Von Norbert Krings - Für viele Fans von Fortuna Düsseldorf ist dieses Rheinderby das wichtigste Spiel der Rückrunde in der 2. Fußball-Bundesliga. Es ist zwar nur eine von noch 12 ausstehenden Begegnungen, aber es könnte im Erfolgsfall für das Thioune-Team richtungsweisend sein und einen gehörigen Motivationsschub liefern. Aber Klaus Allofs, der durchaus bei sich von „einer überhöhten Betriebstemperatur spricht, warnt vor einer Übermotivation der Fortunen, im Spiel unbedingt etwas Besonderes zu tun. Fortunas Sportvorstand hat sehr erfolgreich für beide Klubs gespielt. Daher ist er der ideale Gesprächspartner vor diesem Derby.
Klaus Allofs zur Historie: Es hat nicht so viele Derby zwischen dem FC und der Fortuna gegeben. 1999 hat Fortuna zum letzten Mal gegen Köln gewonnen (ein Sieg in Köln liegt sogar noch länger zurück – 21.10.1989 mit 3:1 mit zwei Toren von Richard Walz). Ich möchte dieses Spiel am liebsten jedes Jahr haben, am liebsten in der Bundesliga. Das letzte Spiel, also das Hinspiel dieser Saison wurde mit dem späten Ausgleich zum fast schönsten Unentschieden meines Lebens. Meine Derby-Geschichte ist so, dass ich diese Spiele fast immer gewonnen habe und meist auch Tore erzielt habe. Allerdings hatten diese Spiele trotz ihrer Besonderheit nicht diese mediale Aufmerksamkeit. Ich wollte nach meinem Wechsel nach Köln schon den Verantwortlichen des Vereins zeigen, was sie eben nicht mehr haben. Das war aber eigentlich mehr die Motivation, diese Spiele zu gewinnen.
Allofs zu den Emotionen: Das Hinspiel hat gezeigt, was für eine Emotionalität in diesem Spiel steckt. Das ist das Besondere, jetzt in Köln zu spielen. Das ist nicht negativ besetzt – bei mir ohnehin nicht, weil ich eine gewisse Köln-Vergangenheit habe. Ich wünsche mir aber, dass es auf jeden Fall drumherum friedlich bleibt. Das ist das Allerwichtigste – bei aller sportlicher Rivalität. Ich möchte unbedingt dort gewinnen, und das gilt für die Spieler und den Trainer natürlich genauso.
Allofs zu Fortunas Chancen: Unsere Mannschaft kann sehr effektiv sein. Das hat sie gezeigt, ohne dann als strahlender Siege vom Platz zu gehen. An Defensivstärke, Mut und Kreativität müssen wir sicherlich zulegen, um erfolgreich zu sein. Wir haben auswärts nur neuen Gegentore kassiert, das zeigt, was die Basis unseres Spiels ist. Es wird der wichtigste Punkt sein, wie wir das defensiv lösen und wie stabil wir sind. Der FC ist als Absteiger mit diesem Kader der logische Favorit. Das Budget des Klubs liegt weit über dem, was wir zur Verfügung haben. So sind die Karten zunächst einmal verteilt. Wenn alles normal in dieser Saison läuft, haben die Kölner die größere Chance am Ende in der Tabelle vor der Fortuna zu landen. Aber wir sind nur drei Punkte dahinter.
Allofs zum Erfolgsdruck: Gegen Hertha waren wir wie auch zuvor unter Druck. Mit einem Unentschieden können wir nun sicherlich leben. Aber ich mache das mehr vom Spielverlauf abhängig. Der FC steht wohl mehr unter Druck, weil die Erwartungshaltung in Köln größer ist und sie auf dem Papier die stärkere Mannschaft haben.
Allofs zur Beziehung zur Domstadt: Da gibt es eigentlich keine mehr. Da ist keine enge Beziehung, man kennt sich, aber da ist niemand, den ich jetzt anrufen würde vor dieser Partie. Ich habe noch eine WhatsApp-Gruppe „Letzter Pokalsieg des FC“ (1983) und dadurch noch den Kontakt. Da ist dann auch mal jährlich ein Treffen. Das ist es dann auch mit der Beziehung nach Köln.
Allofs und die Tipps für die Spieler: In seriöser Weise kann ich keine Tipps geben. Was immer sinnvoll ist, man sollte in dieser besonderen Atmosphäre bei sich bleiben. Die Spieler sollen natürlich idealerweise Bestform abrufen, aber keine ganz besonderen Dinge machen. Sie sollten ihre Fähigkeiten nüchtern, aber mit Emotionen einbringen. Es darf nicht in den schädlichen Bereich gehen – also cool bleiben.
Allofs zur Atmosphäre: Es hat sich bewährt, diese Art von Spielen mittags anzusetzen. Es wäre natürlich prädestiniert, für ein Spiel samstags um 20.30 Uhr oder freitags 18.30 Uhr, aber die Atmosphäre wird toll sein. Dieser Sicherheitsaspekt liegt mir sehr am Herzen. Wir können und ärgern, sticheln und über Karneval und die richtige Biersorte streiten, aber das muss friedlich ausgetragen werden. Was natürlich keine Frage ist. Wir wollen nicht, dass dieses Spiel ein Platz für Verrückte ist, deren Aktivitäten nicht zum Fußball gehören.
Allofs zu den Wahlen: Ich habe selbst überlegt, wie ich das regele. Ich werde morgens vor der Fahrt nach Köln wählen. Man kann nur an die Menschen appellieren, dass sie wählen gehen. Das ist ein Privileg, dass wir freie Wahlen haben. Das gibt es nicht überall auf der Welt. Das sollten wir uns auch bewahren. Welche Wahl es werden soll, möchte ich nicht sagen. Aber wenn wir uns diese Möglichkeit der freien Wahl bewahren wollen, sollte man schon darüber nachdenken, wenn man wählt.
Thioune steht diesmal die Bestbesetzung zur Verfügung und sieht „eine gesunde Ruhe“ im Kader
Die Trainingswoche war etwas holprig, wie es der Trainer ausdrückte. Zweimal Kraftraum hatten die Vorfreude auf die Bewegung auf einem nicht mehr an der Oberfläche gefrorenen Rasen am Mittwoch so vergrößert, dass Daniel Thioune eine gelöste und keineswegs angespannte Stimmung innerhalb seiner Mannschaft konstatierte. In der Pressekonferenz vor dem Spiel war dann auch die Aufstellung kein großes Thema. Allenfalls die Frage, wer von den drei Spielern Moritz Kwarteng, Shinta Appelkamp und Jona Niemiec spielen wird, musste Fortunas Trainer beantworten. In seinem Statement drückte er sich so aus, dass er Niemiec nach zwei Startelfeinsätzen in Folge durchaus auch einen weiteren zutrauen würde. „Alle Spieler, die derzeit im Kader stehen, sind eine Option, dafür haben wir den Kader ja verkleinert“, sagte Thioune.
„Erst, wenn wir im Bus Richtung Köln sitzen, wird die Anspannung höher werden“, beschrieb Thioune die noch nicht zu spürende besondere Stimmung. Es seien sicherlich auf Fortunas Seite Spieler dabei, die die Bedeutung und vielleicht auch Atmosphäre dieser besonderen Begegnung noch nicht so erahnen können. Den Ausschlag werde das aber in Sachen Spielverlauf und Ergebnis nicht geben, meinte der 50-Jährige. „Mir ist jedenfalls nicht aufgefallen, dass einer meiner Spieler für Sonntag irgendetwas Verrücktes vorhat.“ Falls es aber so etwas Verrücktes ist, was Jona Niemiec im Hinspiel mit der „möglicherweise“ verunglückten Flanke beim Tor zum 2:2 gelungen ist, wäre das aber auch in Ordnung.
Der Respekt vor der „besten Mannschaft der Liga“ aus der Domstadt ist groß. Daher muss der Trainer auch niemanden mehr motivieren. „Wir können Spiele mit Topklubs und vor großer Kulisse aushalten, das haben wir zum Beispiel auf Schalke bewiesen.“ Aber auch das Ergebnis dieses Spiel werde nicht über den Ausgang der Saison entscheiden. „Wir können der ganzen Stadt aber eine Freude machen, wenn wir mit einem Dreier zurück nach Düsseldorf fahren“, sagte Thioune, da wäre es auch egal, wenn das Team dabei nicht besonders gut gespielt hätte. Um zu triumphieren, muss seine Mannschaft aber wieder richtig Fußball spielen, Räume suchen und mit mehr Dynamik auftreten. „Ich werde meine Mannschaft daran erinnern, dass sie aus wenig ganz viel machen kann. Der Plan ist klar, und ich habe den Jungs gezeigt, wie wir den Kölner wehtun können.“
Wahrscheinliche Aufstellung:
Kastenmeier – Lunddal, Oberdorf, Siebert, Heyer – Haag – Johannesson – Appelkamp, van Brederode – Kownacki, Pejcinovic
Kader: Schock – Zimmermann, Hoffmann, Affo, Vermeij, Schmidt, Gavory, Kwarteng, Niemiec
Nicht dabei: Kwasigroch (im Aufbau) – Sobottka, Rossmann, Iyoha, Jastrzembski
Vier Gelbe Karten: Appelkamp, Oberdorf, Kownacki, Sobottka, Lunddal, van Brederode