Foto: Jona Kemper / Spontent

Volleyball

Eintracht Spontent fliegt durch die Oberliga

Nationalspieler, ehemalige Bundesligaspieler, Trainer mit Europapokalerfahrung – Eintracht Spontent hat einen Kader beisammen, wie ihn die Volleyball-Oberliga noch nicht gesehen hat. Wenig überraschend steht das Team ganz oben in der Tabelle. In nur ein paar Jahren wollen die Düsseldorfer sogar in der Bundesliga spielen. Und weil alles gefilmt und gestreamt wird, können die Fans den Weg mitverfolgen.

Anfang des Monats hat sich Peer Harksen bei Instagram zu Wort gemeldet. Nach dem ersten Spiel der neuen Volleyball-Saison sei es „an der Zeit, mal ein paar Worte zu schreiben zu meiner sportlichen Entscheidung“. Die Leute hatten sich ja gefragt, warum ein Schweizer Nationalspieler mit gerade mal 28 Jahren in die fünfte deutsche Liga wechselt. Doch viel Neues erfuhren sie dann doch nicht. Nur diesen einen Satz: „Ich bin am richtigen Ort zur genau richtigen Zeit.“

Der Ort? Eintracht Spontent – das wahrscheinlich ungewöhnlichste Projekt im deutschen Mannschaftssport. In Kurzform: Zwei Beachvolleyballer gründen ihr eigenes Medienunternehmen, das Sport ganz anders präsentiert und vermarktet. Lauter, bunter, offensiver. Daraus entsteht 2022 ein eigener Verein in Düsseldorf, der in der Bezirksliga startet, aber direkt von der Bundesliga spricht. Und vor allem inszeniert er sich im Internet als eine Art „Real Life Soap“ mit hunderttausenden Followern und Millionen Klicks und Likes.

„Vollmedialisierter Ansatz“

Chef Alexander Walkenhorst nennt es einen „vollmedialisierten Ansatz“. Nicht nur die Spiele, auch das Training und Diskussionen hinter den Kulissen werden gefilmt und gestreamt. „Wir wollen einen Verein sehr nahbar und völlig transparent aus der untersten Liga in den Profibereich führen“, hat Walkenhorst vergangenes Jahr mal gesagt. Das Projekt sei „irgendwas zwischen Schauspiel und Sport“.

 

Das funktioniert aber natürlich nur, wenn es wirklich Jahr für Jahr nach oben geht. Bislang tut es das, auch jetzt in der Oberliga steht die Eintracht mit fünf klaren Siegen aus fünf Spielen wieder an der Tabellenspitze. Am Wochenende gewann sie auch das Derby gegen die DJK Tusa 06 glatt mit 3:0. Denn bei allem Klamauk, der in den Videos zu sehen ist, nehmen sie den sportlichen Bereich bei der Eintracht durchaus ernst. Das zeigt allein die Verpflichtung von einem wie Peer Harksen. Eine Verpflichtung übrigens, die beiden Seiten entgegenkommt.

Das mag sich zunächst etwas komisch anhören. Was hat ein Nationalspieler von der fünften Liga? Aber es ist eben die Art und Weise, wie Eintracht Spontent sich und den Volleyballsport vermarktet. Harksen ist nämlich bei weitem nicht nur Spieler, er ist auch Redakteur bei Spontent und TV-Experte für die Bundesliga bei Dyn. Schauspiel und Sport – das Gesamtpaket stimmte für Peer Harksen.

Der einzige große Name ist er bei weitem nicht im Team. Da wären ja auch immer noch die beiden Gesichter des Projekts: Alexander Walkenhorst und Dirk Funk, zwei ehemalige Profis. Walkenhorst wurde auf Sand gar U23-Europameister und Deutscher Meister, spielte bei Europa- und Weltmeisterschaften. Hinzu kommt Daniel Wernitz, der ebenfalls schon länger dabei ist. Auch Wernitz spielte früher auf der deutschen Beachvolleyball-Tour, zudem in der Hallen-Bundesliga.

Diesen Sommer kam noch mal viel Qualität dazu, die man in der Oberliga sonst nicht sieht: Gergely Chowanski etwa, der lange Bundesliga spielte, zuletzt aber über Jahre pausierte. „Humor und Körper eines Mitte 50-Jährigen, aber vom Spielwitz immer noch 17“, schreiben Walkenorst und Funk über den 43-jährigen Chowanski auf der Vereinshomepage. Hinzu kommt in Leo Große-Westermann ein ehemaliger Zweitligaspieler, Anton Galow, Felix Maier und Peyman Tavakoli waren immerhin der 3. Liga aktiv.

Spieler rennen der Eintracht die Bude ein

Sie kamen übrigens ohne große Überredungskünste. Es läuft genau andersrum, die Spieler rennen der Eintracht die Bude ein. „Das gilt nicht nur für die erste Mannschaft, wir hätten bei den Herren fünf oder sechs Teams melden können“, sagt Trainer Michael Kohne. „Aber dafür haben wir nicht die Hallenzeiten und das Trainerpersonal.“ Trotzdem wollen immer neue Spieler kommen, und nicht zuletzt solche, die schon deutlich höher gespielt haben. Das sei „schon eine coole Rückmeldung für die Idee. Die Leute haben verstanden: Wir spielen jetzt noch Oberliga, dann Regionalliga, dann geht es los.“

 

Mit „los“ meint Kohne natürlich die höheren Ligen, die dritte, zweite und möglichst bald auch die erste. Er selbst kennt das, auch Kohne ist keiner, wie man ihn in der Oberliga normalerweise sieht. Der 37-Jährige war Co-Trainer in der Bundesliga in Wuppertal und Moers, coachte sogar Europapokalspiele.

Da ist der Wechsel in die Oberliga gar nicht so einfach. Zumal sein Kader ja zu Höherem berufen sei: „Wir haben ganz bewusst Spieler geholt, mit denen wir auch in der Regionalliga keine Bauschmerzen haben müssten. 80 Prozent davon könnten auch in der dritten Liga spielen.“ Noch tun sie das aber nicht, die Gegenwart heißt fünfte Liga. Was eine Herausforderung sei.

Kohne will nicht unhöflich klingen, wenn er Sätze sagt wie: „Mit der Qualität unseres Kader haben wir ein Problem, uns auf das einzustellen, was uns entgegengebracht wird.“ Oder: „Unsere Trainingsqualität viel besser als das, was uns bei den Spielen erwartet.“ Nach dem Derbysieg am Wochenende gegen die Tusa sagte er gar: „Wir müssen so schnell wie möglich raus aus dieser Liga.“

Viel zu gut für die Oberliga

 

Wie gesagt: Kohne meint das nicht abwertend gegenüber den Gegnern, das betont er im Gespräch mehrfach. Aber es sei nun mal die Realität, dass sein Kader viel zu gut ist für die Oberliga. Dass es jüngst doch mal einen Satzverlust gab (den einzigen bislang), habe also nichts mit mangelnder Qualität zu tun, sondern sei „eine Frage des Willens“. Nur auf das Talent verlassen gehe nämlich nicht, dafür sei die Oberliga dann doch zu gut.

Dennoch dürfte Eintracht Spontent der einzige Klub der Liga sein, der von „Leistungssport“ spricht, allerdings nicht von „Profisport“. Selbst in der zweiten Liga gebe es im Volleyball nicht ansatzweise das, was zum Leben reicht. Aber Kohne sagt: „Was wir im Training anbieten, hat schon ein Niveau. Wenn du da nicht ein gewisses Verständnis vom Spiel mitbringst, dann machst du das Training kaputt.“

Das Problem: Eben jenes Training ist äußerst selten und findet unter erschwerten Bedingungen statt. Alle vier Herren-Teams zusammen hatten bislang zwei gemeinsame Stunden in der Woche auf zwei Plätzen. Aber zum Glück kam dieser Tage die Zusage, dass die neue Dreifachturnhalle auf der ehemaligen Liegewiese des Benrather Freibads jetzt für den Vereinssport freigegeben ist. „Jetzt können wie die heiß ersehnte zweite Trainingszeit anbieten“, sagt der Trainer.

Das eröffnet ihm ganz neue Möglichkeiten. Bisher sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als die zwei Stunden „mit wahnsinnig hoher Intensität zu arbeiten“. Künftig könne er variieren: dienstags das „große Wettkampftraining, da bauen wir ein Großfeld auf wie am Spieltag und können mit Anlauf beim Aufschlag arbeiten“. Zwei Tage gehe es dann „mit deutlich niedrigerer Intensität“ an das individuelle Feintuning. Technik, Abstand zum Netz, Armhaltung. Für andere Oberligisten ist das natürlich keine gute Nachricht. Aber allzu lange dürfte Eintracht Spontent dort ohnehin nicht mehr spielen.

Das nächste Spiel ist am Sonntag gegen den VC Borbeck. Los geht es in der Gemeinschaftshauptschule Benrath in der Melanchthonstraße 2 um 16 Uhr. Wer wissen will, was zwischendurch alles bei Eintracht Spontent passiert ist, ist unter anderem auf YoutubeTwitchInstagram oder Tiktok richtig.

 

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