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2022 – das Auf und Ab der Fortuna

Ein Jahr mit sportlicher Stagnation des Zweitligisten?

Foto: Kai Kuczera

von Norbert Krings

Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf hat sportlich ein bewegtes Jahr hinter sich. Nach dem Abschied von Ex-Coach Christian Preußer ging es bis zum vorletzten Spieltag der vergangenen Saison eigentlich nur noch aufwärts – auch unter Mitwirkung des neuen Trainers Daniel Thioune. Zu Beginn der neuen Sere sah es nach sechs Punkten aus den ersten beiden Spielen vielversprechend aus – bevor dann mit der Niederlage in Sandhausen die Auswärtsflaute einsetzte, von der sich die Fortuna nur zwischenzeitlich kurz erholen konnte.

Januar 2022:
So richtig nachvollziehen konnten es die Fans der Fortuna nicht, dass der Verein trotz der bitteren Niederlage gegen Sandhausen als böse vorweihnachtliche Überraschung und den Enttäuschungen zuvor noch in die Vorbereitung zur Rückrunde mit Christian Preußer am sportlichen Steuerruder gegangen ist. Doch dieser sympathische Trainer hatte zuletzt das Pech an sich kleben. Schon im ersten Test des neuen Jahres gab es zwar einen 2:1-Sieg gegen Preußers alte Mannschaft, den SC Freiburg II, aber die Leistung war alles andere als vorzeigenswert. Es folgte eine klare Pleite zum Restrundenauftakt mit 0:3 in Bremen und eine bittere 0:1-Niederlage daheim gegen Nürnberg, bei der die Gastgeber klar überlegen waren, aber kein Tor gegen biedere Franken erzielen konnten. Dem hoffnungsvollen Auftritt beim Test in Bochum, wo Kristoffer Petersson eine überzeugende Leistung beim 2:0-Sieg zeigte, folgten ein paar überzeugende Trainingstage und die Hoffnung, in Kiel den Bock endlich umzuschmeißen.

Februar 2022:
Es gab tatsächlich ein gutes Spiel der Fortuna in Kiel – aber mit einem bösen Ende. Ein Sonntagsschuss von Jonas Sterner, dem zuvor aus dieser Entfernung nie solch ein Tor gelungen war und nie wieder gelingen wird, sorgte dann auch für den Bruch der Niebelungentreue von Klaus Allofs zu Christoph Preußer. Das Last-Second-Tor und die erneute Niederlage mit dem Abrutschen auf Platz 16 war dann doch zu viel.

„Er hat in seinen Stationen gezeigt, dass er für intensiven Fußball steht und auch schwierige Situationen meistern kann“, sagte Sportvorstand Klaus Allofs bei der Vorstellung von Daniel Thioune, der mit der großen Energie an die Arbeit ging, die er auch von seinen Spielern auf dem Rasen fordert. „Meine Aufgabe wird es sein, das auf jeden Fall vorhandene Potenzial auf den Rasen zu bringen.“ Der jetzt 48-Jährige war sich damals sicher, dass dies ihm und seinem Trainerteam gelingt.

Dass ausgerechnet der spätere Aufsteiger Schalke 04 der nächste und erste Gegner war, machte die Aufgabe des Trainers vielleicht sogar noch etwas leichter. Er hatte nichts zu verlieren, und die Mannschaft drehte das Spiel erstmals in der Saison nach einem Rückstand in einen 2:1-Erfolg, den Rouwen Hennings mit seinem damals zehnten Saisontreffer sicherte.  Es folgte das souveräne 3:1 gegen Aue und das etwas unglückliche 0:0 in Regensburg. Damit hatte Thioune bereits sieben Punkte aus drei Spielen geholt und die Fortuna auf Platz zwölf befördert.

Daniel Thioune in seinem neuen Wohnzimmer. Foto: Wolff

März 2022:
Fortuna hatte wieder Selbstvertrauen – wie die Zuschauer bim 3:0 gegen Ingolstadt erleben durften. Obwohl dieses Spiel bereits nicht mehr mit voller Kapelle angegangen worden war, wurde es in der nächsten Woche so schlimm mit Verletzungen und vor allem Corona-Erkrankungen, dass alle Fortunen hofften, dass das Spiel in Paderborn am Wochenende verlegt werden könnte. Pustekuchen, Fortuna musste spielen, tat das ohne 14 Profis mit einer Notaufstellung mit Spielern aus der U23 und der U19 grandios. Wäre das Spiel früher abgepfiffen worden, hätten die Fortunen mit einem 1:0-Sieg drei Punkte nach einem großen Kampf mitgenommen. Wäre der Schiedsrichter nicht so gnädig gewesen, hätten die tapferen Gallier aus Düsseldorf aber auch ganz mit leeren Händen dastehen können. Dem Ausgleich folgte ein weiterer Treffer der Paderborner, der zu Fortunas Glück nicht anerkannt wurde. Warum genau, ist nicht 100-Prozentig überliefert. Der grenzenlosen Freude über einen Zähler, den der Trainer nur aus einer VIP-Box im Oberrang miterleben durfte, wirkte sich weiterhin auf das Selbstvertrauen aus. 

Das Heimspiel gegen den Hamburger SV war nicht nur sehenswert, sondern auch sportlich eine tolle Vorstellung des Gastgebers – aber wieder mit einem bitteren Ende. Denn die Hanseaten glichen das Tor von Oldie Adam Bodzek – der hatte nach einer Ecke geschickt verwandelt – wenig später aus. Und Fortuna hatte sich mit diesem 1:1 selbst um drei Punkte gebracht, die bei cleverer Spielweise drin gewesen wären.

Shinta Appelkamp hatte auch ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Foto Kuczera

April 2022:
Dieser Monat mit insgesamt fünf Spielen war auch ein Auf und Ab. Denn in Karlsruhe wurde ein 2:0-Vorsprung vergeben, wobei der von Jordy de Wijs verursachte Elfmeter vor dem 1:2 mehr als unnötig war. Dann gab es einen klaren 3:0-Erfolg gegen Rostock, dem ein schnödes 0:0 in Hannover mit einem technischen Kabinettstückchen und Instagram-Hit von Fortuna-Torhüter Florian Kastenmeier folgte – er nahm nach einen Fernschuss des Gegners locker mit dem Fuß aus der Luft. Der Punktverlust beim 2:2 gegen Dresden wurde wieder in die Kategorie unnötig einsortiert. Dafür war das eine Woche später folgende 3:1 in Heidenheim ein Lehrstück, was gute Taktik erreichen kann. Nach 32 Spieltagen rangierte die Fortuna inzwischen auf Platz zehn.

Mai 2022:
Der Rest der Spielzeit ist schnell beschrieben. Dem starken Auftritt beim 2:1 gegen Darmstadt vor eigenem Publikum gingen die Verabschiedungen voraus. Nachdem für Leo Koutris, Robert Bozenik, Kai Eisele, Florian Hartherz und Toni Pledl freundlicher Applaus ertönt war, flossen beim endgültigen Abschied von Fortunas Legende Oliver Fink auch die Tränen. Feucht waren dann später auch die Augen von Emmanuel Iyoha, der sein erstes Tor für die Fortuna in einem Liga-Pflichtspiel mit dem 1:0 gegen die Lilien erzielte. Das letzte Spiel in St. Pauli war das erste, das Daniel Thioune dann mit seiner Mannschaft von Fortuna Düsseldorf verloren hat.

Daniel Ginczek hatte Verletzungspech. Foto Kuczera

Juni 2022:
Viel tat sich in der trainingsfreien Zeit nicht. Nur die Nachrichten über den Transfer von Benjamin Böckle aus Österreich und die feste Verpflichtung vom späteren WM-Helden Ao Tanaka ließen aufhorchen. Dagegen ging es in der dritten Juni-Woche schon wieder richtig zur Sache und zum Trainingslager – ins von den Fans ungeliebte Oberrösterreich, wo keine großen gemeinsamen Aktivitäten zwischen Mannschaft und Anhängern stattfinden konnten. Immerhin wurde der endgültige Transfer von Jordy de Wijs über die Bühne gebracht und gute Testspiele gegen Ruzomberok (3:1) und gegen Piräus (1:2) absolviert. Im ersten dieser Spiele zog sich Matthias Zimmermann eine schwere Knieverletzung zu. Damit nahm die Verletztenmisere in der laufenden Saison ihren Auftakt.

Juli 2022:
Die weiteren Testspiele deuteten schon fast darauf hin, dass es einen holprigen Start geben würde. Gegen Koblenz und Straelen wurde nur mit einem Tor Unterschied gewonnen, gegen Twente in der MERKUR SPIEL ARENA sogar 1:5 verloren. Kein Ersatz für den abgewanderten Khaled Narey, Andre Hoffmann nicht richtig fit, es lief beileibe nicht alles nach Plan. Umso hoffnungsvoller war der Auftakt mit dem umkämpften 2:1-Erfolg in Magdeburg, dem glücklichen 2:1 gegen Paderborn und dem Erstrunden-Erfolg im Pokal in Offenbach. Der Juli versprach mehr, als die Hinrunde halten konnte.

August 2022:
Der 5. August war eine Art früher Wendepunkt. Eine Unkonzentriertheit reichte, um ein Spiel gegen einen durchaus schlagbaren Gegner in Sandhausen zu verlieren. Die beiden folgenden Unentschieden gegen Fürth und in Braunschweig waren keine Offenbarungen, aber das 4:0 gegen Regensburg verhieß, dass es wieder in die richtige Richtung gehen könnte und die Fans doch einen Aufstiegsaspiranten den Rücken stärken. Dawid Kownacki traf, die Probleme mit dem fehlenden Vorbereiter schienen der Vergangenheit anzugehören.

Immer wieder gab es schöne Jubel-Momente. Foto: Kuczera

September 2022:
Doch in Heidenheim reichte diese Rückendeckung der mitgereisten Fans erneut nicht. Nach der Führung des Gegners konnte die Fortuna durch Kownackis einziges Tor vor fremdem Publikum bisher zwar ausgleichen, aber erneut erwischte es das Thioune-Team fast mit dem Abpfiff und einer weiteren unnötigen Niederlage. Wieder folgte ein passabler Auftritt mit dem 3:1 gegen Rostock, bevor es nach Hamburg ging. Die Ausgangslage war nach einer frühen Kopfverletzung und der Komplettumstellung der Abwehr nicht mehr aussichtsreich. Die nächsten Auswirkungen der Verletzungsmisere wurden deutlich. Matthias Zimmermann musste ausgewechselt werden, der nur halbwegs spielfähige Nicolas Gavory kam rein, verlor ein wichtiges Laufduell, und der HSV lag vorn und drückte die Fortuna an die Wand. Die Mannschaft erlebte wohl das einzige Spiel, in dem sie in diesem Jahr völlig chancenlos war.

Oktober 2022:
Der Monat mit den meisten Pflichtspielen – sechs an der Zahl – bot wieder ein Auf und Ab. Das klare 4:1 gegen Bundesliga-Absteiger Bielefeld nährte die Hoffnung, den Auswärtsfluch endgültig zu besiegen. Und in Darmstadt sah es tatsächlich nicht schlecht aus, doch das Tor machte der Gegner, und die Niederlage war perfekt. Das erneute 0:1 gegen eigentlich harmlos Nürnberger war die erste Heimniederlage für Daniel Thioune, seitdem er zur Fortuna gekommen war. Ein Abrutschen auf Platz sieben und bereits acht Punkte Rückstand auf die Ränge zwei und drei waren die Folge.

Für das nächste Auswärtsspiel in Regensburg ließ das Schlimmes erahnen. Doch die Pokalaufgabe löste die Fortuna mit dem 3:0 glänzend. Das folgende Mini-Trainingslager schweißte die Mannschaft zusammen und ließ die Siege auswärts in Karlsruhe und Kiel folgen. Plötzlich sah es so aus, als können die Düsseldorfer doch wieder nach oben schauen. Fortuna war wieder auf Rang sechs geklettert.

November 2022:
Alles deutete also darauf hin, dass Fortuna doch noch in Schlagdistanz zur Spitze kommen könnte, wenn man nicht in Hannover verliert und das abschließende Heimspiel gegen Kaiserslautern gewinnt. Es kam bekanntlich anders. In Hannover wurden die Chancen nicht genutzt, und der Gegner nutzte das gnadenlos zum letztlich verdienten 2:0-Erfolg aus. Am Ende der englischen Woche folgte ein richtiger Dämpfer. Nach einem herrlichen Treffer von Michael Karbownik, dem Spieler der Hinrunde bei der Fortuna, schien alles den erhofften Verlauf zu nehmen. Doch nach der Pause schaltete Fortuna nicht einen Gang zurück, sondern geriet in den Rückwärtsgang. Ausgerechnet Karbownik foulte den Ex-Düsseldorfer Tyger Lobinger, Fortuna kassierte einen Elfmeter und das Tor zur 1:2-Niederlage. Als dann noch Fans an den Spielfeldrand stürmten und Gäste-Spieler bedrohten, war das Debakel perfekt.

Bei Fortuna und in der japanischen Nationalmannschaft nicht immer gesetzt: Ao Tanaka. Foto: Kuczera

Dezember 2022:
Am 2. Dezember war der letzte reguläre Trainingstag der „Hinrunden-verlängerung“. Die Fortunen hatten ans letzte Spiel drei Wochen Training als erster Vorbereitungsschritt angehängt. Vielleicht war es gut so, nicht mit einer so bitteren Enttäuschung des Kaiserslautern-Spiels in die Winterpause zu gehen. Immerhin gab es noch genug Ankündigungen der Spieler, doch noch einmal angreifen zu wollen. Das wird aber mit sieben Punkten Rückstand auf Platz drei und acht auf Platz zwei nicht so einfach werden.

Fazit:
Fortuna hat die eigenen Ansprüche mit Platz sieben und einem großen Rückstand auf die Spitze nicht erfüllen können. Zu offensichtlich sind die fehlende Konstanz, die Verletzungsanfälligkeit und die oft noch zu beobachtende fehlende Cleverness geworden. Zu einem Sprung an die Spitze wird es deshalb nicht mehr reichen, weil die Konkurrenz groß ist und dauerhafter auf einem höheren Niveau agiert. Fortuna fehlt das Tempo im Spiel und letztlich auch die Effizienz im Abschluss. Nur mit einer Siegesserie und einer Mannschaft, die als absolut verschworene Gemeinschaft auftritt, ist die Saison noch auf einem der drei ersten Plätze abzuschließen. Dazu müsste aber alles passen.

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