Von Norbert Krings – Fortuna Düsseldorf hat mit einem 3:2-Erfolg geben die SSV Ulm zwischenzeitlich den 3. Platz in der 2. Fußball-Bundesliga erobert. Es war ein hartes Stück Arbeit und eine Portion Glück nötig, um diesen wichtigen Sieg feiern zu können. Die Ulmer haben den Gastgebern große Probleme bereitet und in der letzten halben Stunde die Partie eindeutig dominiert.
Daniel Thioune setzte tatsächlich von Beginn an auf Neuzugang Moritz Heyer auf der linken Seite, auch weil Tim Rossmann über muskuläre Probleme geklagt hatte und überhaupt nicht im Kader stand. Auf der rechten Seite der Viererkette verteidigte Valgeir Lunddal statt Matthias Zimmermann. Es zeichnet sich wohl so etwas wie ein Generationswechsel ab. Denn Andre Hoffmann musste tatsächlich auf der Bank Platz nehmen, weil die Fortuna mit einer Viererkette agierte und Jamil Siebert sowie Tim Oberdorf den Vorzug vor dem Kapitän erhalten hatten, der in der vergangenen Woche in Karlsruhe zur Pause von einem zweiten Stürmer abgelöst worden war. Dzenan Pejcinovic durfte also in der Offensive ebenso anfangen wie die dort ohnehin erwarteten Dawid Kownacki, Myron van Brederode sowie Moritz Kwarteng. Ein Platz auf der Reservebank blieb leer, weil Noah Mbamba (wegen Vertragsverhandlungen???) nicht zur Verfügung stand.
Die Fortunen hatten im Training unter der Woche gezeigt, dass sie sehr heiß auf dieses Spiel sind, um mit dem zweiten Sieg in Folge auf Rang 3 zu springen. Trotzdem begann das Spiel gegen den Tabellen-16., aber auch das Team mit der zweitbesten Defensive mit einem vorsichten Gastgeber. Die Ulmer bemühten sich, den Ball in den eigenen Reihen zu halten und starteten mit mehr Ballbesitz und Kontrolle. Das Thioune-Team hatte zunächst noch einige Stockfehler, griff dann aber immer früher an, um das Pressing zu verstärken. Doch dann war es einer Einzelaktion und einem sauberen Distanzschuss von Isak Johannesson zu verdanken, dass die Fortuna mit dem ersten Abschluss nach neun Minuten mit 1:0 in Führung ging. Dabei sah Ulms Torhüter Christian Ortag nicht besonders gut aus.
Ähnlich überraschend fiel auch fünf Minuten später der Ausgleich. Plötzlich hatten die Ulmer im Strafraum der Platzherren eine Überzahl und nutzten diese geschickt mit einem Schlenzer von Aaron Keller (14.) zum 1:1. So richtig geschockt waren wohl nur die Zuschauer, denn die Fortuna schlug in diesem „abwechslungsreichen“ Spiel direkt wieder zurück. Vor einem sehenswerten Pass von Kwarteng war Kownacki gestartet, erhielt den Ball in halbrechter Position im Strafraum und ließ Ulms Keeper beim Abschluss in die lange Ecke keine Abwehrchance. Das war ja mal eine torreiche erste Viertelstunde.
Premiere des Schiedsrichters mit einem Mikrofon verläuft „ereignislos“
Die nächste nennenswerte Möglichkeit gab es dann auch erst zehn Minuten später nach einer Kwarteng-Flanke, die der bedrängte Pejcinovic knapp über das Tor köpfte. Die Fortunen setzten auf Spielkontrolle und versuchten, die Fehler der Spatzen zu nutzen, wie ein Zuordnungsproblem bei einem Haag-Freistoß, den der Pole aber unbedingt mit der Hacke versenken wollte. Auf der Gegenseite musste Florian Kastenmeier einen gefährlichen Ball über Latte lenken, nachdem Oliver Batista Meier einen Distanzschuss abgegeben hatte, obwohl Pejcinovic zuvor umgerissen worden war. Dann kam es zur ersten Situation, die eigentlich einer Schiedsrichter-Erklärung bedurfte. Doch der Unparteiische beließ es nach einer Info vom VAR dabei, das Spiel wieder freizugeben, ohne auf das vermeintliche Handspiel eines Fortunen per Mikrofon einzugehen.
Das Spiel war angesichts mancher durch einen Fehlpass beendeten Aktion inzwischen verflacht, lebte allenfalls von den Zweikämpfen und einer Vielzahl von Freistößen. So ging es auch in die Pause mit einer verdienten Führung gegen allerdings einen keineswegs schwachen Gegner. Nach dem Wechsel wirkte Valgeir Lunddal nicht mehr mit. Der Isländer hatte auch enttäuscht. Allerdings machte auch sein Ersatzmann, Matthias Zimmermann, beim Ausgleich (52.) keine gute Figur, als in seinem Rücken Batista Meier zum Kopfball kam und über Florian Kastenmeier hinweg zum 2:2 in die lange Ecke einköpfte. Wieder einmal hatten die Gastgeber einen Vorsprung nicht verteidigen können.
Erneut kann das Thioune-Team auf das Gegentor schnell mit dem 3:2 reagieren
Irgendwie fehlte den Fortunen so die letzte Energie und die Konzentration, um das Spiel effizienter zu kontrollieren. Immerhin hatten die Düsseldorfer erneut eine schnelle Antwort. Als Isak Johannesson in den Strafraum eindrang (56.) wurde er unsanft von Johannes Reichert gefoult. Nach längerer Überprüfung in Köln gab der Schiedsrichter den Foulelfmeter und Dawid Kownacki ließ sich diese Möglichkeit bei seinem neunten Saisontor nicht entgehen. Erneut lagen die Fortunen also wieder vorne. Ein Ruhekissen war das allerdings mit einer halben Stunde verbleibender Spielzeit und angesichts der offensichtlichen Defensivschwächen nicht.
Mit den Einwechslungen von Danny Schmidt für Pejcinovic und Shinta Appelkamp für Kwarteng wollte Daniel Thioune ein wenig mehr Ruhe ins Spiel bekommen. Doch durch unnötige Fehler machte sich die Fortuna das Leben selbst schwer. Semir Telalovic scheiterte aber nach einem solchen von van Brederode an dem sehr gut reagierenden Kastenmeier, der das 3:3 verhinderte (68.). Die Gäste kamen einfach und zu oft in die gefährlichen Bereiche vor dem Düsseldorfer Tor. Da konnten auch die Konter nicht beruhigen, bei denen (74.) van Brederode knapp am besten Ulmer scheiterte. Batista Meier hatte geblockt. Die Ulmer versuchten alles, um das Spiel nicht zu verlieren. Und von einer irgendwie gearteten Sicherheit auf Seiten der Gastgeber war wenig zu sehen.
Fortuna wurde von den Ulmern unter Druck gehalten, weil auch die Befreiungsversuche nicht besonders wirkungsvoll waren. Letztlich brachten aber die Gastgeber mit einigem Zittern das Spiel mit dem 3:2 nach Hause. Verdient war der Erfolg allerdings nur sehr bedingt.
Statistik:
Fortuna: Kastenmeier – Lunddal (46. Zimmermann), Oberdorf, Siebert, Heyer – Haag, Johannesson – Kwarteng (64. Appelkamp), van Brederode (83. Hoffmann) – Kownacki (90. +1 Vermeij), Pejcinovic (64. Schmidt)
Kader: Schock – Affo, Niemiec
Es fehlen: Rossmann, Sobottka, Iyoha, Gavory (alle ! muskuläre Probleme), Kwasigroch (Meniskus), Jastrzembski (Schulter-OP)
Ulm: Ortag – Gaal, Reichert (86. Higl), Strompf – Rösch, Brandt, Dressel, Keller – Krattenmache (86. Röser), Telalovic (86. Allgeier), Batista Meier
Schiedsrichter: Timo Gerach (Queichheim/Note: 4,5, war erst kleinlich, dann ließ er alle möglichen Fouls durchgehen und verteilte viel zu viele Gelbe Karten, die korrekt waren, weil er allerdings das Spiel nicht im Griff hatte.)
Zuschauer: 32.047
Tore: 1:0 (9.) Johannesson, 1:1 (14.) Keller, 2:1 (15.) Kownacki, 2:2 (52.) Batista Meier, 3:2 (60. F.E.) Kownacki
Gelbe Karten: van Brederode (3.), Johanneson, Haag (jeweils 5., fehlen beide im nächsten Spiel) Oberdorf (4.), Trainer Thioune (2.9) / Rösch, Strompf, Higl, Allgeier
Chancen: 5:7
Spielnote: 3 (nur wegen fünf Toren)
Beste Spieler: Kownacki, Johannesson, Kastenmeier / Batista Meier, Keller
Spielfazit: Fortuna konnte zweimal eine Führung nicht verteidigen, legte dann aber das 3:2 nach und brachte das Spiel über die Zeit. Doch die letzte halbe Stunde gehörte ganz den Ulmern.
Besonderheit des Spiels: Das waren die schnellen Antworten der Fortuna auf die beiden Gegentore der Ulmer. Erst dauerte es eine Minute, dann acht Minuten (aber nur wegen der Überprüfung des Elfmeters durch den VAR).
Benotung der Fortuna-Spieler:
Kastenmeier 3 – Lunddal 4,5, Oberdorf 4, Siebert 3,5, Heyer 3 – Haag 3, Johannesson 2 – Kwarteng 3,5, van Brederode 3 – Pejcinovic 4, Kownacki 2,5 / Zimmermann 3
Reaktionen:
„Es war bitter, dass wir aufgrund der starken Leistungen hier nichts mitnehmen. Fortuna hat Spieler, die aus Fehlern sofort etwas machen. Wir haben eine sehr, sehr gute zweite Halbzeit gespielt. Wir hätten uns mehr verdient. Der Elfmeter war für mich sehr zweifelhaft.“
Thomas Wörle, Trainer des SSV Ulm
„In der zweiten Hälfte haben die Ulmer ein sehr gutes Spiel gemacht und uns große Probleme bereitet. Das 2:1 war der beste Spielzug der Partie. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass wir das Spiel so wild gestalten. Bin froh, dass wir den Elfmeter nutzen konnten. Die letzten Minuten haben wir viel Arbeit müssen. Zudem hatten wir Glück und die Unterstützung der Fans, die uns über die Ziellinie geschubst haben.“
Daniel Thioune, Trainer der Fortuna
“Hinten raus, war es echt schwer. Wir haben das Ergebnis über die Zeit gebracht, das war das Wichtigste. Heimspiel gewonnen, das fühlt sich gut an, auch wenn wir nicht bis ins letzte Detail zufrieden sein können.”
Tim Oberdorf, Abwehrspieler der Fortuna
“Ich hatte mir das Debüt schon so vorgestellt, dass wir das Spiel gewinnen. Grundsätzlich bin ich deshalb auch sehr zufrieden. Ich musste durchspielen, aber ich war auch fit genug. Dass es beim Team und bei mir noch Luft nach oben gibt, ist wohl deutlich geworden.”
Moritz Heyer, neuer Abwehrspieler der Fortuna
“Sonst wird immer gemeckert, wenn wir guit spielen und keine drei Punkte holen. Ich fand nicht, dass wir in der letzten halben Stunde unsicher waren. Wir wissen, dass es noch Luft nach oben gibt, aber die Ulmer haben es wirklich gut gemacht. Es war etwas wild, aber solche Spiele müssen wir gewinnen.”
Jamil Siebert, Abwehrspieler der Fortuna
“Ich habe mich vor der Ausführung des Elfmeters nicht irritieren lassen, obwohl es lange dauerte, bis ich schießen konnte. Ob das dann die gleiche Ecke war, wo der Ball einschlug wie in der Vorwoche, weiß ich nicht mehr. Ich weiß allerdings, dass es ein sehr wichtiger Erfolg für unsere Mannschaft war.”
Dawid Kownacki, zweifacher Torschütze der Fortuna
“Es war ein schweres Spiel gegen einen starken Gegner. Wir waren gewarnt. Auf dem schlechten Rasen hatten wir Probleme auch in den Zweikämpfen, um uns durchzusetzen. Wir haben aber gezeigt, dass wir uns nicht umwerfen lassen, und auch letztlich einen Vorsprung über die Zeit bringen können.”
Isak Johannesson, Torschütze der Fortuna zum 1:0