen: Samuel Loric und Livan Burcu fehlten in der Startaufstellung, Connor Krempicki und Bryan Teixeira ersetzten die beiden. Mohammed El Hankouri rutschte auf den linken Flügel, Krempicki startete dafür im Zentrum.
Magdeburg hatte den besseren Start erwischt, kontrollierte das Spiel, während die Vorwärtsbewegung der Fortuna unter zu schnellen Ballverlusten litt. Und so kamen die Gäste auch in der achten Minute zur ersten sehr guten Möglichkeit. Philipp Herchers Schuss konnte Kastenmeier nur nach vorne abwehren, war aber zur Stelle, als Teixeira den Nachschuss unterbringen wollte. Nur drei Minuten später zeigten der 1. FC Magdeburg aber, wie ein Konter auch erfolgreich abgeschlossen werden kann. Nach einem herrlichen Pass von Silas Gnaka auf Teixeira hatte dieser die Möglichkeit den Ball unbedrängt in die Mitte zu bringen. Martijn Kaars war in der Mitte schneller als die Gegenspieler Tim Oberdorf und Andre Hoffmann in dieser Szene.
Johannesson köpft schnell zum 1:1-Ausgleich ein
Fortuna wirkte nur kurz geschockt und kam auch bereits vier Minuten später zum Ausgleich. Tim Oberdorf war auf der rechten Seite erstaunlich weit vorne unterwegs, wo er freistehend flanken konnte. Mit den Haarzipfeln kam Isak Johannesson noch an den Ball, und es gelang ihm, zum 1:1 einzuköpfen. Und Fortuna hatte jetzt den Spaß am Spiel entdeckt und setzte den Gegner unter Druck. Ein Kopfball von Dawid Kownacki konnte FCM-Keeper Dominik Reimann aber noch so eben am Tor vorbeilenken. Wenig später hatte Jamil Siebert es mit dem Kopf nach einer Ecke versucht, scheiterte jedoch am gut reagierenden Magdeburger Keeper.
Das Spiel wurde wieder ausgeglichener, beide Mannschaften hatte nun ähnlich große Spielanteile. Inzwischen wirkten die Gastgeber auch deutlich ballsicherer als zu Beginn. Es dauerte dann allerdings auch bis zum nächsten torgefährlichen Moment, weil beide Teams sich hinten zunächst keine Blöße mehr gaben. Dann profitierte die Fortuna von einem Patzer von Jean Hugonet, der nicht nur einen Fehlpass spielte, sondern auch Tim Rossmann aus den Augen verlor. Nachdem Marcel Sobottka Fortunas Außen wieder ins Spiel gebracht hatte, behielt Rossmann die Nerven und erzielte mit einem überlegten Schuss in die kurze Ecke das 2:1 (42.). Damit hatten die Gastgeber mit einem sehr schönen Spielzug das Spiel gedreht - nicht unverdient, weil das Thioune-Team trotz eines ausgeglichenen Spielgeschehens die besseren Chancen hatte und mit dem 2:1-Vorsprung auch in die Pause brachte.
Die Partie blieb auch nach der Pause sehenswert. Die Fortuna blieb dabei tonangebend, auch weil van Brederode das Spiel immer wieder nach vorne trieb. Der Niederländer hätte auch mit einer sehr guten Schussmöglichkeit auch das 3:1 (51.) erzielen können. Das galt auch für Jamil Siebert, der nach einem Freistoßmit seinem Kopfball knapp scheiterte. Vorher war Lunddal eigentlich im Strafraum gefoult worden. Schiedsrichter Sascha Steegemann hatte wohl das erste von den beiden Fouls von Daniel Heber gepfiffen (?).
Nach dem 2:2 bricht die Fortuna auseinander und verliert auch noch Tim Rossmann
Das Spiel bewegte sich zunächst weiter auf hohem Niveau und wurde von beiden Seiten intensiv geführt. Plötzlich hatten die Magdeburger Anhänger aber den Support von den Rängen eingestellt – weil auf dem Weihnachtsmarkt in ihrer Heimatstadt ein Fahrzeug in eine Menschenmenge gefahren war. So wurde auch der Ausgleich zum 2:2 im Gästeblock nicht groß bejubelt, weil sich die Fans sehr zurückhielten. Und auch die Düsseldorfer Fans reagierte nach dieser Nachricht mit Schweigen. Die Magdeburger spielten weiter und gingen wenig später dann sogar mit 3:2 in Führung. Nicht bei allen Zuschauern hatte sich die Nachricht von dem Terroranschlag herumgesprochen. Aus Düsseldorfer Sicht musste dann auch noch Tim Rossmann mit Gelb-Rot den Platz verlassen.
Die Spieler von Fortuna Düsseldorf verstanden zunächst nicht, warum ihre Fans den Support eingestellt hatten, und sie mühten sich auch ohne die Rückendeckung um den Ausgleich. Doch das Spiel hatte verständlicherweise an Stimmung verloren und auch die Fortuna völlig den Faden. So fielen auch noch das 2:4 durch Mohammed El Hankouri und das 2:5 nach einem Fehler des eingewechselten Noah Mbamba und von Jamil Siebert bei einer sehr gedrückten Atmosphäre. Es war kein normales Fußballspiel mehr – eigentlich ging es seit der Nachricht von dem schrecklichen Vorfall in Magdeburg nicht mehr um Fußball.
Statistik:
Fortuna: Kastenmeier – Oberdorf, Hoffmann, Siebert – Haag (89. Mbamba), Sobottka (83. Zimmermann) – Lunddal (75. Niemiec), Johannesson, Rossmann – van Brederode (83. Vermeij) - Kownacki (89. Pejcinovic)
Kader: Kwasigroch – Zimmermann, Niemiec, Schmidt, Quarshie, Mbamba, Klaus, Vermeij, Pejcinovic
FCM: Reimann – Hugonet, Mathisen, Heber – Gnaka (89. Michel), Hercher, El Hankouri, Krempicki (63. Nollenberger) – Teixeira (66. Amaechi), Kaars, Atik (89. El-Zein)
Schiedsrichter: Sascha Steegemann (Niederkassel/Note: 4)
Zuschauer: 33.527
Tore: 0:1 (11.) Kaars, 1:1 (15.) Johannesson, 2:1 (42.) Rossmann, 2:2 (67.) Atik, 2:4 (88.) El Hankouri, 2:5 (90. +1) Hercher
Gelbe Karten: Weber (Sportdirektor) / Heber, Gnaka, Atik
Gelb-Rot: Rossmann
Spielnote: -
Beste Spieler: Oberdorf, Sobottka / Kaars, Hercher
Chancen: 6:7
Besonderheit des Spiels: Das war das plötzliche Einstellen des Supports auf beiden Seiten nach der Nachricht vom schrecklichen Ereignis in Magdeburg.
Spielfazit: Fortuna hat erneut nach einer Führung das Spiel aus der Hand gegeben. So etwas, wie in der letzten halben Stunde darf einem Profiteam nicht passieren, obwohl es letztlich kein normales Fußballspiel mehr war.
Reaktionen:
„Grundsätzlich fällt es mir sehr schwer, jetzt über Fußball zu reden. Ich brauche sicherlich ein paar Tage, um das als zu analysieren, was sportlich passiert ist. Bis zum 2:2 waren wir die bessere Mannschaft. Was dann passiert, kann ich nicht erklären. Was nach dem passiert ist, sowohl mit dem Ball als auch gegen den Ball ist nicht zu begreifen. Dann kamen Informationen auf den Platz, die den Fußball in den Hintergrund gebracht haben. Aber das soll keine Ausrede für die Niederlage sein.“
Andre Hoffman, Kapitän der Fortuna
„Das war nicht der Jahres-Abschluss, den wir uns erhofft hatten. Ich habe keine Erklärung jetzt aus der Hüfte. Wir dürfen diese Fehler in der Gruppe einfach nicht machen. Wir haben es erst nicht mitbekommen, was passiert ist, es war nur mucksmäuschenstill. Dann hat uns der Schiedsrichter informiert. Wir haben dann verstanden, dass die Solidarität von außen da war. Wir konnten da auf dem Feld nicht viel machen. Da rückt der Fußball in den Hintergrund, und wir schicken die besten Wünsche nach Magdeburg. Es gibt immer wieder solche Idioten auf dieser Welt. Wir sind aber immer noch Profis genug, dass uns das nicht so beeinflussen darf, auch wenn es sicherlich wichtigere Dinge als Fußball gibt.“
Marcel Sobottka, Vizekapitän der Fortuna