Von Norbert Krings – Fortuna Düsseldorf hat den vierten Heimsieg der Saison gefeiert. Aber das 2:1 (0:1) gegen Hertha BSC war nicht nur hart erkämpft, sondern auch sehr glücklich. Der Einwechslung von Dzenan Pejcinovic war es nach der Pause zu verdanken, dass die Mannschaft von Daniel Thioune nach einer enttäuschenden ersten Hälfte die drei Punkte in Düsseldorf behalten durfte.
Daniel Thioune wollte möglichst wenig gegenüber der Vorwoche ändern. Doch zwei Wechsel gab es, die die Stellvertreter der in Hannover gesperrten Isak Johannesson sowie Giovanni Haag trafen. Matthias Zimmermann und Shinta Appelkamp mussten wieder auf die Bank, obwohl sich Fortunas Trainer noch in der Pressekonferenz am Tag vor dem Spiel positiv über die Leistung des Deutsch-Japaners geäußert hatte. Durch die Nominierung von Karim Affo war auch die Ersatzbank wieder komplett besetzt. Dort saß zudem der genesene Linksverteidiger Nicolas Gavory, der bereits in Hannover ein paar Minuten Einsatzzeit bekommen hatte. Auch Andre Hoffmann musste erneut mit einem Platz auf der Reservebank vorliebnehmen. Die Herthaner wechselten gegenüber dem 0:1 in der Vorwoche nur einmal, für Kevin Sessa spielte Ex-Fortune Michal Karbownik.
Vor dem Spiel gab es noch eine Gedenkminute für das kürzlich verstorbene Fortuna-Ehrenmitglied Werner Buddenberg. Er war früher unter anderem Präsident und Schatzmeister der Fortuna.
Trainer und Mannschaft haben natürlich die Ergebnisse der bisherigen Spiele registriert und wollten die Chance nutzen, näher an Köln und Kaiserslautern heranzukommen. Der HSV spielt erst am Sonntag in Regensburg. So begann die Heimmannschaft auch mit Energie und viel Dampf nach vorne. Doch die Berliner versuchten, den Düsseldorfern den Schwung mit langen Ballbesitzphasen zu nehmen. Da die Zuspiele der Platzherren vorne nur selten den eigenen Mann fanden, hatten die Berliner zunächst leichtes Spiel, das Spielgerät immer wieder zu erobern. Dass die Fortuna angesichts der bis dahin ordentlichen Abwehrarbeit früh in Rückstand gehen würde, war dann doch etwas überraschend.
Zunächst hatte Valgeir Lunddal noch in letzter Sekunde einen Schuss von Fabian Reese abblocken können. Doch die Fortuna konnte sich in der 12. Minute nicht befreien, und Reese kam erneut an den Ball und zirkelte ihn an Florian Kastenmeier vorbei in die lange Ecke zum 1:0 für die Hertha. Ein völlig überflüssiges Gegentor, was die Entstehung anging. Und die Fortuna zeigte auch danach, dass sie einen Wirkungstreffer kassiert hatte. Die Zuordnung in der Viererkette und der defensiven Mittelfeldspieler passte nicht, so dass es immer wieder Unordnung im eigenen Strafraum gab. Und die hielt die erste knappe Stunde auch an. Und nach vorne? In der Abwehr stand die Hertha sehr massiv und die Berliner mussten sich auch nicht großartig bewegen oder verschieben, weil der Fortuna wenig bis nichts einfiel, um den Abwehrwall zu durchbrechen.
Hinzu kam, dass einige Fortunen, um es nett auszudrücken, nicht ihren besten Tag hatten. Lunddal konnte mit seinem Freiraum auf der rechten Seite wenig anfangen. Momo Kwarteng unterliefen unglaublich viele Ballverluste, und sein Deckungsverhalten ließ zu wünschen übrig. Auch Dawid Kownacki fehlte noch das Durchsetzungsvermögen. Nur einen kleinen Lichtblick hatte Jona Niemiec, der beim 0:1 auch seine Aktien hatte, als er gut nach hinten arbeitete und eine Konterchance der Gäste mit letztem Einsatz vereitelte. Von einem flüssigen Kombinationsspiel war wenig zu sehen. Auch der bemühte Johannesson fand keine richtigen Anspielstationen in der Spitze. Das war gegen einen keineswegs überragenden Gegner eine der schlechtesten Spielhälften in dieser Saison.
Hertha hatte vor dem 1:1 die Chancen zu einem zweiten Tor
Auch wenn es sich etwas polemisch liest, was hatten die Spieler von dem verstanden, was ihnen der Trainer zuvor als Matchplan mit auf den Weg gegeben hatte? Die Ideen einen solchen, falls vorhanden, umzusetzen, fehlten in den ersten 45 Minuten vollständig. Offensichtlich hatte der Trainer auch genug von Niemiec und Kwarteng gesehen. Appelkamp und Pejcinovic kamen zur zweiten Hälfte in die Partie. Die ersten beiden Möglichkeiten hatten aber die Berliner durch Derry Scherhant und Marton Dardai. In beiden Situation fehlte nicht viel am 0:2.
Die beste Möglichkeit der Fortuna löste ein Berliner mit einem Fast-Eigentor aus. Dardai fälschte einen Freistoß von Johannesson an die Latte ab (51.). Ein Weckruf war das dann aber tatsächlich. Denn innerhalb von drei Minuten drehten die bis dahin völlig harmlosen Gastgeber das Spiel. Erst nutzte die Fortuna einen Konter, als Kownacki dem eingewechselten Pejcinovic ideal in den Lauf spielte (55.). Aus 16 Metern konnte das große Talent zum 1:1 verwandeln. Und nur drei Minuten später hieß es tatsächlich 2:1, als Kownacki dem im Fünfmeterraum völlig freistehenden Pejcinovic den Ball diesmal per Kopf vorlegen konnte. Die Leihgabe aus Wolfsburg hatte keine Probleme, das Spielgerät über die Linie zu drücken.
Mit großem Kampfgeist bringt die Fortuna das Spiel über die Zeit
Wie schnell sich doch die Stimmung auf dem Platz und auf den Rängen ändern kann. Die Fortunen hatten plötzlich den Willen und die Energie, dieses Spiel siegreich nach Hause bringen zu wollen. Inzwischen liefen Spiel und Ball also deutlich besser, zwar immer noch nicht fehlerfrei, aber deutlich konzentrierter, was man auch den Angriffen der Gäste anmerken konnte, die zunächst nicht mehr so gefährlich wirkten. Nur wenn Reese mal wieder nicht von Lunddal gestört werden konnte, war höchste Aufmerksamkeit erforderlich. Die Gastgeber spielten vorsichtiger, sie wollten sich keinen Konter mehr fangen. Doch alle Abwehrprobleme waren nicht verschwunden. So hatte Ibrahim Maza das 2:2 auf dem Kopf. Doch Kastenmeier konnte den Ball abwehren. Und zwei Minuten später (83.) landete der Kopfball von Luca Schuler sogar noch am Pfosten.
Das Zittern war dann also doch noch nötig, um diesen wichtigen Sieg über die 90 Minuten (plus 5) zu bekommen. Die Berliner erhöhten den Druck und kamen immer wieder an die Kopfbälle bei Ecken heran. Doch zum Schluss bahnte sich die Erleichterung bei allen Fortunen Bahn, diesen wichtigen Sieg schließlich erkämpft zu haben.
Statistik:
Fortuna: Kastenmeier – Lunddal (87. Zimmermann), Oberdorf, Siebert, Heyer – Haag, Johannesson – Niemiec (46. Pejcinovic), Kwarteng (46. Appelkamp), van Brederode (73. Gavory)– Kownacki (85. Vermeij)
Kader: Schock – Affo, Hoffmann, Schmidt, Zimmermann
Es fehlen: Rossmann, Sobottka (steht vor der Rückkehr ins Training), Iyoha (erneut muskuläre Probleme), Kwasigroch (am Montag wieder im Training), Jastrzembski (im Aufbau)
Hertha: Gersbeck – Kenny, Gechter, M. Dardai, Zeefuik – Klemens (69. Schuler), Karbowniak (78. Demme) - Cuisance, Maza, Reese – Scherhant (78. Winkler)
Schiedsrichter: Tobias Reichel (Sindelfingen/Note: 3,5 hatte teilweise bei seinen Entscheidung nicht das richtige Maß. Er wollte wohl zunächst ohne Verwarnung auskommen und ließ sich teilweise von den Spielern beeinflussen)
Zuschauer: 38.912
Tore: 0:1 (13.) Reese, 1:1 (55.) Pejcinovic, 2:1 (58.) Pejcinovic
Gelbe Karten: Siebert / -
Chancen: 5:9
Spielnote: 3,5
Beste Spieler: Pejcinovic, Appelkamp / Reese, Maza
Spielfazit: Fortuna hat nach einer sehr schwachen ersten Hälfte mit Energie und viel Glück das Spiel drehen können. Die deutlich ballsichere Hertha hätte sich eigentlich einen Punkt verdient.
Besonderheit des Spiels: Das waren die drei Minuten, in denen die Fortuna das Spiel drehen konnte.
Benotung der Fortuna-Spieler:
Kastenmeier 3 – Lunddal 4,5, Oberdorf 3, Siebert 3, Heyer 3,5 – Haag 3,5, Johannesson 3 – Niemiec 4,5, Kwarteng 5 - van Brederode 4,5 - Kownacki 3 / Appelkamp 2,5, Pejcinovic 1,5
Reaktionen:
„Ich habe einen sehr guten Auftritt meiner Mannschaft gesehen, die bis zum Ende alles gegeben hat. Wir waren dominant, hatten viele Torchancen und sind verdient in Führung gegangen. Dann haben wir einen unglücklichen Ausgleich kassiert, aus einer Standardsituation dann sogar das 1:2. Da fragt man sich schon, wie das zustande kommen kann. Großen Respekt vor der Leistung meines Teams in dieser Situation. Aber trotzdem hat man dann nicht mehr so viel Argumente.
Cristian Fiel, Trainer der Hertha
„Ich fand, dass die Hertha ein sehr gutes Spiel gemacht hat. Wir haben dagegen nicht gut agiert. Wir haben die Räume schlecht verteilt. Man fragt sich dann, ob die Spieler das nicht verstehen, was vorgegeben wird. Wir sind nicht in die Positionen gekommen. Wenn man in der Prime Time Fußball spielt, muss man dann auch unterhalten. Das ist uns dann nach dem Wechsel besser gelungen. Ich musste wechseln, aber mit dieser Einwechslung haben wir dann viel Glück gehabt. Die Unzufriedenheit über die Situation vor dem Ausgleich bei den Berlinern ist verständlich. Wir aber sind ein glücklicher Sieger, müssen daher weiter viel arbeiten. Ich bin froh, dass wir die drei Punkte bei uns behalten konnten.“
Daniel Thioune, Trainer der Fortuna
“Ja, wir haben heute viel Glück gehabt. Dzenan war als Geburtstagskind unser Matchwinner. Hertha war heute viel besser als wir, weil wir lange Zeit fast jeden Ball sofort wieder verloren haben.”
Isak Johannesson, Mittelfeldspieler der Fortuna
“Ich würde sagen, meine beiden Tore waren das Wichtigste für das Team und mich - und dann die Grätsche, als ich vielleicht den Ausgleich verhindert habe. Es war ein schweres Spiel gegen einen sehr guten Gegner. Die erste Halbzeit war nicht gut. Dann war es wichtig, den Rückstand so schnell wieder gerade zu biegen.”
Dzenan Pejcinovic, Doppel-Torschütze der Fortuna
“Ich glaube, jedes Spiel ist aktuell sehr hart. Dass wir am Ende drei Punkte hier behalten haben, umso schöner. Ich habe leider keine Erklärung, warum wir so lange so schlecht gespielt haben. In der zweiten Hälfte waren wir dann losgelöst und mussten den Leuten etwas bieten.”
Jamil Siebert, Abwehrspieler der Fortuna
“Wir mussten zittern, weil wir von Anfang an nicht zu 100 Prozent auf dem Platz waren. Zur zweiten Hälfte kamen wir mit mehr Intensität auf den Platz. Sehr viel Leidenschaft und harte Arbeit haben wir bebraucht, um alles wegzuverteidigen.”
Tim Oberdorf, Aberchef der Fortuna
“Wir haben es nach der Umstellung in der zweiten Hälfte gut gemacht und zwei Tore mit Dzenan eingewechselt. Wir haben heute extrem gegen diesen Gegner leiden müssen.”
Moritz Heyer, Abwehrspieler der Fortuna