Am Freitagabend (19.30 Uhr) ist Derbyzeit im PSD BANK DOME. Dann trifft die Düsseldorfer EG auf die Kölner Haie und möchte da weitermachen, wo sie zuletzt aufgehört hat. Das konnte man noch nicht oft in dieser Saison der Deutschen Eishockey Liga (DEL) sagen, denn meist lief es ja so, dass die DEG die vergangenen Spiele am liebsten schnell vergessen wollte.
Doch zuletzt gibt es ordentlich bergauf: Aus den vergangenen elf Spielen hat die DEG achtmal gepunktet, steht deswegen nicht mehr auf dem Abstiegsplatz. Am Wochenende gab es sogar erstmals in dieser Saison zwei Siege am Stück: 7:2 in Frankfurt und 4:1 in München. Das hat Gründe. Und zwar solche, die die Düsseldorfer optimistischer aufs 245. Derby schauen lassen.
1. Tyler Gaudet
Sein Start in Düsseldorf war alles andere als erfolgreich. Gleich das erstes Spiel von Tyler Gaudet im DEG-Trikot war das erste Derby der Saison: eine krachende 3:6-Niederlage, bei der die Laune schon nach dem ersten Drittel (0:4) im Keller war. Von Gaudet selbst kam wenig, was nach Monaten ohne Pflichtspiel auch nicht anders zu erwarten war. Erst danach deutete er an, wie wichtig er werden kann, traf in Berlin doppelt, aber dann verletzte er sich und fiel fast einen Monat aus. Doch seitdem er wieder da ist, ist er mit Abstand der beste Feldspieler der DEG. Und über den Zeitraum sogar der zweitbeste Scorer der ganzen DEL mit 19 Punkten in 14 Spielen.
Insgesamt steht der Mittelstürmer nun bei elf Toren und 13 Vorlagen in 21 Spielen. Und das erzählt sogar nur die halbe Geschichte, er ist auch defensiv stark, gewinnt mehr als die Hälfte seiner Zweikämpfe, erkämpft Pucks und setzt seine Mitspieler ein. Wovon die enorm profitieren.
Allen voran Alexander Ehl. In seinen ersten 13 Saisonspielen mit anderen Reihenpartnern machte Ehl gerade mal vier Scorerpunkten. Seit er mit Gaudet zusammenspielt sind es 13 Punkte in 15 Spielen. Am Sonntag in München ist dann endlich auch Brendan O'Donnell mit zwei Toren explodiert. Ohne Gaudet steht O'Donnell bei 20 Punkten in 29 Spielen, mit ihm bei 11 Punkten in 9 Spielen, allein am Wochenende legten sich die beiden gegenseitig fünf Tore auf.
2. Endlich vier Reihen
Am Freitag in Frankfurt hat Laurin Braun den 100. Treffer seiner DEL-Karriere erzielt. Es war gleichzeitig der, der die DEG nach einem schwachen ersten Drittel zurück ins Spiel holte und ihr den Weg zum 7:2-Erfolg ebnete. Aber Brauns Einfluss auf die DEG geht weit über Tore und Vorlagen hinaus. Der 33-Jährige sorgt vor allem dafür, dass die Düsseldorfer endlich wieder mit zwölf gelernten Stürmern spielen können.
Das war bis zu Brauns Verpflichtung kurz vor dem Jahreswechsel zuletzt am zweiten Spieltag der Fall. Die DEG spielte wegen Verletzungen und Abgängen also 29 (!) Spiele lang nicht mit vier vollen Sturmreihen. Das schlauchte das Team, gerade gegen Ende der Spiele ging ihm die Luft aus, da kassierte es immer wieder entscheidende Tore. Jetzt hat die DEG wieder vier Reihen, und schon ist sie ein anderes Team. Auch Trainer Steven Reinprecht spricht von einem „enormen Unterschied“, wenn man mit zwölf gelernten Stürmern spielen kann. Also setzt er die vierte Reihe ordentlich ein.
Im Schnitt bekommt die aktuell um die elf Minuten Eiszeit bei Fünf-gegen-Fünf. Das entlastet den Rest, der muss nun seltener ran, ist frischer in seinen Wechseln. Schauen wir auf ein paar Eiszeiten. Bis Braun kam, musste O'Donnell 20:53 Minuten pro Spiel ran, seitdem sind es 18:41. Tyler Angle und Justin Richards spielen nun im Schnitt fast vier Minuten weniger, Philip Gogulla zwei Minuten. Das tut allen gut. Und nicht zu vergessen: Der interne Konkurrenzkampf ist nun deutlich höher. Es wird nicht mehr automatisch jeder aufgestellt, der gesund ist.
3. Henrik Haukeland
Es wäre falsch zu sagen, Henrik Haukeland spiele eine schwache Saison. Aber er hatte zu Beginn halt nicht die Form der Vorjahre. „Nicht gut genug“, nannte er seine eigene Leistung. Lag es daran, dass er sich in der Vorbereitung verletzt hatte? Vielleicht. Lag es daran, dass er ein katastrophales Team vor sich hatte, das ihn kaum unterstützte? Ganz sicher. Spätestens beim 0:8 gegen München Mitte Dezember hatte Haukeland genug, zertrümmerte seinen Schläger, ging vom Eis.
Dass das drüber war, wusste er danach schnell selbst. Aber vielleicht entstehe daraus ja trotzdem etwas Gutes, sagte er. Und das tat es. Für das gesamte Team, aber vor allem für Haukeland selbst. Nach dem Münchenspiel stand er bei einer Fangquote von nur 89,9 Prozent und 3,5 Gegentoren pro Spiel. Seitdem wehrte er bei seinen acht Einsätzen 93,7 Prozent der Schüsse ab und kassierte nur 1,9 Gegentore pro Spiel. Und ob ein Team mehr als drei oder weniger als zwei Gegentore kassiert, ist im Eishockey ein fundamentaler Unterschied.
Folglich nahm die DEG in sieben dieser acht Spiele DEG Punkte mit. Rein statistisch hätte sie selbst in den sieben Spielen 24,1 Tore kassieren müssen, es waren aber nur 16. Hätte Haukeland also auch nur durchschnittlich gehalten, die DEG hätte deutlich weniger Punkte geholt. Aber er hält eben überdurchschnittlich.
4. Verteidiger offensiver
Eine der vielen Baustellen über die Saison: die Abwehr. Und das nicht nur bei ihrer primären Jobbeschreibung, auch offensiv kam viel zu wenig. Nach 26 Spielen schauten alle Verteidiger zusammen auf gerade mal 38 Scorerpunkte. Also nicht mal eineinhalb pro Spiel – der schlechteste Wert der ganzen Liga. Nahezu die gesamte Scoringlast lag bei den Stürmern, die dazu auch schlecht mit Pässen aus der Defensive versorgt wurden – was nichts an dem Umstand ändert, dass die Angriffsreihen natürlich selbst großen Anteil an den viel zu wenigen Toren hatten.
Zuletzt waren es immerhin 20 Verteidiger-Punkte in elf Spielen. Was auch noch kein Spitzenwert ist, Tabellenführer Ingolstadt kommt im selben Zeitraum auf 38 Punkte von seinen Abwehrspielern. Aber immerhin steht die DEG damit auf Rang zehn, kann sich aktuell also auf rund zwei Torbeteiligungen pro Spiel aus ihrer Abwehr freuen.
Und auch abgesehen von den reinen Punkten sieht das nun besser aus. Kyle Cumiskey hat einen Sprung gemacht, Sinan Akdag ebenso, Ryan McKiernan kommt langsam rein. Vielleicht wird es ja bald auch noch etwas mit Max Balinson. Zudem wirken Alec McCrea, Moritz Wirth und Bernhard Ebner wieder deutlich stabiler, gewinnen mehr Zweikämpfe, bringen den Puck besser nach vorne.
5. Die allgemeine Laune
Die Rechnung im Sport ist immer einfach: Krise = schlechte Laune. Siege = gute Laune. Das gilt erst recht, wenn man einen überraschenden Auswärtssieg bei einem Spitzenteam vor rund 800 mitgereisten Fans feiern darf. Der Sonderzug nach München fuhr also genau zur richtigen Zeit. Nach dem Spiel war die Stimmung so ausgelassen wie lange nicht. Schon letztens bei den Heimsiegen gegen Ingolstadt und Berlin wurde gefeiert.
Die Laune ist also wieder eine ganz andere. Zwischendurch war sie sogar richtig im Keller. Das war sie ja vergangene Saison schon, aber in der aktuellen gab es einen Tiefpunkt nach dem anderen. Bereits Anfang Oktober beim 0:3 gegen Frankfurt machten sich die Fans über ihr eigenes Team lustig und sangen „Wir verlieren jedes Spiel.“ Aber das war noch nichts gegen die Stimmung bei den Derbys oder beim 0:8 gegen München. Sicher, ohne Ultras ist es auch jetzt in der besseren Phase meist viel zu ruhig im Dome. Da muss die Mannschaft nun immer erst in Vorleistung treten. Aber zuletzt machte sie das eben.
Hinzu kommt die interne Laune. Über Wochen sah man nach jedem Spiel hängende Köpfe sowie leere oder gar wütende Gesichter. Jetzt wird wieder gelächelt und gescherzt. Die Köpfe sind wieder oben. Und wie wichtig mentale Frische und Selbstbewusstsein sind, dürfte klar sein. Gerade vor einem Derby.