Von Norbert Krings - Nach der traurigen Vorstellung beim 1:2 gegen Fürth erscheint das Gastspiel am Samstagabend (20.30 Uhr) beim Hamburger SV wohl nicht unbedingt als „das richtige Spiel zur richtigen Zeit“ zu sein. So hatte aber Daniel Thioune diese Partie angekündigt und verbindet mit dieser Begegnung mit dem Tabellenführer nun auch eine Art Charaktertest. Eine deftige Niederlage wäre ein bitterer Rückschritt und vielleicht sogar das vorzeitige Aus im Rennen um die Aufstiegsplätze.
Der Trainer von Fortuna Düsseldorf wird auch in diesem Topspiel nicht auf sein bestes Team zurückgreifen können. Tim Rossmann fehlt weiterhin, aber auch Marcel Sobottka musste nach dem Training erneut passen. Zudem stehen hinter Giovanni Haag, der zuletzt zu den besten Fortunen zählte, und Valgeir Lunddal dicke Fragezeichen. Beide mussten im Training kürzertreten und sogar aussetzen. Immerhin gehört Emmanuel Iyoha auf jeden Fall wieder zum Kader. Und er könnte trotz mangelnder Spielpraxis von Anfang an berücksichtigt werden. Daniel Thioune wird sich wohl zwischen Iyoha und Nicola Gavory entscheiden, wenn er die Linksverteidiger-Position besetzt. So steht Moritz Heyer dann als Ersatz auf der rechten Außenverteidiger-Position (für Lunddal) oder für die Sechs (für Haag) bereit. Fallen beide angeschlagenen Spieler aus, wird wohl auch Matthias Zimmermann von Beginn an dabei sein. Immerhin ist in der Offensive Dawid Kownacki nach seiner Gelbsperre zurück.
Doch nicht die Aufstellung, sondern eher die Einstellung, die Widerstandskraft, die Taktik und deren Umsetzung werden entscheidend sein. Thioune versucht sich so auch in Optimismus: „Damals waren wir Tabellenführer, als die Herausforderer aus Hamburg im Hinspiel bei uns gewonnen haben. Warum soll es diesmal nicht umgekehrt ausgehen“, sagte er. Der Trainer von Fortuna Düsseldorf bezieht sich vielleicht auch auf die beeindruckende bisherige Bilanz seines Teams auf fremden Plätzen, wo bisher nur in Münster (0:1) verloren wurde. Doch der Blick auf das Fürth-Spiel wirft die Frage auf, wie die technischen Schwächen, die Probleme bei der Ballsicherheit und im Passspiel in einer Trainingswoche behoben worden sein sollen.
Daniel Thioune gibt sich auch selbstkritisch
Ohne Zweifel ist das Spiel in Hamburg sehr wichtig für den weiteren Verlauf der Saison. „Samstagabend ist für uns das Topspiel, wo wir dann auch im Rampenlicht stehen. Es bleibt etwas Besonderes“, sagte Fortunas Trainer. „Wir können jetzt zeigen, wie gut Fortuna und die 2. Liga wirklich sind.“ Lässt sich sein Team von Selke, Dompé & Co. vorführen, war es dann auch das Aus der Hoffnungen auf einen Aufstiegsplatz. Denn eine krasse Pleite würde deutliche Narben hinterlassen – trotz der Enge an der Tabellenspitze der Liga. Auf die Frage, wo er selbst auch Fehler gemacht haben könnte, was die Spielidee und die Umsetzung der Taktik angeht, zeigte Daniel Thioune auf, dass er mit seinem Trainerteam genauso in der Verantwortung steht wie auch seine Spieler. Nach den spielerisch schwachen Ansätzen vor dem Derby in Köln war die Situation ähnlich. Und auch der Spielverlauf und das Ergebnis gegen den FC machen Fortunas Trainer Hoffnung.
Thioune steht zweifellos unter Druck. Viele Fans verstehen nicht, warum der 50-Jährige seine Mannschaft nicht mehr richtig zu erreichen scheint und ihnen nicht die Ideen vermitteln kann, die zu einem erfolgreichen Auftreten führen können. „Es ist natürlich jetzt der Zeitpunkt, an dem wir zeigen müssen, dass wir wieder da sein können“, sagt Thioune. “Wofür ich weniger verantwortlich bin, ist vielleicht der richtige Wille, diese Gier und die Energie gegen den Ball. Für das Taktische, das Inhaltliche und die Struktur trage ich wiederum die Verantwortung.“ Er müsse die Dinge wieder „runterbrechen“, so dass die Basics funktionieren, wieder offensiv gehandelt und nicht nur nach hinten zurückgespielt wird. Er will sehen, dass seine Mannschaft wieder spielfähige Räume findet und anspielt. „Was dann noch fehlt, ist Überzeugung und Mut. Ich kann nicht mit Faulheit und Dummheit leben.“ Alle, er selbst eingeschlossen, könnten jedoch noch Potenzial freilegen.
„Ich glaube, man hat häufig nicht mit uns gerechnet und dann waren wir auf einmal wieder da.“
Daniel Thioune über den Erwartungshorizont der Skeptiker
Dass Thioune auf seinen ehemaligen Assistenten in seiner Zeit beim VfL Osnabrück und beim Hamburger SV, Merlin Polzin trifft, ist für ihn ein Randaspekt, der mit dem Spiel wenig zu tun hat. Dafür seien die 90 Minuten einfach zu wichtig. „Wir sind Freunde und Trainerkollegen, aber nicht mehr so häufig in Kontakt“, erklärte Fortunas Coach. „Hamburg ist nun für mich nichts mehr Besonderes.“
Ein besonderes Spiel ist die schnelle Rückkehr nach Hamburg allerdings für Moritz Heyer. „Man kann das gar nicht so richtig greifen. Wenn ich dann vor Ort bin, wird es wahrscheinlich schon etwas komisch sein, aber ich freue mich darauf, die Leute, die ich noch kenne, wiederzusehen“, wird Fortunas neuer Abwehrspieler auf der Vereins-Homepage zitiert. Er freut sich jedenfalls sehr auf dieses Spiel am Samstagabend. Dass noch etwas zu seiner Bestform fehlt, ist ihm bewusst: „Es ist noch Luft nach oben“, sagte der Ex-Hamburger, der allerdings erst kurz vor dem Spiel erfahren wird, wo er im Fortuna-System eingeplant sein wird.
Mögliche Aufstellung: Kastenmeier – Heyer (Lunddal), Oberdorf, Siebert, Iyoha – Zimmermann (Haag), Johannesson – Appelkamp, van Brederode – Pejcinovic, Kownacki
Kader: Schock – Hoffmann, Affo, Boller, Niemiec, Vermeij, Schmidt, Gavory, Latza
Es fehlen: Sobottka (muskuläre Probleme/Rückfall), Jastrzembski (nach Schulter-OP), Kwasigroch (nach Meniskus-OP), Rossmann (im Aufbau)