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Fußball

Fortuna schlägt sich selbst

Zu viele Fehler und Chancen nicht genutzt

Von Norbert Krings - Fortuna Düsseldorf hat die große Chance vergeben, am 1. FC Kaiserslautern mit einem Sieg vorbeizuziehen. Die Roten Teufel gewann mit 3:1 (1:0), weil das Team von Daniel Thioune eine grausame erste Hälfte spielte, und die guten Tormöglichkeiten nach der Pause nicht verwerten konnte. Zudem waren die Düsseldorfer bei allen drei Gegentoren mit ihren Fehlern beteiligt. 

Bei der Startaufstellung spielte natürlich die Personalnot eine wichtige Rolle. 13 Profis waren am Betzenberg dabei, zwei davon saßen auf der Bank. Daniel Thioune hatte sich in Kaiserslautern für eine Dreierkette entschieden. Andre Hoffmann, der zuvor noch ein wenig wegen seiner Schulterblessur auf der Kippe gestanden hatte, machte den Mittelmann, Tim Oberdorf rechts und Jamil Siebert links standen ihm zur Seite. Moritz Heyer beackerte die rechte Außenbahn, Valgeir Lunddal den linken Flügel – defensiv wie offensiv. Auf der Sechs agierten Matthias Zimmermann sowie etwas offensiver Isak Johannesson. Danny Schmidt und Shinta Appelkamp übernahmen den offensiven Part im Mittelfeld hinter dem einzigen Stürmer Dawid Kownacki. Draußen saßen neben den Amateuren der U23 noch die beiden Profis Myron van Brederode, der erneut nicht das Vertrauen des Trainers für die Anfangsformation gefunden hatte sowie Jona Niemiec, für den dasselbe galt.

Das Spiel begann mit einer recht ballsicheren Fortuna auf einem etwas seifigen Boden. Die Kaiserslauterner kamen in den Anfangsminuten nicht so in Schwung und hatten einige Probleme im Zusammenspiel. Von der großen Personalnot machte sich bei den selbstbewusst auftretenden Gästen zunächst nichts bemerkbar. Doch die erste große Tormöglichkeit hatten die Platzherren. Ragnar Ache verpasste per Kopf nach einer perfekten Flanke von Jean Zimmer das Tor knapp. Doch die Roten Teufel blieben nun dran. Und die Fortuna machte den ersten Großen Fehler, als Johannesson einen Ball im eigenen Aufbau gegen Ache nicht richtig kontrollieren konnte und ihn an Marlon Ritter verlor. Auch die Grätsche von Hoffmann half nicht mehr. Der Schuss des Ex-Düsseldorfers schlug in der unteren rechten Ecke des Fortuna-Tores unhaltbar für Florian Kastenmeier zum 1:0 ein.

Besonders angenehm ging das Spiel für das Thioune-Team dann auch nicht weiter. Der Gelben Karte für Johannesson für die Aktion vor dem 0:1 folgte wenig später nicht nur die fünfte Gelbe Karte für Zimmermann und die nächste Chance für Ache (21.). Die Lauterer waren jetzt eindeutig am Drücker und führten das Spiel überlegen, während die Fortuna unter Druck keine Lösungen fand, den Weg mit guten Ballstafetten nach vorne zu bringen. Vor allem Johannesson unterliefen immer wieder leichtsinnige Abspielfehler. Doch auch andere Fortunen machten nun einfache Patzer. So lief in der Hälfte des Gegners für die Fortuna wenig zusammen. Der unerfahrene Torhüter der Pfälzer, Simon Simoni, der für den verletzten Julian Krahl die Nummer 1 war, wurde überhaupt nicht geprüft. 

Das vermeintliche 2:0 wurde zum Glück für die Fortuna wieder zurückgenommen. Marius Bauer war statt mit dem Kopf mit der Hand am Ball, so dass das nachfolgende (Kopfball-)Tor von Jan Elvedi nicht zählte (32.). Fortuna wirkte völlig von der Rolle, die fünfte Gelbe Karte für den ebenfalls verunsichert wirkenden Tim Oberdorf war ein Zeichen dafür. Erst langsam fing sich die Fortuna wieder und versuchte in diesem hektischen Spiel besser nach vorne aufzubauen. Dennoch fehlte selbst den optimistischsten Fans in dieser Phase die Fantasie, wie ihre Mannschaft torgefährlicher werden könnte. Und so ging es auch mit einem 0:1-Rückstand für die Gäste in die Pause.

Mit Fortunas Spielweise in der ersten Hälfte war im Fritz-Walter-Stadion kein Blumentopf zu gewinnen. Es musste eine deutliche Leistungssteigerung her, um den Gegner in Verlegenheit zu bringen. Die Fortuna versuchte es mit einem extremen Pressing und im Spiel Mann gegen Mann, um irgendwie besser ins Spiel zu kommen. Das gelang tatsächlich, die Gäste kamen schneller nach vorne und hatten sogar Torraumszenen, vor allem als Moritz Heyer im Strafraum in die Mitte spielen konnte. Zimmer rettete kurz vor der Linie. Wenig später setzte Johannesson seinen Stürmer Dawid Kownacki in Szene. Der versuchte es allein und verzog den Heber ein wenig (56.). 

Tim Oberdorf sorgt mit seinem “Ausrutscher” für die Ecke, die zum 1:2 führt

Jetzt waren die Gäste richtig am Drücker. Und tatsächlich fiel dann das 1:1, weil Kaiserslautern nicht mehr aktiv war. Nach einer Appelkamp-Ecke verlängerte Jamil Sieber den Ball auf den langen Pfosten, und Dawid Kownacki lenkte den Ball zum 1:1 über die Linie. Das hätte auch der hinter ihm stehende Tim Oberdorf geschafft, der irrtümlich als Torschütze genannt wurde. Die Gäste versuchten im Flow zu bleiben, obwohl die Pfälzer wieder nach vorne agierten, dabei aber nur selten in Tornähe kamen. 

Doch erneut bauten die Fortunen den Gegner wieder auf. Tim Oberdorf spielte unbedrängt einen Ball zum Torhüter zurück, doch der Ball versprang ihm und die Gastgeber gingen erneut in Führung. Nach der Ecke von Florian Kleinhansl  traf Ragnar Ache in großartiger Manier per Kopf, als er deutlich höher sprang als Siebert und zum 2:1 per Aufsetzer. Ein völlig unnötiges Gegentor, das die augenblickliche Situation der Fortuna gut beschreibt, die sich selbst in den Hintern tritt. 

In der 81. Minute hätte die Fortuna trotz allem aber zum Ausgleich kommen müssen. Als der eingewechselte Myron van Brederode den ebenfalls neu ins Spiel gekommenen Jona Niemiec im Strafraum anspielte, hatte dieser frei Bahn, schoss aber links am Tor vorbei. Auch Denniz Bindemann, gerade von der Bank gekommen, hätte nach einem Appelkamp-Freistoß mit etwas mehr Ruhe für das 2:2 sorgen können, als er allein Keeper Simoni gegenüberstand. Doch letztlich blieb es bei der Niederlage, die sich die Fortunen vor allem in der schwachen ersten Hälfte selbst zuzuschreiben hatten. Luca Sirch war in der Nachspielzeit noch mit dem 3:1 die endgültige Entscheidung gelungen – natürlich nach einem schweren Patzer eines Fortunen (Zimmermann).

Statistik:
Kaiserslautern: Simoni – Elvedi, Sirch, Bauer – Zimmer (79. Heuer), Ritter (75. Kaloc), Breithaupt, Kleinhansl, Redondo – Hanslik (89. Robinson)  – Ache (79. Gyamerah)
Fortuna: Kastenmeier – Oberdorf, Hoffmann (84. Bindemann), Siebert – Zimmermann, Johannesson –  Heyer, Schmidt (78. Van Brederode), Appelkamp, Lunddal (75. Niemiec)  – Kownacki 
Kader: Schock – Boller, Brodersen, Savic
Es fehlten (11): Pejcinovic, Gavory, Vermeij, Haag, Kwarteng, Sobottka, Rossmann, Iyoha, Kwasigroch, Jastrzembski, Affo 
Schiedsrichter: Max Burda (Berlin/Note: 3,5,  hatte doch einige Probleme in der Zweikampfbewertung und brachte nicht unbedingt Ruhe ins insgesamt hektische Spiel)
Zuschauer: 48.279
Tore: 1:0 (14.) Ritter, 1:1 (60.) Kownacki, 2:1 (73.) Ache, 3:1 (90. +3) Sirch
Gelbe Karten: Ritter, Hanslik / Johannesson (7.), Zimmermann, Oberdorf, (beide 5./gesperrt im nächsten Spiel), Niemiec (3.), Siebert (6.) 
Chancen: 6:5
Spielnote: 2,5 (vor allem in der zweiten Hälfte war viel los in Kaiserslautern)
Beste Spieler: Appelkamp, Heyer / Ritter, Kleinhansl
Spielfazit: Fortuna hatte in der ersten Hälfte sieben gute und 38 fürchterlich schlechte Minuten. In der zweiten Hälfte hätte die Mannschaft aus Düsseldorf sogar mit ihren klareren Chancen die Partie mit größerer Effizienz sogar gewinnen können - wenn sie sich nicht selbst geschlagen hätte.
Besonderheit des Spiels: Das war der von Oberdorf völlig unverschuldete Eckball, den die Lauterer zum 2:1 und letztlich zur Vorentscheidung nutzen konnten. 

Benotung der Fortuna-Spieler:
Kastenmeier 3 – Oberdorf 5, Hoffmann 3,5, Siebert3,5 – Zimmermann 4, Johannesson 5– Lunddal 4,5, Schmidt 4, Appelkamp 3, Heyer 2,5 – Kownacki 3

 

Reaktionen:
„Wir haben eine sehr konzentrierte erste Hälfte gespielt. Nach der Pause hat man gesehen, welche Qualität die Fortuna hat. Wir hätten in der ersten Hälfte treffen müssen, dann wäre es für den Gegner noch schwerer geworden ins Spiel zu kommen. Wir wollen uns entwickeln und weiter oben mitspielen.“
Markus Anfang, Trainer des 1. FC Kaiserslautern

„Wir haben ja alle Tore des Gegners vorbereitet. Das zweite Gegentor spottet ja jeder Beschreibunbg - erst die unnötige Ecke dann geht keiner von unseren Spielern richtig an Ache ran. Und das passiert ausgerechnet in unserer besten Phase. Trotzdem hätten wir wenig später auf 2:2 stellen müssen. Unsere Enttäuschung ist riesengroß, weil sich die Mannschaft heute mehr verdient hätte. Die Jungs waren aber in den Situationen nicht klar genug, in denen man klar sein muss.“
Daniel Thioune, Trainer der Fortuna

“Diese Niederlage tut richtig weh, nicht nur so kurz nach dem Abpfiff. Ich hatte das Gefühl, dass heute mehr drin war. Wir hängen bei allen drei Gegentoren mit drin. Wenn man auf dem Betzenberg drei Tore bekommt, wird es sehr schwer, hier Punkte zu holen. In diesen Situationen darfst Du keine Tore fressen. Wir haben hohen Aufwand betrieben in der zweiten Hälfte. Jetzt verbietet es sich, auf die Tabelle zu schauen. Fakt ist, das Spiel hatte eine große Bedeutung. Es war mehr drin, und das schmerzt.”
Andre Hoffmann, Kapitän der Fortuna

“Ob da Druck in der Situation ist oder nicht, das darf keine Rolle spielen. Ich hätte vor diesem Eckball (der zum 1:2 führte) unseren Torhüter besser anspielen müssen. Das Gegentor, auch durch einen eigenen Fehler eingeleitet, hat uns zu Unsauberkeiten veranlasst. In der zweiten Halbzeit ist uns das gelungen, was wir uns von Anfang an vorgenommen haben. Nicht die spielerische Leistung kostet uns das Spiel sondern die individuellen Fehler. Wir haben es nun nicht mehr in der eigenen Hand, daher verbietet sich der Blick auf die Tabelle.”
Tim Oberdorf, Abwehrspieler der Fortuna